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Die Frau von dreißig Jahren (German Edition)

Die Frau von dreißig Jahren (German Edition)

Titel: Die Frau von dreißig Jahren (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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Idee. Ich wollte von hier fortgehen, ohne eine Spur zu hinterlassen. Ich habe Ihrer Tochter nicht einmal erlaubt, zu ...« – »Meine Tochter!« schrie der General mit einem entsetzten Blick auf Hélène; »ah! Unglücklicher, geh, oder ich bringe dich um ....« – »Die zwei Stunden sind noch nicht vorüber. Sie können mich weder töten noch ausliefern, ohne Ihre eigene Achtung einzubüßen ... und die meinige.« Bei diesem letzten Wort versuchte der verblüffte General den Verbrecher anzusehen; aber er mußte die Augen niederschlagen, er fühlte sich außerstande, die unerträgliche Gewalt eines Blickes auszuhalten, der seine Seele zum zweitenmal ganz aus der Fassung brachte. Er fürchtete erneut nachgeben zu müssen, zumal er merkte, daß sein Wille schon schwächer wurde. »Einen Greis ermorden! Haben Sie denn nie eine Familie gesehen?« sagte er und deutete mit einer väterlichen Gebärde auf seine Frau und seine Kinder. »Ja, einen Greis«, wiederholte der Unbekannte und furchte leicht die Stirn. »Fliehen Sie!« rief der General, ohne daß er es wagte, seinen Gast anzusehen; »unser Pakt ist gebrochen. Ich werde Sie nicht töten. Nein, ich werde mich nicht zum Kuppler des Schafotts machen. Aber gehen Sie, uns graut vor Ihnen!« – »Ich weiß es«, antwortete der Verbrecher gefaßt; »es gibt keinen Landstrich in Frankreich, wo ich meinen Fuß gefahrlos hinsetzen könnte; aber wenn die Justiz, wie Gott, einen Unterschied zu machen verstünde, wenn sie geruhen würde, zu erforschen, welcher von den beiden, der Mörder oder das Opfer, das Ungeheuer ist, dann würde ich stolzen Mutes unter den Menschen bleiben. Begreifen Sie denn nicht, daß ein Mann früher Verbrechen begangen hat, um derentwillen man ihn erschlägt? Ich habe mich zum Richter und Henker gemacht, ich habe die Stelle der ohnmächtigen menschlichen Justiz vertreten. Das ist mein Verbrechen. Gott befohlen, Monsieur. Obwohl Sie Bitterkeit in Ihre Gastfreundschaft gemischt haben, werde ich doch dankbar an Sie denken. Ich werde noch für einen Menschen in der Welt ein Gefühl des Dankes in der Brust haben, und dieser Mann sind Sie. Aber ich hätte Sie großmütiger gewünscht.« Er ging auf die Tür zu. In diesem Augenblick neigte sich das junge Mädchen zur Mutter und flüsterte ihr etwas ins Ohr. »Ah!« ... Dieser Schrei, der der Marquise entfuhr, ließ den General erbeben, als hätte er plötzlich Moina tot vor sich gesehen. Hélène stand aufrecht, der Mörder hatte sich instinktiv umgedreht; sein Gesicht drückte eine gewisse Besorgnis für diese Familie aus. »Was hast du, meine Liebe?« fragte der Marquis. »Hélène will ihm folgen«, sagte sie. Der Mörder errötete. »Da meine Mutter eine fast unwillkürliche Äußerung so schlecht auslegt«, sagte Hélène leise, »so werde ich ihre Wünsche erfüllen.« Das junge Mädchen warf einen stolzen, beinahe wilden Blick um sich und blieb in einer Haltung von bewunderungswürdiger Sittsamkeit stehen. »Hélène«, sagte der General, »du bist in das Zimmer hinaufgegangen, wo ...« – »Ja, Vater.« – »Hélène«, fragte er mit einer Stimme, die von einem krampfhaften Zittern bebte, »ist es das erstemal, daß du diesen Mann gesehen hast?« – »Ja, Vater.« – »Dann ist es aber nicht natürlich, daß du die Absicht hast, ihm ...« – »Wenn es nicht natürlich ist, so ist es wenigstens wahr, Vater.« – »Ah, meine Tochter!...« sagte die Marquise leise, aber so, daß ihr Mann es hören konnte; »Hélène, du sprichst allen Begriffen von Ehre, Bescheidenheit und Tugend, die ich in deinem Herzen zu entfalten gestrebt habe, hohn. Wenn du bis zu dieser verhängnisvollen Stunde nur Lüge warst, dann brauchen wir dich nicht zu bedauern. Lockt dich die moralische Vollkommenheit dieses Unbekannten? Oder die Art Macht, welche denjenigen eigen ist, die ein Verbrechen begehen? Ich habe zu viel Achtung vor dir, um zu glauben...« – »Oh, glauben Sie alles!« sagte Hélène kalt.
    Aber trotz der Charakterstärke, die sie in diesem Augenblick bewies, konnte das Feuer ihrer Augen nur schwer die Tränen verbergen, die ihre Wangen herabrollten. An den Tränen der Tochter erriet der Fremde die Worte der Mutter und sandte der Marquise seinen Adlerblick, diese konnte sich der unwiderstehlichen Macht, die sie zwang, den schrecklichen Verführer anzusehen, nicht entziehen. Als die Augen dieser Frau den klaren, leuchtenden Augen des Mannes begegneten, schauderte sie wie beim Anblick eines Reptils

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