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Die geheimen Jahre

Titel: Die geheimen Jahre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
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Und seine Beifahrerin. Der Fahrer war Dr. Lawrence, und die Beifahrerin …
    Die Beifahrerin war Mrs. Gillory, Daniels Frau. Lally kniff erneut die Augen zusammen und konnte erkennen, wie das Paar zu der stillgelegten Windmühle am Ende des Felds ging. Am Eingang zur Mühle – ganz so, als wollten sie ihre letzten Zweifel zerstreuen, welcher Art ihre Beziehung war – umarmten sie sich und schienen ineinander zu verschmelzen. Als sie sich schließlich losließen und durch die Tür traten, stieß Lally mit einem großen Seufzer den angehaltenen Atem aus.
    Zögernd trat sie wieder aufs Gaspedal. Nichts auf der Welt hätte sie lieber getan, als zu der Windmühle zu gehen und die beiden zu belauschen, doch sie wußte, daß sie in der freien Natur nur zu leicht auffallen würde. Auf der Heimfahrt labte sie sich an ihrem Geheimnis und genoß es zutiefst. Für Geheimnisse hatte sie schon immer eine Schwäche gehabt.
    Daniel und Fay nahmen wortlos ihr Abendessen ein, wie so oft in letzter Zeit. Fay klagte über Kopfschmerzen und ging nach oben ins Bett. Daniel griff sich ein Buch und die Whiskyflasche und bemühte sich, den Ärger und die immer wiederkehrenden Gedanken, die ihm durch den Kopf schwirrten, im Zaum zu halten.
    Es war nach Mitternacht, als er von seinem Buch aufblickte und den feinen Dunst am ansonsten klaren Himmel sah. Er stand auf, ging zur Tür und starrte in die Dunkelheit hinaus. Wolken, dachte er, endlich Regen. Aber dann sah er noch einmal hin und erkannte, daß es keine Regenwolken waren, und rannte durch den Hof in Richtung seiner Felder.
    Ein unheimliches orangefarbenes Licht ging von den hintersten Feldern aus. Der beißende Rauchgeruch wurde stärker. In der Mitte des Ackers loderten Flammen, die aus dem Boden hervorzüngelten. Der Torf brannte.
    Unfähig, sich zu rühren, sah er einen Moment lang zu, während die Dämonen, die in der Erde lauerten, seinen Weizen verschlangen, bis nur noch schwarze Ascheflocken übrigblieben. Er hörte das Knistern des Feuers, das alles verschlang, wofür er gearbeitet hatte. Dann begann er zu rennen. Als er Flo Dockerills Haus erreicht hatte, klopfte er wie rasend an die Tür. Kerzen flammten in den Fenstern der angrenzenden Cottages auf, und das Geräusch schlurfender Schritte war zu hören.
    Â»Harry!« rief er. »Mein Feld steht in Flammen – der Torf brennt!«
    Gesichter starrten ihn aus dem Dunkel des winzigen Hauses an. Jemand rief: »Wir bringen Spaten und Schaufeln!« Daniel rannte zu seinem eigenen Haus zurück und holte die Geräte aus dem Schuppen.
    Sie gruben um das Feuer herum, das als großer Kreis in der Mitte des Felds glühte und die Mooreiche verschlang, die wie eine schwarzfingerige Hand herausstand. Die Flammen fraßen sich durch die trockene Torferde und hätten wahrscheinlich auch nicht gelöscht werden können, wenn es genügend Wasser gegeben hätte. Daniels einzige Hoffnung bestand darin, einen Graben um den schwelenden Torf zu ziehen, der tief genug war, um bis zu dem darunterliegenden Lehm zu reichen, so daß den Flammen der Weg abgeschnitten wurde. Das halbe Dutzend Männer arbeitete verzweifelt, weil sie wußten, daß ein Torffeuer, wenn es nicht unter Kontrolle gebracht werden konnte, tagelang weiterbrannte. Teile der Weizenhalme, die in ein paar Wochen geerntet werden sollten, wirbelten durch die Luft. Die Flammen breiteten sich weiter aus. Für Daniel, der die harte Erde aufhackte, waren sie wie lebendige Wesen, gierig und gefräßig. Sie wollten ihm nehmen, was er sich erarbeitet hatte. Sie wollten ihm seinen Lebensunterhalt rauben. Sie wollten den vollständigen Ruin seiner angeschlagenen Ehe. Schweiß strömte über seinen Körper, er bekam Blasen an den Händen, und seine Muskeln schmerzten. Die raucherfüllte Luft war heiß und stickig, und Daniel glaubte, sie buchstäblich mit Händen fassen zu können.
    Als sie in den frühen Morgenstunden in ihr Schlafzimmer zurückkehrte, öffnete Thomasine die Vorhänge und riß die Fenster weit auf. Sofort entdeckte sie den Lichtfleck am Horizont und dachte zuerst, es sei ein Gewitter. Aber der Himmel war ruhig, die Luft still. Stirnrunzelnd versuchte sie, sich die Erscheinung zu erklären. Das Licht war schwach und kupferfarben.
    Nicholas öffnete die Schlafzimmertür. »Ich konnte nicht schlafen«, sagte er.

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