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Die Fuenfzig vom Abendblatt

Die Fuenfzig vom Abendblatt

Titel: Die Fuenfzig vom Abendblatt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
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ich denke mir ja — wäre es nicht vielleicht doch besser, wir treffen uns jetzt schon und versichern uns gemeinsam?“
    „Also wie gesagt, im ,Goldenen Anker’. Ich rufe pünktlich wieder an
    Harald hing den Hörer fast hastig an den Apparat zurück. Dann stand er eine Weile regungslos in der leeren Zelle. Er schaute dabei auf das Fernsprechverzeichnis, das da aufgeschlagen auf einem kleinen Tischchen vor ihm lag. Aber er sah weder irgendeinen Namen oder eine Zahl in den aufgeschlagenen Seiten noch etwas anderes. Sein Blick war ins Leere gerichtet. Nur seine Gedanken arbeiteten. Und zwar fieberhaft.
    Als Kriminalassistent Opitz gemerkt hatte, daß der Junge den Hörer auf den Apparat zurücklegte, war er mit zwei, drei schnellen Schritten zu seinem Motorrad gerannt, das neben einer Plakatsäule am Trottoir stand. Er setzte sich in den Sattel und bediente bereits den Starter. So war der Motor seiner Maschine gerade angesprungen, als der Junge in seinem roten Abendblatt-Pullover wieder aus der Zelle kam. Und wie er sich jetzt auf sein Rad schwang und dem Hansaplatz zufuhr, kam auch der Kriminalassistent hinter seiner Plakatsäule hervor und folgte ihm in einem Abstand von etwa dreißig Metern. Quer durch die ganze Innenstadt.
    Als Harald an der Kieler Straße zur Hansemannstraße einbog, da allerdings blieb der kleine untersetzte Opitz nicht länger hinter dem Jungen zurück. Es war ein Wagnis, ihn zu überholen und an ihm vorbeizuschießen.
    Aber als Harald die Hansemannstraße angesteuert hatte, da stand es für den Kriminalassistenten fest, daß Harald wieder vor der Toreinfahrt der Nummer 14 haltmachen würde. Wie auch an den Abenden zuvor. Und dort war ihm der Junge bisher immer entwischt, weil er selbst zu viel Zeit gebraucht hatte, um sein Motorrad zu parken und aus dem Sattel zu kommen. Heute sollte ihm das nicht passieren. Er würde den Jungen dort bereits erwarten. Irgendwo in eine Ecke gedrückt. Von der Dunkelheit verschluckt. Tatsächlich sprang Harald etwa drei Häuser vor der Nummer 14 von seinem Rad. Er hielt sich im Schatten eines schwarzen Bretterzaunes, bis er dann schnell und etwas gebückt in der bewußten Toreinfahrt verschwand. Dort verbarg er sein Rad hinter einer schmalen Treppe und ging dann in den Hinterhof, zu der hohen Backsteinmauer und dem Grundstück hinüber.
    Als er bereits an den aufgestapelten Kanalisationsröhren vorbei war und in die Nähe seines gestrigen Verstecks kam, fing es an zu regnen. Es waren zuerst nur vereinzelte große, schwere Tropfen, die vom Himmel fielen. Aber schon als sich der Junge wieder vorsichtig unter die Motorhaube der alten Opel-Karosserie schob, war aus diesen einzelnen Tropfen ein handfester Regen geworden. Die schmalen Fenster der Baracke waren kaum mehr zu erkennen. Auch die Tür zwischen ihnen ließ sich nur ahnen. Selbst die Umrisse der Baracke standen nur wie schwarze Schatten gegen den dunklen Himmel.
    Schon nach wenigen Minuten stand das Wasser in breiten Pfützen auf dem aufgeweichten Boden des Grundstücks. Wie aus Kübeln geschüttet, fiel es von der schadhaften Dachrinne der Baracke auf Kisten und leere Tonnen, die dort durcheinander auf den Pflastersteinen lagen.
    Es mochte kurz vor zweiundzwanzig Uhr sein, als der erste von Krügers Leuten in langen Sprüngen quer über das Gelände gerannt kam. Er ließ alle Vorsicht außer acht und schien nur darauf bedacht zu sein, möglichst schnell in den Schutz der Baracke zu kommen. Dort klopfte er zuerst mehrmals. Dann rüttelte er an der Tür. Aber vergeblich. So blieb ihm nichts anderes übrig, als sich ebenso dicht wie möglich an die Hauswand zu drücken und zu warten.
    Eine gute Viertelstunde war jetzt nur vom Geräusch des Regens erfüllt.
    Bis dann schließlich zwei weitere Gestalten aus der Dunkelheit auftauchten. Sie hatten beide ihre Jacketts ausgezogen und über den Kopf geworfen. Als sie die Baracke erreicht hatten, war jetzt das Geräusch von Schlüsseln zu hören, und kurz danach flammte Licht auf. Für zwei oder drei Sekunden stand die Tür geöffnet, und Harald erkannte mit Sicherheit an seiner schwarzglänzenden Lederjacke den Chef der Nachtexpreß-Leute. Seine beiden Komplicen allerdings verschwanden im Innern der Baracke, bevor der Junge sie deutlicher gesehen hatte.
    Nun drang das Wasser bereits unter die Motorhaube. Aber Harald spürte in diesem Augenblick gar nicht, wie der Regen auch schon in seine Schuhe kam, in sein Haar und in seinen Wollpullover. Seine ganze

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