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Die Formel der Macht

Die Formel der Macht

Titel: Die Formel der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasmine Cresswell
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genähert hatte, und wehrte sich instinktiv. Sie kämpfte in erbittertem Schweigen, obwohl ihr Verstand ihr sagte, dass sie keine Chance hatte und sich ihre Kräfte besser aufsparen sollte. Sie spürte einen menschlichen Körper über sich aufragen, ein Gesicht presste sich an ihres, Hände betatschten sie an der Taille. In einem Moment größter Verzweiflung fragte sie sich, ob man vorhatte, sie zu vergewaltigen, bevor man sie ermordete.
    Die Angst, vergewaltigt zu werden, löste einen Adrenalinschub aus, der ihr neue Kräfte verlieh. Hinter ihrer Kapuze nach Luft schnappend, verdoppelte sie ihren Widerstand, aber der Sauerstoffmangel bewirkte, dass sie zu erschöpft war, um sich noch länger zu wehren. Nach Atem ringend, krümmte sie sich unter den zudringlichen Händen, wobei sie sich für ihre eigene Schwäche hasste, weil sie unfähig war, sich noch länger zu wehren. Einer der Angreifer drückte sie nieder, dann rollte er sie auf den Bauch und hielt sie fest, während ein zweiter an ihr herumzerrte. Oh Gott, warum konnte sie bloß außer deren Schnaufen nichts hören? Und warum schnauften sie so, aus sexueller Erregung? Würde sie womöglich zweimal vergewaltigt werden?
    Nur dass das, was sie hörte, nicht das Schnaufen der Kidnapper war, sondern ihr eigenes, wie Summer gleich darauf feststellte. Demütigenderweise kam das Stöhnen und Keuchen von ihr. Und die Entführer hatten gar nicht vor, sie zu vergewaltigen oder sie mit noch mehr Medikamenten vollzupumpen. Sie banden sie nur los und zerschnitten das Klebeband, mit dem man ihre Fußgelenke gefesselt hatte.
    Summer erschauerte. Eigentlich hätte sie sich jetzt unendlich erleichtert fühlen sollen, aber sie hatte immer noch entsetzliche Angst. Als sie aufzustehen versuchte, taumelte sie, weil ihre Beine taub geworden und ihre Hände immer noch auf den Rücken gefesselt waren. Sie wurde von zwei Seiten nach vorn gezerrt, dann spürte sie, wie sie auf einen Stuhl gedrückt wurde.
    Trotz des engen Körperkontakts konnte sie nicht entscheiden, ob ihre Bewacher Männer oder Frauen waren. Und die Tatsache, dass sie sich völlig geräuschlos bewegten, war Angst erregend. Aber wie leise und geschlechtslos ihre Entführer auch sein mochten, sie waren doch lebendige, atmende Menschen, und das war entschieden eine Verbesserung zu den Würmern und Maden, die sie sich vor Kurzem noch ausgemalt hatte.
    Jetzt wurde ihr die Kapuze vom Kopf gerissen, und jemand löste ihre Handfesseln. Obwohl es wehtat, als die Blutzirkulation wieder in Gang kam, war es so eine Erleichterung, die Hände nach vorn nehmen zu können, dass es einen Moment dauerte, bis sie ihre Umgebung wahrnahm. Als sie sich schließlich umschaute, sah sie, dass sie vor einer auf ein Stativ montierten Videokamera saß, in einem Raum, dessen Wände mit schwarzem Stoff bespannt waren und auf dessen Boden Schaumstoffmatten lagen.
    Die stoffbespannten Wände und die Matten auf dem Boden sollten wahrscheinlich die Geräusche dämpfen, was den Gedanken nahelegte, dass die Kidnapper sie an einem Ort festhielten, wo man sie hören konnte. Vielleicht war es ja sogar ein Wohnhaus.
    Ihre Entführer schienen sich in Luft aufgelöst zu haben, nachdem sie sie von ihren Fesseln befreit hatten. Doch kaum hatte Summer das gedacht, trat auch schon eine Gestalt geräuschlos hinter der Videokamera hervor. Sie war von Kopf bis Fuß in Schwarz gehüllt wie ein mittelalterlicher Henker und trug Handschuhe sowie eine Maske vor dem Gesicht. Summer wollte sich einreden, dass er oder sie lächerlich wirkte, aber sie spürte, dass ihr ein Schauer über den Rücken lief. In einem Schundfilm wäre es lustig gewesen. Im wirklichen Leben jagte es ihr Angst ein.
    Eine zweite, ebenso geschlechtslose und schwarz gewandete Gestalt spähte in den Kamerasucher und drehte an ein paar Knöpfen und Rädchen herum, bevor sie sich aufrichtete und, offenbar zufrieden mit ihren Vorbereitungen, nickte.
    Summer hatte sich schon so an die Stille gewöhnt, dass sie zusammenzuckte, als von irgendwo aus dem fast dunklen Raum eine körperlose Stimme kam. “Nehmen Sie die Zeitung von dem Stuhl links neben Ihnen.”
    Sie wandte automatisch den Kopf und ärgerte sich sofort über ihren Gehorsam, aber es war zu spät. Bei der Zeitung handelte es sich um die
New York Times
von Montag, dem 19. Mai. Was bedeutete, dass sie sich, falls dies die neueste Ausgabe war, seit mehr als zwölf Stunden in den Händen der Entführer befand. Deutete die Wahl der Zeitung darauf

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