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Die Gamant-Chroniken 03 - Die Prophezeiung von Horeb

Die Gamant-Chroniken 03 - Die Prophezeiung von Horeb

Titel: Die Gamant-Chroniken 03 - Die Prophezeiung von Horeb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen M. O'Neal
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gefühlt. Außerdem machte es sich langsam bemerkbar, daß sie seit ihrer Entführung nicht mehr richtig gegessen oder geschlafen hatte. Ihre Knie zitterten, als sie vor den Spiegel trat und sich kritisch betrachtete. Der Anblick erschreckte sie. Ihre grünen Augen zeigten den gehetzten Ausdruck eines eingesperrten Tieres. Die Falten um ihre Augen und auf der Stirn hatten sich vertieft. Sie sah schrecklich aus. Kein Wunder, daß die Wachen draußen vor der Tür sie immer so merkwürdig anblickten.
    Sie verschränkte die Arme und betrachtete das Holo des Feuersturm-Angriffs, das an der Wand befestigt war. Der Planet drehte sich in einer violetten Wolke aus Staub und Trümmern. In der oberen linken Ecke des Bildes hing ein magistratischer Kreuzer, aus dessen Geschützen violette Strahlen zur Planetenoberfläche hinabschossen.
    »Gamanten sind wehleidig und nachtragend«, murmelte sie, während sie überlegte, um welchen Kreuzer es sich auf dem Bild handeln mochte, und wer das Kommando bei diesem Angriff geführt hatte. »Warum läßt Baruch solche Bilder in seinem Gästequartier anbringen? Damit reißt er doch nur alte Wunden auf.«
    Doch so waren die Gamanten eben – das wußte sie nur zu gut. Die Worte ihrer Großmutter hatten sich in ihr Gehirn gebrannt: »In der Erinnerung liegt die Erlösung.« Immer, wenn Amirah versucht hatte, eine ihrer Geschichten zu unterbrechen, in denen sie das Leid der Gamanten im Lauf der Geschichte schilderte, hatte Sefer ihr Gesicht in die Hände genommen, ihr genau in die Augen gesehen und erklärt: »Du darfst diese Dinge niemals vergessen. Und jetzt wiederhole die Geschichte, die ich dir gerade erzählt habe.« Amirah hatte damals nicht begriffen, weshalb Großmutter diese Dinge für so wichtig hielt, doch Sefer war immer erst dann zufrieden gewesen, wenn Amirah die ganze Geschichten wiedergeben konnte, ohne etwas auszulassen.
    Sie erinnerte sich an einen Wintertag auf Rusel 3, als sie krank im Bett gelegen und müde zum blaßgrünen Himmel hinaufgeschaut hatte, den sie durch das Fenster sehen konnte. Damals litt sie bereits seit einer Woche am Janusfieber und war so schwach, daß sie kaum den Kopf vom Kissen heben konnte. »Neunzig Prozent sterben«, hatte der Doktor gestern geflüstert, bevor Sefer ihn einfach aus dem Haus jagte.
    Sefer saß an Amirahs Bett, so wie jeden Tag und jede Nacht, seit sie krank geworden war. Immer wieder hatte die alte Frau auf sie eingeredet, sie müsse stark sein, schließlich gehöre sie zum Hause Ephraim und … »Nicht ein einziger Gamant, der von diesem Haus abstammte, ist jemals gestorben, ohne zu kämpfen. Spürst du diese Stärke tief in deiner Seele, Amirah? Gott hat sie dir verliehen, damit du überleben kannst, was immer auch geschieht. Alle Frauen in unserer Familie besitzen diese Kraft. Vergiß das niemals.«
    Und dann hatte Sefer ihr sanft über das Haar gestrichen und gesagt: »Du wirst leben, Amirah, das weiß ich. Gott wird dich nicht sterben lassen.«
    Das Summen der Türsprechanlage ließ Amirah zusammenzucken.
    »Captain Jossel?« meldete sich eine tiefe Stimme. »Hier ist Commander Baruch. Darf ich hereinkommen?«
    Amirah hielt die Luft an. »Wenn ich nein sage, Commander, würden Sie dann gehen.«
    Es folgte eine kurze Pause. »Wahrscheinlich nicht.«
    »Dann kommen Sie herein.«
    Die Tür glitt zur Seite, und Baruch, der einen schwarzen Kampfanzug anhatte, trat ein. Unter seinem Arm trug er einen Stapel Papiere.
    »Was wollen Sie?« fragte Amirah ohne Umschweife.
    Baruch deutete zum Tisch hinüber. »Darf ich mich setzen?«
    »Das ist Ihr Schiff, Commander. Setzen Sie sich, wo immer Sie wollen.«
    »Danke.« Baruch nahm Platz und legte die Papiere vor sich auf den Tisch. Dann blickte er zu Amirah hinüber. »Wie geht es Ihnen?«
    Sie stieß ein geringschätziges Lachen aus. »Furchtbar. Aber was kümmert Sie das?«
    »Ich möchte, daß Sie sich hier so wohl fühlen, wie es möglich ist. Natürlich ist das nicht leicht …«
    »Dann geben Sie mir einfach ein Gewehr, damit ich jeden einzelnen Soldaten an Bord töten kann. Danach geht es mir bestimmt besser.«
    Baruch lehnte sich zurück. »Da ich selbst schon in Gefangenschaft war, kann ich Ihre Gefühle gut verstehen.«
    Amirah legte zweifelnd den Kopf schief. Sie hatte sämtliche verfügbaren Unterlagen über Baruch sorgfältig studiert, angefangen bei seiner Geburt auf Tikkun, bis zu seiner letzten Schlacht im Asad System. »Sie? Gefangen? Ich kann mich an keine Akte erinnern,

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