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Die Geisterseherin (German Edition)

Die Geisterseherin (German Edition)

Titel: Die Geisterseherin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Schwarzenstein
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inzwischen wohl besser ging. Aber...
Sayuri knirschte mit den Zähnen, als ihr tausend Gedanken auf einmal durch den Kopf gingen. Sie hatte das Gefühl, als würde sie etwas wissen... im Unterbewusstsein. Als hätte sie Zeichen gesehen und ihr Kopf hatte es nur noch nicht realisiert. Sie konnte nur nicht den Finger darauf legen und sagen, was es war.
„Hey, da bin ich wieder.“
Yuki's glockenklare Megumi-Stimme klang durch den Raum und schreckte Sayuri aus ihren Gedanken auf. Sie fand es immer wieder beängstigend, wie groß der Unterschied zwischen den beiden Stimmlagen, die ihr Cousin beherrschte, eigentlich war. Fast so, als wäre er wirklich Megumi und Yuki in einer Person... eine Art... „YuMi“.
„Bringen wir es hinter uns.“
Seine Stimme vibrierte ein wenig vor Furcht und Sayuri musste lächeln, allerdings nur so lange, bis sie ihren Kopf hob und ihn anschaute.
„Was hast du...?“, fragte sie ihr Cousin zögerlich, als er ihren entgeisterten Blick sah, doch Sayuri fing sich sofort wieder. „Es ist nichts...“, murmelte sie leise, doch in ihren Augen konnte Yuki etwas erkennen, was ihn nervös machte.
„Ich rufe deine Mutter...“
Yuki setzte sich auf den Platz, auf dem seine Cousine zuvor gesessen hatte und prüfte noch einmal kurz den Sitz der Haarspange. Aus der Küche konnte er Sayuri's Stimme hören, wie sie seiner Mutter erzählte, dass „Megumi“ sich neue Sachen gekauft hätte und ob sie diese nicht einmal anschauen wollte. Die Antwort seiner Mutter war, dass sie gerade nicht weg konnte, weil das Essen auf dem Ofen stand, aber in zwei Minuten Zeit hätte, weil es dann nur noch auf niedriger Stufe vor sich hin köcheln müsste.
Er hatte also noch zwei Minuten Gnadenfrist und darum kam Sayuri auch alleine zurück und setzte sich seufzend ihm gegenüber. Eine bedrückende Stille entstand, in der die einzigen Geräusche das Werkeln seiner Mutter in der Küche waren. Die Spannung brachte ihn fast um, aber er traute sich heute einfach nicht seiner Mutter selbst unter die Augen zu treten... Schließlich wurde es ganz still... Und dann ging die Küchentür auf und seine Mutter betrat das Zimmer, in der gleichen Bewegung eine Zigarette anzündend. Für einen Moment war sie beschäftigt und achtete gar nicht auf die beiden Jugendlichen, die sie beide mit erwartungsvollen Augen – aber auch voller Furcht – ansahen.
„Gut... ich bin dann so weit.“, sagte sie schließlich mit ihrer leicht rauchigen Stimme und hob den Kopf.
Yuki war inzwischen aufgestanden und stand nun vor seiner Mutter. Er hatte das Gefühl, dass er Wackelpudding in den Knien hatte, obwohl er immer wieder zu sich selbst sagte, dass es nichts anderes war, als das, was er fast jeden einzelnen Tag seit Megumi's Tod getan hatte. Nur eben mit dem Kleid, der Schuluniform und zuletzt auch dem Bikini!
Er atmete einmal tief ein, lächelte dann und drehte sich um die eigene Achse, bevor er in seiner perfektesten Megumi-Stimmlage zu seiner Mutter sprach.
„Schau mal, Mama! Das hab ich mir heute gekauft!“
Er hatte alles perfekt gemacht. Die Stimmlage war perfekt getroffen, die Bewegung war perfekt imitiert und die Schmuckstücke halfen bei der Illusion... Trotz allem lag nach seinem Satz eine seltsame Stille im Raum. Niemand sagte etwas, Sayuri hatte sogar die Luft angehalten. Es geschah einfach nichts... seine Mutter sagte nichts, sie starrte ihn nur an. Es war aber auch nicht so, dass sie erschrocken war. Sie stand für endlose Sekunden einfach nur da.
„Sayuri...“, sagte sie schließlich an seine Cousine gewandt. „Ja, Tante...?“
„Könntest du bitte in Yuki's Zimmer gehen?“
Sayuri zögerte für einen Moment und deutete dann nach oben, wo Yuki's Zimmer lag.
„Äh... soll ich... ihn dazu holen?“
„Nein, du sollst dort nur bleiben.“
Als er das hörte gefror Yuki's Blut in seinen Adern und obwohl er die neue Jacke trug, war ihm auf einmal eiskalt.
„Ich... verstehe.“
Sayuri trollte sich gebückt. Yuki sah sie dabei nicht an, er wusste nicht, ob sie geschockt war oder schadenfroh lächelte. Sein Blick auf seine Mutter fixiert.
„Setz dich besser... Yuki.“
Dieses eine kleine Wort am Ende...
Dieses eine kleine Wort, war wie eine Atombombe, die seine gesamte Welt zerstörte. In diesem Moment, als er seinen Namen hörte... seinen Namen, während er in diesen Sachen in diesem Raum stand, starb seine Welt, verwitterte wie das Blatt eines Baumes, wenn der Herbst kam. Als hätte jemand die Realität wie einen Spiegel

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