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Die Frau des Praesidenten - Roman

Die Frau des Praesidenten - Roman

Titel: Die Frau des Praesidenten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Curtis Sittenfeld
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die Kühltruhe, in der die Mutter von einem der Sportler das Zeug aufbewahrt hat. Anscheinend hatte eine Ratte das Kabel angenagt.« Charlie erhob sein Glas.
    »Die arme Frau – sie fühlt sich bestimmt furchtbar.«
    »Nur gut, dass wir eins Komma zwei Millionen Pfund Fleisch zurückgenommen haben. Heute Abend ist der gesamte obere Mittlere Westen vor der Blackwell-Plage sicher.«
    »Ihr habt das Richtige getan.«
    Charlie wies zum Fernseher hinüber. »Du hast gerade John in den Nachrichten verpasst, wie er sagte: ›Unser Fleisch ist kein Verbrecher.‹« Er lehnte sich zurück und schmunzelte über seine eigene Anspielung auf Richard Nixon.
    »Wie gut, dass sich alles aufgeklärt hat.« Ich setzte mich und beugte mich vor, um mir die neueste Ausgabe des
New Yorker
vom Beistelltisch zu nehmen. »Wusstest du, dass Yvonne Sutton ein Baby bekommen hat?«
    »Wer ist Yvonne Sutton?«
    »Miss Rubys Tochter.«
    Charlie schüttelte verwundert den Kopf. »Man kann wirklich nicht behaupten, dass diese Leute nicht fruchtbar wären.«
    »Charlie, Yvonne hat zwei Kinder. Sie trägt nicht gerade zur Bevölkerungsexplosion bei.«
    »Ich nehme mal an, dass es einen anderen Vater hat als Jessica?«
    »Er ist ihr Ehemann, und er arbeitet auch im St. Mary’s.« Ich klappte die Zeitschrift, die ich ohnehin nicht gelesen hatte, wieder zu. »Ich habe sie zum Memorial Day zum Mittagessen eingeladen.«
    »Wenn das nicht egalitär war. Vielleicht können sie unserer Tochter beibringen, wie man Dreadlocks macht.« Einige Jahre zuvor hatte sich Ella zu ihrem fünften Geburtstag eine Barbiepuppe gewünscht. Wir hatten ihr eine gekauft – Dreamtime Barbie, zu deren Ausrüstung ein winziger rosafarbener Teddy gehörte –, aber als sie die Schachtel ausgepackt hatte, brach sie in Tränen aus. Sie wolle eine Barbie »wie Jessicas«, sagte sie immer wieder, und irgendwann kam ich darauf, dass sie eine schwarze Puppe wollte. Schließlich tauschte ich Dreamtime Barbie gegen Day-to-Night Barbie ein, zu deren Ausrüstung ein rosafarbenes Kostüm und ein rosafarbenes Kleid mit glitzerndem Oberteil und halbtransparentem Rock gehörten, eine Puppe mit dunkler Hautfarbe und schwarzem Haar. Ich war beinahe stolz auf Ella, und Charlie fand die Episode amüsant, glaube ich, auch wenn er es sich nicht verkneifen konnte zu sagen: »Wenn Maj das sieht, werden Ella und du bestimmt exkommuniziert.« Interessanterweise betonte Charlie zwar gern, wie rassistisch seine Mutter war, machte aber selbst viel häufiger entsprechende Bemerkungen, als sie es tat. Er schien zu glauben, dass es ihn entschuldigte, wenn er sie mit einem Augenzwinkern vorbrachte. Obwohl ich gar nicht dieser Meinung war und es besonders wenig leiden konnte, wenn er sich in Ellas Gegenwart verächtlich äußerte, hatte ich es schon längst aufgegeben, ihn zurechtzuweisen.
    Im Fernsehzimmer sagte ich zu ihm: »Jessica geht nächstes Jahr auf die Stevens, und das macht mir ernsthaft Sorgen.«
    »Das wird schon in Ordnung sein.«
    »Sie scheint eine herausragende Schülerin zu sein und viele Interessen zu haben.«
    »Bist du ihr in letzter Zeit begegnet?«
    »Gestern habe ich Miss Ruby getroffen – ich war bei deinen Eltern, als ich nach dir gesucht habe.« Es schien mir nicht nötig, zu erwähnen, dass Miss Ruby mich ins Theater begleitet hatte. Ich fügte hinzu: »Ich bin sicher, dass Jessica in einer Schule wie der Biddle Academy richtig erfolgreich sein könnte.«
    »Das ist sie doch schon, nach dem, was du sagst.«
    »Weißt du, was für eine Schule Stevens ist?«
    Charlie grinste. »Was denkst du denn, wo ich immer meine Crack-Vorräte auffülle?« Dann sagte er: »Ich kandidiere für gar nichts, okay? Hank war hier, um mit mir über Möglichkeiten für die Zukunft zu sprechen, aber du hast recht: Für dieses Wahljahr ist es zu spät.«
    »Gut«, sagte ich.
    Er streckte ein Bein aus und balancierte seinen Fuß auf meinem Knie. »Ich liebe dich wirklich, Lindy, auch wenn du eine engstirnige Demokratin bist, die mich für einen intriganten Republikaner hält.«
    Ich legte eine Hand auf seinen Fuß. »Wenn ich engstirnig wäre, Schatz, würde ich deine Liebe nicht erwidern.«
     
    Als am nächsten Freitagnachmittag das Telefon klingelte, war es gerade ein Uhr, und ich putzte im großen Badezimmer die Fliesen der Dusche (ich hatte nie eine Putzkraft oder Haushälterin angeheuert, und ich wusste, wie befremdlich Priscilla und meine Schwägerinnen das fanden, aber mich beruhigte die Hausarbeit

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