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Die Feen - Hallmann, M: Feen

Die Feen - Hallmann, M: Feen

Titel: Die Feen - Hallmann, M: Feen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maike Hallmann
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Weder Schuhe noch Hut, die Kleidung war von derselben Farbe wie seine staubig braune Haut.
    Der Kleine zischte ihn an. »Still. Drei«, der dritte Finger folgte: »Du weißt Bescheid, warum.«
    »Ja.« Benny nickte. »Aber danke trotzdem.«
    »Vier!«, rief der Kleine und streckte den Daumen aus. Benny stellte fest, dass er nur drei Finger und einen Daumen an jeder Hand besaß. »Nach dem Abendessen an der Brücke. So!« Jetzt strahlte er Benny an. »Alles gesagt! An alles gedacht!«
    »Nach dem Abendessen?«, wiederholte Benny überrascht. »Aber – eigentlich wollten wir uns später treffen. Bist du ganz sicher?«
    »Sicher!«, nickte der Kleine. »Ganz sicher. Eins: Benny heißt er. Zwei: Leslie schickt mich. Drei …«
    »Schon gut, schon gut«, beruhigte ihn Benny. »Ich glaube es dir ja. Also nach dem Abendessen an der Brücke.«
    Sorgfältig wiederholte der Kleine seine Fingerzählerei und nickte dann, als er zum Daumen kam. »Nach dem Abendessen an der Brücke. Genau, genau!«
    »Okay. Hat sie gesagt, weshalb? Also – weshalb früher?«
    Große Augen starrten ihn verständnislos an. »Wer?«
    »Na, Leslie. Hat sie gesagt, warum wir uns früher treffen?«
    Blinzeln. Dann ein Seufzen und ein gemurmelter Fluch, der erstaunlich unflätig klang. »Eins«, fing der Kleine wieder an, diesmal schrie er fast. »Benny heißt …«
    »Ist schon gut!«, rief Benny. »Ist gut! Ich habe verstanden. Ich frage sie einfach selbst. Vielen Dank für deine Nachricht.«
    »Pfffft«, machte der Kleine, sprang von der Mauer und verschwand um die Ecke. Etwas dümmlich schaute Benny ihm hinterher.
    »Führst du Selbstgespräche?«
    Vor Schreck zuckte Benny heftig zusammen und fuhr herum. Hinter ihm stand Oliver und betrachtete ihn belustigt.
    »Äh … ich … Spanisch.«
    »Spanisch?«
    »Ja. Ich … wiederhole Vokabeln. Hänge echt hinterher.«
    »Klang nicht spanisch.«
    »War’s aber.«
    »Dann weiß ich nicht, wozu man Spanisch lernt, wenn es genauso klingt wie Englisch. Ist aber praktisch, finde ich. Dann ist es ja nicht besonders schwierig.«
    »Ich … ich wiederhole immer alles nebeneinander, sozusagen. Also erst auf Englisch, dann auf Spanisch. Dann kann ich es mir besser merken.«
    »Aha.« Oliver hob eine Braue. Nur eine. Das hatte Benny fast ein halbes Jahr lang vor dem Spiegel geübt, bevor er erfahren hatte, dass die Fähigkeit dazu angeboren war, und es aufgegeben hatte. »Kannst du das auch mit der anderen Seite?«, erkundigte er sich, um seinen Schreck zu überspielen.
    Oliver hob die andere Braue.
    »Cool«, befand Benny.
    »Wir sind spät dran.« Oliver grinste schief. »Kommst du? Oder willst du lieber noch ein paar Vokabeln in den leeren Garten schreien?«
    »Nein«, erwiderte Benny würdevoll. »Ich bin fertig. Meinetwegen können wir.«
    »Warte.«
    Schon wieder Oliver. Benny erstarrte in der Bewegung, ertappt wie einmal vor ein paar Jahren, als er die Schule geschwänzt hatte, vergnügt nach Hause gekommen war … und dort in der Küche beim Schmieren eines Nutella-Brots auf einmal die Stimme seiner Mutter hörte, die unerwartet krank geworden und zu Hause geblieben war.
    Er trug seine Laufklamotten und war schon halb auf dem Weg zur Großen Halle. In den Winkeln des Gangs hingen Schatten, einige, die vom Schein der Lampen geworfen wurden, andere lebendig oder etwas Ähnliches, sie regten sich träge, fast wie schwarze Wasserpflanzen in einer unsichtbaren Strömung.
    »Gehst du laufen?«, fragte Oliver.
    »Nein«, erwiderte Benny. »Schwimmen. Blöde Frage. Wonach sieht es denn aus?«
    »Ich muss mit dir reden.«
    Ungläubig schaute Benny ihn an. »Jetzt?«
    Oliver war blass. Benny registrierte, dass sein sonst so lässiges Grinsen etwas Aufgesetztes hatte.
    »Passt es gerade nicht?«, fragte Oliver.
    »Ich wollte noch eine Runde machen. Wie sieht es danach aus? Danach können wir gern reden.«
    »Ich komme ein Stück mit«, beschied ihm Oliver und schloss sich einfach an.
    »Sei nicht böse«, sagte Benny, »aber ich laufe am liebsten allein.«
    »Nur ein Stück. Ich halte dich nicht lange auf.«
    Fieberhaft überlegte Benny, was ein Stück heißen mochte. Die Brücke war schließlich nicht weit. Aber so schlimm war es auch nicht – Grau wartete oft dort, es fiel nicht weiter auf, selbst wenn er sich sehen ließe. Also protestierte er nicht weiter, sondern zuckte mit den Schultern. »Wie du meinst. Was ist denn so dringend?«
    Oliver schwieg. Sie durchquerten die leere Große Halle und traten nach

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