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Die Galerie der Lügen

Titel: Die Galerie der Lügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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Zeugung an besitzt jeder von uns den Charakter der Unverwechselbarkeit…«
    Wie so oft, wenn ihre Gedanken der Zunge vorauseilten, ließ Alex den Satz ohne Senken der Stimme ausklingen. Das Gespräch mit Theo über die Klone und die Verletzlichkeit menschlicher Schöpfungen war ihr plötzlich in den Sinn gekommen. Im ersten Moment hatte sie der Gedanke, nur das perfektionierte Abziehbild irgendeines außer Kontrolle geratenen Wissenschaftlers zu sein, erschreckt. In Science-Fiction-Filmen wurden geklonte Menschen allzu gerne in großen Mengen vorgeführt, alle gleich im Aussehen, Denken und Handeln. Aber das Bild des schablonenhaften Klons war eine Irreführung. Man musste sich nur unter den eineiigen Zwillingen umschauen, um – bei aller vordergründigen Ähnlichkeit – ihre individuellen Persönlichkeiten zu erkennen.
    Sie musste ein Zittern unterdrücken, als ihr bewusst wurde, was ihre Auslegung von Theos Botschaft für sie persönlich bedeutete: Die Hermaphroditen von HUGE mochten zwar fabrikmäßig hergestellt worden sein, aber trotzdem war jeder einzelne – auch Alex Daniels – unverwechselbar.
    Darwin machte sich, wie nicht zu übersehen war, seine eigenen Gedanken zu dem eben Gesagten – ein harter Brocken, den er erst einmal verdauen musste. Fast tat er ihr Leid. Sein Gedankengebäude, in dem er sich hübsch bequem eingerichtet hatte, war seit ihrem Kennenlernen Stein für Stein auseinander genommen worden.
    Sanft fragte sie: »Begreifst du jetzt, warum ich die Einbruchsserie als › Galerie der Lügen ‹ bezeichnet habe?«
    Er grinste schief. »In meinem Kopf ist gerade die Ladung verrutscht. Wenn ich nicht aufpasse, bekomme ich Schlagseite.«
    »Dann wird es Zeit, einige Dinge festzuzurren, Darwin. Wäre der Darwinismus eine wissenschaftliche Lehre, hätte er erst so viele Anhänger finden können, nachdem die größten Probleme ausgeräumt wurden – was ja bis heute nicht geschehen ist. Er setzt auf Glauben, nicht auf Wissen. Damit ist er eine Religion ohne Gott, nichts anderes.«
    »Hilft uns das irgendwie dabei, dem › Gehirn ‹ das Handwerk zu legen?«
    »Vielleicht. Erinnerst du dich noch, was ich dir vor einer Woche in der Brasserie gesagt habe? Unser Gegner spitzt die Widersprüche der darwinistischen Lehre auf das Thema Mensch zu.«
    »Du hast von Friedrich Nietzsche und seinem Übermenschen geredet.«
    Obwohl ihre Stimmung alles andere als heiter war, musste Alex schmunzeln. »Den alten Weiberfeind mit der Peitsche hast du dir natürlich gemerkt.«
    »Wie du siehst, war ich ganz Ohr, als meine Meisterin dozierte«, verteidigte sich Darwin. »Du hattest auch anderes erwähnt. Geld beispielsweise. Die Forschung nach der Herkunft des Homo sapiens macht viele Forscherfamilien satt.«
    »So kann man’s natürlich auch ausdrücken.« Alex zögerte. Sollte sie…? »Das richtig große Geschäft mit dem Menschen könnte aber erst noch kommen.«
    Er sah sie forschend an. »War das gerade ein Themenwechsel? Du sprichst nicht zufällig von Biotech-Firmen wie Human Genetics?«
    Alex entwand sich seinem Blick, indem sie einen Schluck aus ihrer Teetasse nahm. Kein Wort über unsere Entstehung in den Reagenzgläsern von HUGE! Theos Drohung hing wie ein Damoklesschwert über ihr. Wie viel durfte sie sagen?
    »Solche Unternehmen werden Milliarden scheffeln, wenn das reproduktive Klonen erst gesetzlich erlaubt ist.«
    »Du meinst, wenn Eltern ihr Designerbaby aus dem Katalog auswählen können?«
    »Geklonte Menschen hätten dieselben erblichen Makel wie ihre DNA-Spender.«
    »Außer die Biotechniker schrauben an den Genen herum.«
    »Richtig. Das neue Gesetz, das dem Unterhaus Ende des Monats zur Abstimmung vorgelegt werden soll, würde auch solche Manipulationen in eingeschränktem Umfang erlauben. Durch Präimplantationsdiagnostik… «
    »Bitte was?«, unterbrach sie Darwin.
    »Die PID, präimplantive genetische Diagnostik. So nennt man es, wenn die Chromosomen des Embryos vor der Einpflanzung in die Gebärmutter untersucht werden, um mögliche Erbschädigungen festzustellen.«
    »Und zu reparieren?«
    »So was ginge über die PID hinaus. Die arbeitet lediglich selektiv, sortiert also risikobehaftetes Leben aus. Aber das neue Gesetz würde auch › Reparaturen ‹ erlauben.«
    »Und wer kontrolliert, ob bei der Gelegenheit nicht gleich ein paar Tuning-Maßnahmen vorgenommen werden?«
    Wie leuchtende Haut oder eine Brieftaubennavigation? Alex biss sich auf die Unterlippe.
    Er nickte. »Es lässt sich

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