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Die geheimnisvolle Sanduhr (German Edition)

Die geheimnisvolle Sanduhr (German Edition)

Titel: Die geheimnisvolle Sanduhr (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Tenner
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besonders munterer, aufmerksamer oder gesprächiger Gastgeber. Zuviel ging mir durch den Kopf.
    Der Wein war aber vorzüglich und für die Gäste ein guter Ausgleich für die spärliche Konversation vonseiten des Gastgebers. Einen Augenblick hatte ich gezögert, die Flaschen zu öffnen, aber ich konnte mir nicht vorstellen, dass Mister Smith die Absicht hatte, ein halbes Dutzend Menschen zu vergiften. Er würde bestimmt nicht unter sechstausend Menschen beginnen, den Giftbecher oder Gifteimer anzurühren.
    Diese Annahme erwies sich als zutreffend. Mir ging es am nächsten Morgen gut, nicht einmal leichte Kopfschmerzen waren die Wirkung der fünf Gläser, die ich am Abend zuvor getrunken hatte. Ich beschloss, meine Bemühungen ein für alle Mal einzustellen, die wirtschaftlichen Entwicklungen der kommenden Monate und Jahre beeinflussen zu wollen. Aber Mister Smith hatte mich auf eine andere Idee gebracht. Zwar hatte ich mir keine Lottozahlen gemerkt, aber als begeisterter Fan der deutschen Fußballnationalmannschaft hatte ich alle Spiele des letzten Jahres verfolgt und hatte kein Ergebnis vergessen. Dies war die Gelegenheit, mir den Wunsch vom Blüthner-Flügel zu erfüllen. Vielleicht gelang es mir nun auch, meine Frau von meinen neuen Fähigkeiten zu überzeugen.

5. Kapitel
    Wir hatten seit einigen Monaten nicht mehr über meine Überzeugung gesprochen, das laufende Jahr schon einmal erlebt zu haben oder zumindest viele Ereignisse des Jahres voraussehen zu können. Meine Frau war alles andere als begeistert, als ich Anfang Juni dieses Thema in unser sonntägliches Frühstücksgespräch einfließen ließ. „Warum fängst du wieder damit an? Reicht es dir nicht, dass du mit deinen Vorahnungen einen guten Auftraggeber verloren hast?
    „Du kannst es nicht wissen, aber auch beim ersten Mal wurde die geschäftliche Verbindung gelöst. Allerdings kam die Initiative dabei mehr von meiner Seite, ich wollte Zeit für meine schriftstellerische Arbeit gewinnen. Das Ergebnis und der Zeitpunkt unterscheiden sich aber nicht. Apropos Ergebnis. Du hast mir doch die Empfehlung gegeben, meine Fähigkeiten zu nutzen, um Geld für uns zu gewinnen.“
    Beim Wort „Gewinn“ wurde sie hellhörig. „Sind dir Lottozahlen eingefallen?“
    „Nein. Du weißt doch, ich spiele kein Lotto und habe deshalb nie auf die Ergebnisse der Ziehungen geachtet. Aber ich kenne die Ergebnisse der Fußballspiele der kommenden Fußballeuropameisterschaft in Österreich und der Schweiz. Es gibt genügend Wett-Anbieter, bei denen ich aus diesem Wissen Kapital schlagen könnte.“
    „Ich hoffe, du verspielst nicht unser gesamtes Urlaubsgeld.“
    „Pass auf, ich nehme nur tausend Euro aus der Urlaubskasse. Sollte ich mich irren und das Geld verlieren, fange ich nie wieder mit meiner Idee an, betrachte mich dann als geheilt. Den Urlaub machen wir auf jeden Fall, verzichten aber im schlimmsten Fall auf die Ausflüge und Mitbringsel.“ Meine Frau war einverstanden. Ich meldete mich am nächsten Tag per Internet bei einem Online-Wettbüro an und zahlte auf mein dortiges Konto eintausend Euro ein. Dann beschäftigte ich mich mit den Ansetzungen und Quoten. In den Vorrundenspielen war Deutschland Favorit, die Gegner für die weiteren Spiele standen logischerweise noch nicht fest. Ich setzte alles auf Ergebniswette für das Spiel gegen Kroatien. Als ich meiner Frau am Abend des Spieles erzählte, dass ich das gesamte Geld auf dieses eine Spiel und auf ein 2:1 für Kroatien gesetzt hatte, hielt sie mich für völlig verrückt. „Du hättest das Geld doch zur Sicherheit auf mehrere Spiele verteilen können.“
    „Ich brauche keine Sicherheit. Ich weiß, dass dieses Spiel genau so endet. Und die Quoten sind am höchsten.“ Meine Frau ließ nicht locker. „Die Deutschen haben aber doch gegen Polen sehr gut gespielt, glaubst du wirklich, dass sie nun gerade gegen die Kroaten verlieren werden?“
    „Ich sage es dir noch einmal: Ich glaube nicht, ich weiß. In zwei Stunden wirst du mir recht geben.“
    Meine Frau gab mir schon nach zehn Minuten des Spieles recht, obwohl es noch 0:0 stand. „Irgendetwas hat man denen (sie meinte die deutschen Spieler) in den Kaffee getan, die spielen ja, als wenn sie in einer Zeitschleife stecken geblieben wären, immer eine Zehntelsekunde zu langsam.“ Nach dem Abpfiff waren wir um zehntausend Euro reicher. Meine Frau war weniger erfreut, als ich vermutet hatte. Vielleicht hätte sie sich mehr über ein 2:1 der deutschen

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