Die Flirtfalle
serviert. Ich bekam einen Riesenteller auf dem ein Stück runder Käse - so groß wie eine Glasmurmel - lag. Eine halbe Erdnuss und eine kleine Weintraube lagen neben dem Käse. Der Teller war reichlich mit Kräutergras dekoriert, was wahrscheinlich verhindern sollte, die winzige Vorspeise als solche zu empfinden.
„ Melanie, erzählen Sie, was machen Sie so beruflich?“, eröffnete Philipp den Smalltalk, steckte sich seinen Appetitanreger in den Mund und sah mich gespannt an. Der Trottel hatte die Frage gestellt, die man einer geschiedenen, alleinerziehenden und arbeitslosen Frau niemals stellen sollte. Tja, wie es aussah, lag Philipps emotionale Intelligenz dem Gefrierpunkt nahe, was mich aber nicht sonderlich überraschte.
„Soll ich für uns Männer eine Flasche ‚Chianti Classico Riserva Berardenga’ bestellen?“, versuchte Viktor mir aus der Patsche zu helfen.
„Schon gut, Viktor. Ich werde Phili pps Frage beantworten. Also Folgendes: Nach meiner Ausbildung fand ich eine Stelle als Sekretärin, doch dann habe ich geheiratet und die Stadt gewechselt. Irgendwann kam Justin auf die Welt, knapp zwei Jahre später wurde ich geschieden. Ich bin erneut in eine andere Stadt gezogen und fand eine Halbtagsstelle als Büroangestellte, doch nach einem Jahr wurde ich gefeuert, weil mein Sohn sämtliche Kinderkrankheiten, die es auf der Welt gibt, nacheinander bekam und ich zwei Monate lang durchgehend zu Hause bleiben musste. Seitdem bin ich auf Jobsuche, aber unter uns gesagt sehne ich mich eher nach einem neuen Ehemann, der mir finanzielle Sicherheit bieten könnte. Wenn ich erst wieder unter der Haube bin, dann werde ich mich entspannt zurücklehnen, die Jobsuche aufgeben und das Leben in vollen Zügen genießen.“
„ Melanie, reiß dich gefälligst zusammen! Dein Verhalten heute Abend ist unter aller Würde!“ flüsterte mir Mutti zu, und zwar mit fast zusammengebissenen Zähnen. Und das sollte etwas heißen. Sie sprach nur in äußerst kritischen Situationen wie eine Bauchrednerin. Viktor sah mich halb belustigt und halb besorgt an, während Philipp lachte.
„Ich mag selbstbewusste Frauen “, sagte er und heftete seinen Blick auf mein Dekolleté.
Der Ober erschien.
„Eine Kinderportion Pasta a Scelta con Pomodoro“, sagte er, sah mich ratlos an und stellte mir den Kinderteller hin. Erst jetzt bemerkte ich, dass Justin tief und fest in seinem Kinderstühlchen schlief. Wenn das nicht der perfekte Vorwand war, mich aus dem Staub zu machen!
„Es tut mir schrecklich leid, aber ich muss Justin ins Bett bringen. Also, einen wunderschönen Abend noch! Ich habe ohnehin gar keinen Appetit“, sagte ich, obwohl mein Magen knurrte, da ich diätbedingt das Mittagessen auslassen musste. Ich richtete mich auf, fest entschlossen, Justin zu packen und aufs Zimmer zu laufen, doch Mutti war schneller und ehe ich mich versah, hielt sie Justin in ihren Armen.
„Viktor und ich haben ein Kinderbett organisiert, also werde ich das Kind ins Bett bringen! Melanie, Philipp würde sich bestimmt freuen, wenn du ihm weiterhin ein wenig Gesellschaft leistest.“
„Warte, Liane, ich komme mit. Würden Sie bitte unsere Bestellung auf Appartement 342 bringen lassen?“, wandte sich Viktor zum Ober, bevor er sich mit Mutti und meinem Kind aus dem Staub machte. Ich konnte es nicht fassen! Meine eigene Mutter und mein eigener fast Stiefvater hatten mich in eine Falle gelockt und dem Raubtier Philipp zum Fraß vorgeworfen. Die Lektion mit Leo war offensichtlich nicht angekommen. Verdammt, es funktionierte so nicht. Es würde selbst dann nicht funktionieren, wenn mir der Mann, mit dem ich verkuppelt werden sollte, gefallen würde. Schließlich hatte ich nicht vor, als Verliererin aus dem „Kind-ich-werde-dich-schon-irgendwann-verkuppeln“- Krieg hervorzugehen.
„Ich freue mich, diesen schönen Abend ungestört mit Ihnen verbringen zu dürfen“, sagte Phili pp und schluckte laut, als wäre ich ein Appetithäppchen für den kleinen Hunger. Ich machte ein gekränktes Gesicht. Philipp war ein gut aussehender Mann, doch leider besaß er so gut wie keine erotische Ausstrahlung. Der Mann sprach mich einfach nicht an. Ich fragte mich, ob ich jemals wieder einen Mann treffen würde, der die Gabe besaß, mit seiner bloßen Anwesenheit diesen herrlichen Rauschzustand bei mir auszulösen. Einen Mann wie Mark. Die verbotene Frucht, die ich einmal kosten durfte.
Lisa vergib mir.
Lieber Gott im Himmel, vergib mir …
„ Melanie,
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