Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Frau des Täuferkönigs: Historischer Roman (German Edition)

Die Frau des Täuferkönigs: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Frau des Täuferkönigs: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Wilcke
Vom Netzwerk:
bringen.
    An diesem Tag erreichten mich noch zwei gute Nachrichten. Der Küchenmeister kam zu mir und teilte mir mit, dass Jasmin vom Küchenmeister Symesen am Hof der Königsfrauen in den Dienst genommen worden war.
    Zudem lobte Bernt von Zwolle meinen Fleiß und schickte mich zur Abendmahlzeit in die Küche. Nach dieser Stärkung zog ich mich in die Gesindekammer zurück, wo zur selben Zeit auch Jasmin eintraf. Sie berichtete mir, dass sie den ganzen Tag über die Holzböden in den Kammern der Königsfrauen geschrubbt hatte und nun nur noch schlafen wolle.
    Auf meine Frage nach Amalia entgegnete sie mir, dass die Königsfrauen sich die meiste Zeit über im Hauptsaal aufgehalten hätten. Amalia war sie nur kurz begegnet, als diese am Abend mit einigen anderen Frauen an ihr vorbeigetreten war und sich in ihreKammer zurückgezogen hatte. Zumindest hatte Jasmin so in Erfahrung bringen können, in welchem Zimmer Amalia ihre Nachtruhe verbrachte.
    Ich verzichtete darauf, Jasmin weiter auszufragen, denn wir waren beide geschafft und müde. So ließen wir uns also auf der Matratze nieder, zogen den Vorhang zurecht und fielen trotz mehrfacher Schnarchlaute, dumpfer Flatulenzen und flüsternder Stimmen um uns herum innerhalb weniger Augenblicke in einen tiefen Schlaf.
    Am nächsten Morgen lief ich zum ersten Mal dem König Jan Bockelson über den Weg. Es geschah kurz nach dem gemeinschaftlichen Gebet, das an diesem Tag der Kredenzmeister Gert Ribbenbrock vor dem versammelten Gesinde gesprochen hatte. Als danach jeder an seine Arbeit ging, folgte ich Bernt von Zwolle und zwei Mägden in den großen Saal. In dem Moment, als wir dort eintrafen, wurde an der gegenüberliegenden Seite eine Tür aufgestoßen, und der König eilte an uns vorbei, gefolgt von dem humpelnden Propheten Dusentschur und mehreren Pagen. Neben mir verneigte sich der Küchenmeister tief, und die Mägde gingen bereits mit ebenfalls gesenktem Haupt in die Knie.
    Ich selbst war in diesem Moment so überrascht, dass ich dem König verwundert mit meinem Blickfolgte. Im ersten Moment hatte ich ihn auch gar nicht erkannt, denn Bockelson, den ich zuvor nur in seinem schlichten Gewand zu Gesicht bekommen hatte, war nun mit einem Hemd aus feinster Spitze sowie einem grau-roten, mit Perlen und Edelsteinen bestickten, samtenen Wams bekleidet.
    Während er an mir vorübertrat, erwiderte er kurz meinen Blick. Dann hatte uns die Gruppe auch schon passiert und verließ den Saal durch die Tür auf der anderen Seite.
    Der Küchenmeister stieß mir daraufhin unsanft in die Seite. »Zeige gefälligst mehr Respekt vor unserem König, du Tölpel!«, zischte er. »Was fällt dir ein, ihn auf diese Weise anzustarren?«
    »Wenn er seine Predigten hält, wird er doch die ganze Zeit über angestarrt«, erwiderte ich, sah aber ein, dass Bernt von Zwolle recht hatte. Es würde mir nicht von Nutzen sein, unnötige Aufmerksamkeit auf mich zu ziehen.
    Meine Aufgabe an diesem Tag bestand darin, die hinter einem halbhohen Bretterzaun verborgene Senkgrube abzutragen und den übelriechenden Unrat mit einer Karre zu einem Acker zu schieben und dort auszuleeren. Ich war niemals allzu empfindlich gewesen, was derart strenge Gerüche anging, aber während ich die Exkremente schaufelte, musste ich ständig an den Tag denken, an dem Cort mich beinahe in eine ähnlicheGrube getaucht hatte. Und das war weiß Gott keine angenehme Erinnerung.
    In der Nähe der Grube befand sich der Mauerdurchbruch zum Hof der Königsfrauen. Bevor ich mich mit der vierten Fuhre aufmachte, legte ich eine kurze Pause ein, stellte mich an die neuerrichtete Pforte und nahm das dahinterliegende Anwesen genauer in Augenschein. Wie ich erfahren hatte, handelte es sich um die frühere Propstei. Das Gebäude war etwas kleiner als die Kurie, die Jan Bockelson bewohnte, und auch nicht so prächtig herausgeputzt wie die Königsresidenz. Ich machte auf dem Hofplatz nur einige Hellebardenträger und Pagen aus. Im Großen und Ganzen schien es am Hof der Königsfrauen recht ruhig zuzugehen.
    Jasmin trat aus einer Hintertür und sah mich. Sie trug in jeder Hand einen Holzeimer, die sie so weit wie möglich von sich fortstreckte. Mit angewiderter Miene leerte sie die Eimer in der Senkgrube der ehemaligen Propstei aus. Dann kam sie auf mich zu, betrachtete abschätzig die Karre und die Grube, an der ich meine Arbeit verrichtete, und sagte: »Sind wir beide also in der Scheiße gelandet.«
    »So sieht es aus«, erwiderte ich.
    Jasmin

Weitere Kostenlose Bücher