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Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition)

Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
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stand auf und klopfte den Staub von seiner Kleidung. Alenka robbte wimmernd von ihm weg, eine der ranischen Edelfrauen nahm das blutende Mädchen in die Arme.
    »Dies … äh … ist natürlich ein Missverständnis«, erklärte der Obodritenfürst, was bei den umstehenden Rittern höhnisches Gelächter hervorrief. »Wir … wir kamen her, um die Geiseln in Augenschein zu nehmen. Wir werden unserem Herrn Heinrich schließlich berichten müssen.«
    »Bemüht Euch nicht, ich werde Herrn Heinrich die Angelegenheit in allen Einzelheiten schildern«, sagte Magnus ungerührt. »Wie auch dem König und den Bischöfen. Überlegt Euch schon einmal, wer Euch am ehesten die Beichte abnimmt – denn so von Sünde besudelt werdet Ihr beim morgigen Gottesdienst doch kaum den Leib Gottes nehmen wollen. Vielleicht redet Ihr mit Bischof Absalom … Und nun begebt Euch in Eure Unterkünfte. Vielleicht finden sich ein paar Ritter, die Euch untertänigst dahin eskortieren. Aus dem Gestank Eures Atems schließe ich, dass Ihr Eure Zelte sonst vielleicht nicht findet.«
    Die Ritter lachten noch einmal, aber Amra atmete auf, als ihr Peiniger sich nun nicht weiter wehrte, sondern gemeinsam mit dem anderen abzog, den Magnus einen Fürsten nannte. Sie rappelte sich auf und rieb sich die schmerzende Hüfte. Aber dann vergaß sie allen Schmerz und jede Demütigung, denn Magnus beugte sich über sie.
    »Amra …« Magnus’ sanfte Stimme flüsterte ihren Namen, während er ihr die Hand hinhielt, um ihr aufzuhelfen. »Ist dir … hat er …«
    Amra blickte in sein schönes Gesicht und seine freundlichen Augen und fühlte sich sofort getröstet. »Es ist nichts, ich … ich hab mich nur gestoßen«, beruhigte sie ihn leise. »Du bist rechtzeitig gekommen, Magnus.«
    Er hätte die Gefühle nicht beschreiben können, die ihn erfassten, als sie jetzt seine Hand nahm. Die ihre lag klein und warm in der seinen, er musste vorsichtig zufassen, um ihr nicht wehzutun. Und er musste sich bezähmen, sie nicht an sich zu ziehen, als sie dann vor ihm stand. So nah …
    Amra ließ seine Hand nicht los, sie schien ihm auch die andere reichen zu wollen. Ein paar Herzschläge lang standen sie sich einfach gegenüber und konnten Hände und Augen nicht voneinander lassen. Aber dann erinnerten sich beide, wo sie waren.
    Amra trat einen Schritt zurück. »Ich … ich danke Euch, Herr … Herr Ritter«, sagte sie förmlich.
    »Magnus von Lund.«
    Magnus legte die Hand auf sein Herz und verbeugte sich formvollendet. Vor Amra, aber auch vor den anderen Frauen, die eben versuchten, die Zeltbahnen notdürftig zu befestigen. Frau Bogdana bemühte sich um Alenka, die haltlos schluchzte. Für Alenka war die Hilfe zu spät gekommen. Auch Magnus blickte hilflos auf das geschändete Mädchen.
    »Ich … ich darf Euch mein Bedauern aussprechen im Namen König Waldemars«, sagte er mühsam. »Meine Männer werden das Zelt gleich für Euch richten. Und wenn Ihr etwas braucht … Wasser … Wein …« Er hob unsicher die Hände.
    »Lasst uns nur in Frieden!«, sagte Mariana, die zweite der ranischen Edelfrauen, kalt. »Wir haben die Gastfreundschaft des dänischen Königs soeben kennengelernt. Wir wissen, was uns erwartet. Geht jetzt, und danke für das Angebot, das Zelt in Ordnung zu bringen. Wir schaffen das auch allein. Und übernehmen es gern, solange wir heute nur keinen Mann mehr sehen müssen.«
    »Sie meint es nicht so«, murmelte Amra und merkte, dass sie Magnus nicht gehen lassen mochte.
    »Sie hat ja Recht«, flüsterte Magnus. »Ich kann sie verstehen. Sag den Frauen, dass sie heute nichts mehr zu befürchten haben. Ich werde weitere Wachen rund um das Gelände platzieren.«
    Amra nickte. Aber ihr Vertrauen in den Schutz des Königs war zerstört. Nadjana hatte Recht gehabt. Und Amra verstand nun auch Baruchs Entsetzen, nachdem er sie unter den Geiseln bemerkt hatte. Immerhin konnte sie sich an Magnus’ beruhigende Worte klammern, doch auch die waren mehr als vage. An diesem Tag würden sie sicher sein.
    »Und morgen?«, fragte Amra leise.
    Magnus hörte es nicht mehr, er hatte sich bereits abgewandt und sprach mit den dänischen Rittern.

Kapitel 8

    I ch kann sie nicht befreien, sosehr ich es auch möchte.«
    Resigniert nahm Magnus einen Schluck Wein. Baruch von Stralow hatte tatsächlich in seinem Zelt auf ihn gewartet und ihm sogleich sein Anliegen vorgetragen, nachdem er zurückgekehrt war und in kurzen Worten die Geschehnisse des Abends geschildert hatte. Jetzt

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