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Die Frau ohne Gesicht

Die Frau ohne Gesicht

Titel: Die Frau ohne Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pekka Hiltunen
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nicht richtig. Und ich habe das Gefühl, dass ich dir zu Dank verpflichtet bin. Dabei habe ich dich um nichts gebeten.«
    »Nein, das hast du nicht, und du schuldest mir auch keinen Dank. Schließlich ist Thomas zufrieden, weil er das Gefühl hat, aufzusteigen«, fuhr Mari fort. »Und seine Ideen und seine Einstellung passen auch besser zu einem Sensationsblatt, dem es in erster Linie um die Auflage geht, als zu Level . Nun kannst du dir wiederum überlegen, ob du weiterhin in der Redaktion arbeiten willst. Dir stehen nach wie vor alle Wege offen und du kannst ja immer noch gehen, wenn du das möchtest.«
    »Das ist alles wahr«, sagte Lia mühsam beherrscht. »Aber begreifst du, wie ich mich dabei fühle? Du organisierst mein Leben. Du bist es, die mir Chancen eröffnet. Nicht ich.«
    »So kann man es sicher auch sehen«, räumte Mari ein. »Aber so bin ich nun mal. Ich sorge dafür, dass die Dinge sind, wie ich sie haben will. In gewisser Weise tun das alle, nur gehe ich eben einen Schritt weiter.«
    »Das weiß ich natürlich zu schätzen. Aber wenn du mich gefragt hättest, ob ich möchte, dass du das tust …«
    »… hättest du vermutlich Nein gesagt«, fiel ihr Mari ins Wort. »Du hättest es abgelehnt, weil du meinst, so dürfte es nicht gehen. Thomas hätte rein zufällig einen neuen Job finden sollen, ohne dass jemand daran dreht. Es geht doch hier um den freien Willen. Hat Thomas sich freiwillig entschieden, die Stelle zu wechseln? Ja. Nur die äußeren Umstände wurden verändert, und zwar von mir. Lia, wir beide haben offenbar eine sehr unterschiedliche Auffassung davon, wie es im Leben läuft. Ich bin der Meinung, dass kaum etwas ganz und gar aus unserem eigenen freien Willen heraus geschieht. Unsere Entscheidungen werden immer von irgendwem oder irgendetwas gelenkt. Und in manchen Fällen will ich diejenige sein, die lenkt.«
    »Aber wenn es um mein eigenes Leben geht, will ich selbst entscheiden!«
    Das sei ein berechtigter Wunsch, meinte Mari.
    »Trotzdem wird es immer wieder Dinge geben, bei denen ich dich nicht nach deiner Meinung frage. In letzter Zeit habe ich das ziemlich oft getan. Und auch wenn mir deine Meinung wichtig ist, wird es wieder vorkommen.«
    Sie verabschiedeten sich. Sie hatten beide viel zu tun, das Gespräch führte zu nichts und der Streit bedrückte sie.
    Das unangenehme Gefühl ließ Lia auch in den nächsten Tagen nicht los. Dass Matt Thomas ging, war gut, aber Maris Rolle dabei bereitete ihr Unbehagen.
    Timothy Phelps führte als stellvertretender Chefredakteur sofort eine Reihe von Änderungen durch, die in der Redaktion mit Überraschung und Begeisterung aufgenommen wurden. Er delegierte einen Teil seiner Verantwortung an die Redaktionsmitglieder, achtete aber darauf, niemanden zu überlasten. Für jede der regelmäßigen Spalten wurde ein Zweierteam gebildet, das für die Weiterentwicklung zuständig war. Lia genoss es, einen halben Tag lang mit Sam über neue Themen und visuelle Lösungen für die Rubrik »Zur Person« zu diskutieren.
    Es war eine Freude, Timothy Phelps’ souveräne Arbeit als Chefredakteur zu beobachten. Lia war es allerdings peinlich, dass sie mit dem Mann, der jetzt ihr Vorgesetzter war, einmal geschlafen hatte. Aber Tim hatte sie immer korrekt behandelt, und dabei blieb es auch jetzt. Er arbeitete mehr als jeder andere in der Redaktion. Die Freude über seinen unverhofften Aufstieg stand ihm ins Gesicht geschrieben. Und darüber hinaus wusste er das Engagement seiner Mitarbeiter zu schätzen.
    Es gab Momente, in denen Lia dankbar für das war, was Mari getan hatte. Doch es machte sie immer noch wütend, dass Mari glaubte, sie könne die Dinge nach eigenem Gutdünken regeln. Und so rief sie Mari nicht an. Aus Prinzip, und um ihr zu demonstrieren, was sie von ihrem Vorgehen hielt.
    Auch Mari ließ nichts von sich hören. Doch Lia ahnte, dass Mari nicht aus schlechtem Gewissen schwieg.
    Sie konzentriert sich auf etwas anderes.

48.
    Am zweiten Januar kam die Nachricht, wie ein Blitzschlag. Die ersten Versionen wurden schon um sechs Uhr früh veröffentlicht.
    Es war für alle Medien ein harter Brocken. Die Story war so ungeheuerlich, dass alle möglichst schnell darüber berichten mussten. Und obwohl es schwierig war, ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen, wurde die Geschichte in den Internetmedien, den Fernsehnachrichten und den Zeitungen rasch zum Hauptthema.
    Mit der spektakulärsten Schlagzeile wartete der Daily Mirror auf. Die erste Seite war in

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