Die Frauen des Journalisten (German Edition)
Anweisungen.
***
In der ehemaligen Poliklinik des Stadtbezirkes gab es tatsächlich noch die Tagesklinik für psychisch Kranke und wie es schien, hatten sie dort reichlich zu tun. An der Anmeldung warteten einige Patienten und die Dame hinter dem Tresen war dabei ihnen umfangreiche Erklärungen zu geben.
Die Lienhardt und Galuba unterhielten sich inzwischen, nicht besonders leise, über belanglose Dinge, lachten auch ab und zu. Vermutlich war diese Unterhaltung der Anlass für die Mitarbeiterin gewesen sie anzusprechen. Ihre Stimme klang jedenfalls gereizt, als sie fragte:
„Kann ich Ihnen helfen? Möchten Sie einen Termin?“
„Nein, wir möchten eine Auskunft.“
„Eine Auskunft – sind Sie Patienten?“
Lienhardt ließ nun seinen Berliner Dialekt durchblicken.
„Seh ick so aus? Nee, eene Auskunft über ´ne Sache, die vamutlich Jahre zurück liecht.“
Die Frau sah ihn böse an.
„Wir geben keine Auskünfte.“
Galuba, der mit dem Rücken am Tresen gelehnt hatte, schob Lienhardt hinter sich.
„Entschuldigen Sie bitte, er meint es nicht so. Mit wem könnten wir denn sprechen, es ist sehr wichtig für uns. Es sind keine medizinischen Auskünfte, die wir brauchen. Gibt es vielleicht einen Arzt, der schon zu DDR-Zeiten hier gearbeitet hat?“
Die Dame hatte sich beruhigt, beachtete Lienhardt nicht mehr.
„Warten Sie, Frau Wiesner, eine Therapeutin, ist schon länger hier. Ich werde sie fragen, ob sie Ihnen helfen kann.“
Am Telefon fragte sie dann: „Andrea, kannst du bitte mal kommen, ein Herr hat ein Problem.“
Und an Galuba gewandt: „Sie kommt gleich.“
Damit war der Disput beendet. Galuba drehte sich kopfschüttelnd zu Lienhardt um:
„Super Leistung.“
„Spaß muss sein.“ Er schlug Galuba auf die Schulter und grinste.
Die beiden Männer setzten sich gegenüber der Anmeldung in eine Warteecke, wo mehrere kleine Sessel, mit Kunstleder bezogen, ein schmaler Tisch und ein mehrfächriger Zeitungsständer standen. Während Galuba beobachtete, was sich an der Anmeldung tat, blätterte Lienhardt in einer Zeitung, die er vom Tisch genommen hatte. Sie mussten etwa zehn Minuten warten, bis eine Dame mittleren Alters in hellblauem T-Shirt und weißer Hose zu ihnen trat. Galuba hatte nicht bemerkt, dass sie aus einer Tür hinter der Anmeldung herausgekommen war.
„Sie haben ein Problem, bei dem ich Ihnen helfen kann?“, begrüßte sie die Männer.
„Wir hoffen es.“, antwortete Galuba charmant. Sie reichte nun beiden Männern die Hand und setzte sich zu ihnen in einen noch freien Sessel.
„Wie kann ich Ihnen helfen?“
„Wir hätten gern eine Auskunft von Ihnen.“ Lienhardt sah die Antwort kommen und hob abwehrend seine rechte Hand.
„Keine medizinischen Auskünfte und die Angelegenheit liegt Jahre zurück, vor 1990. Können Sie sich vielleicht erinnern, ob eine Claudia Metzler damals hier in der Tagesklinik war? Wir wissen, dass eine Frau Irene Wortmann hier in Behandlung war und es ist auch möglich, dass die beiden Frauen sich kannten.“
Im Gesicht der Therapeutin war ein feines Lächeln zu sehen, als sie zuerst Galuba, dann Lienhardt voll ansah. Sie richtete sich gerade auf, so, als wollte sie sofort gehen.
„Es tut mir leid meine Herren, auch wenn das alles Jahre zurück liegen sollte, derartige Auskünfte werden Sie hier von niemanden bekommen. Angenommen, Sie wären bei uns in einer Therapie gewesen, möchten Sie, dass wir das weiter tragen?“
Die beiden Männer sahen sich an, als habe man sie bei einer Dummheit erwischt.
„Sie haben recht, es war unsinnig anzunehmen, dass in einer Klinik über Patienten geredet wird. Entschuldigen Sie bitte.“
Galuba erhob sich, reichte ihr seine Hand, nickte Lienhardt zu, damit auch er aufstehe. Er entfernte sich in Richtung Ausgang und wartete zuerst auf ihn, ging dann aber doch allein hinaus. Draußen stand er unschlüssig an der Bordsteinkante. Wenig später betrat Lienhardt die Straße und beobachtete Galuba. Der stand breitbeinig, die Hände in den Hosentaschen, sah den wenigen vorbei fahrenden Autos nach. Ohne sich umzusehen überquerte er dann die Fahrbahn in Richtung Parkplatz. Lienhardt folgte ihm langsam. Als er neben Galuba stand, schloss er wortlos das Auto auf und deutete auf den Beifahrersitz. Erst als beide saßen, brach Galuba das Schweigen.
„Wir kommen so nicht weiter, ich komme mir wie ein Anfänger vor. Wo hat die Metzler denn damals gewohnt? In das Haus, in dem ich wohne, ist sie erst nach
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