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Die fernen Tage der Liebe

Die fernen Tage der Liebe

Titel: Die fernen Tage der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James King
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in Ordnung. Ein bisschen obergenau, aber immerhin war er mal Marineinfanterist.
     Der geht jetzt nur nachschauen, ob ich kein Massenmörder bin oder so was. Und da kann ich dich beruhigen. Ich habe keinen
     mehr umgebracht seit …«
    Die Worte blieben ihm im Halse stecken. Plötzlich hatte er dieses Bild vor Augen, wie Mike ihn anschrie. Bill musste einen
     Hustenanfall vortäuschen. Diese verfluchten Erinnerungen, die immer wieder aufblitzten. Ohne Vorwarnung sprangen sie ihn an,
     so klar, als würden sie sich im selben Moment zutragen. Und es waren nicht nur bloße Erinnerungen. All die Gefühle, die er
     damals empfunden hatte – ob Zorn, Scham oder Hochgefühl –, sie alle waren in einer kleinen Faust zusammengepresst und prügelten
     auf ihn ein. Und es passierte immer häufiger. Bill klopfte seine Taschen ab und fand eine Pfeife, aber dann fiel ihm wieder
     ein, dass er eigentlich sein Taschentuch gesucht hatte. Er schwitzte und wollte nicht, dass April das sah. Er fummelte an
     seiner Pfeife herum, steckte sie wieder in die Hosentasche und wischte sich, indem er ein Gähnen vortäuschte, mit der Hand
     den Schweiß von der Oberlippe.
    »Das geht ganz übel aus«, murmelte April. »Wir kommen ins Gefängnis, ich weiß es genau.«
    Wieder wurde gegen die Fensterscheibe geklopft. Der Trooper war schneller wieder zurück, als Bill erwartet hatte.
    »Miss, hier ist es zu gefährlich, den Fahrer zu wechseln. Also will ich, dass Sie bis zur nächsten Ausfahrt weiterfahren,
     dann auf den nächsten Parkplatz, den Sie sehen, und dort Ihren Großvater ans Steuer lassen. Ich habe Sie beobachtet, und Sie
     haben sich wacker geschlagen, nur waren Sie zu langsam. Aber selbst für einevorläufige Fahrerlaubnis sind Sie noch zu jung, und ich kann es nicht zulassen, dass Sie auf unseren Straßen herumfahren.«
    »Jawohl«, antwortete April. »Sir.«
    Der Trooper nickte lächelnd. Dann sah er Bill an. Sein Lächeln verschwand. »Ich nehme an, Sie wissen, dass Ihr Führerschein
     bereits vor zwei Jahren abgelaufen ist?«
    Bill lächelte. »Ich hatte keine Ahnung«, sagte er.
    »Kümmern Sie sich darum, sobald Sie wieder in Ohio sind«, wies der Trooper ihn an.
    »Das mache ich«, versprach Bill. »Also, wo waren Sie im Einsatz. In Vietnam? Nein, dazu sind Sie noch zu jung. Am Golf?«
    Der Polizist richtete sich auf. »Sobald Sie wieder in Ohio sind, verstanden?« Ein paar Augenblicke später hörte Bill, wie
     April tief durchatmete und der Trooper seine Wagentür zuschlug.
    » Semper fi
«, murmelte Bill. »Du und deine Homo-Sonnenbrille.«
    »Was soll ich jetzt machen?«, fragte April.
    Bill dirigierte sie zurück auf den Highway.
    »Er folgt uns«, sagte April und blickte öfter in den Rückspiegel als auf die vor ihnen liegende Straße.
    »Fahr einfach ganz normal weiter. Nur nicht schneller als fünfundfünzig Meilen.« Bill rutschte auf seinem Sitz nach unten,
     damit er den Polizisten aus dem Beifahrersitz im Auge behalten konnte.
    »Was glaubst du, wie lange der uns wohl nachfährt?«, fragte April.
    Bill antwortete nicht. Er war sich sicher, dass der Trooper gerade in denselben Spiegel blickte wie er. Der Bursche war kein
     Blindgänger. Diente seinem Land. Womöglich war er sogar in der Reserve. Und im Moment tat er nichts anderes als seine Arbeit.
     Guter Mann.
    Bill blickte noch einmal in den Spiegel und sah, dass der Trooper seinen linken Blinker eingeschaltet hatte. Der Streifenwagen
     scherte lässig auf die linke Spur aus und von dort kurz vor einer Brücke auf den Grasstreifen zwischen der Fahrbahn in Richtung
     Osten und der nach Westen.
    »Alles klar«, sagte Bill. »Jetzt baut er eine Radarfalle auf.«
    April schaltete den Blinker an.
    »Was machst du denn?«
    »Ich fahre raus, so wie er es mir gesagt hat.«
    »Kümmer dich nicht drum«, sagte Bill. »Der ist weg. Fahr einfach weiter.«
    Aber nicht mit April. Sie machte, was der Trooper ihr befohlen hatte. Als sie kurz nach der Ausfahrt auf dem Parkplatz eines
     Dunkin’ Donut standen, stellte sie den Motor ab und hielt Bill die Schlüssel hin. Etwas an der Art, wie der Motor plötzlich
     erstarb, vielleicht auch das Klimpern der Schlüssel, erinnerte Bill an ein kleines Zeremoniell aus der Anfangszeit zwischen
     ihm und Clare. Jedes Mal, wenn sie mit dem Wagen von irgendwoher zurückgekehrt waren, hatte er mit den Schlüsseln geklimpert
     und gesagt: »Da sind wir wieder, Clare. Heil nach Hause gekommen.« Manchmal waren das die einzigen Worte, die sie

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