Die Geisterseherin (German Edition)
das Mikrofon, welches Miu für ihren kleinen Teil in Beschlag genommen hatte, wieder entgegen. „Könntet ihr alle für einen Moment leise sein?“, bat sie die Menge und nach kurzer Zeit verstummten die Leute tatsächlich. Die Ankündigung, dass sie die erste Person war, die immun gegen ein Virus war, dass seit 20 Jahren täglich neue Opfer forderte, hatte ihr unter den Anwesenden eine Menge Respekt eingebracht. „Ich weiß, dass ihr jetzt alle feiern wollt, aber es gibt da etwas, dass wir vorher regeln sollten. Sicherlich ist jeder von euch daran interessiert, woher das Virus kam und wer es auf uns losgelassen hat.“ Eine einzelne Stimme rief „Amerika!“ in die Menge und Mikoto begann zu lachen.
„Nein, meine Freunde. Das Virus ist viel älter, als Amerika es je sein wird. Aber um das zu verstehen, müsst ihr verstehen, wie unsere Welt funktioniert. Einige von euch dachten sicherlich schon immer, dass wir nicht alleine sind...“
Sie wartete einen Moment und ließ die Atmosphäre auf sich wirken, die sich dadurch gebildet hatte.
„Mikoto, du willst doch nicht etwa...“
„Fast, Miu... fast.“
Sie lachte erneut und wandte sich an die Menschen vor ihr, die inzwischen durch einige Passanten weitaus größer geworden war, was kein Wunder war, denn der Strand lag nur wenige Meter entfernt. „Der Grund, warum wir diesen Virus zwanzig lange Jahre ertragen mussten, steht direkt unter uns!“
Sie deutete mit dem Finger auf die Herrin der Zeit und sämtliche Augen richteten sich auf die sichtlich verwundert zur Bühne blickende Frau.
„Nur dank dieser Frau, einer Frau mit dem Namen Q'nqüra, sind wir heute in dieser Situation!“
„Das ist eine Lüge!“
In diesem Moment betrat Q'nqüra die Bühne und griff nach dem Mikrofon, gleichzeitig brach ein ganzes Bataillon an Polizisten hinter der Bühne hervor und umstellte eben jene, an vorderster Front der ExKollege von Kouhei Kinoshita, Kenichi Honda.
„Was...?“
Überrascht blickte sich Q'nqüra, die nichts von diesen Menschen gewusst hatte, um.
„Bist du überrascht, Q'nqüra? Haben dir deine Fähigkeiten nicht gezeigt, dass dies eine Falle war, um dich auszuschalten? Kann es nicht sein...“
Mikoto wandte sich wieder der Menge an Menschen zu, während die Polizisten Q'nqüra umzingelten.
„Ja, ich frage euch... Diese Frau hält sich für eine Göttin, für jemanden, der über das Schicksal von uns allen richten kann und auch darf! Aber kann es nicht sein, dass wir Menschen alleine leben können? Wir haben unsere Gesellschaften, wir wählen demokratisch und doch sollen wir von Leuten regiert werden, die sich nur wegen ihrer Abstammung als unsere Herren sehen?! Ich frage euch, ist dies die Art, wie ihr leben wollt!?“
Handschellen klickten und im gleichen Moment bestätigten die Zuschauer Mikoto's Frage lautstark.
„Erinnert ihr euch noch an den Privatsphäre-Skandal aus Amerika, vor über 20 Jahren? Diese Frau hier, die meine Worte als Lügen beschimpft, hat genau dies im großen Stil betrieben, um die Kontrolle über uns alle zu behalten! Sie sah es, wenn ihr geschlafen habt, wenn ihr mit euren Kindern gespielt habt... und auch, wenn ihr eure Frauen und Männer geliebt habt!“
Einige wütende Rufe kamen aus der Menge, die Menschen waren inzwischen mitgerissen worden von Mikoto's Worten. Vielleicht lag es daran, dass sie 20 Jahre lang keine Hoffnung hatten, so dass sie die doch wahnwitzig klingende Wahrheit sofort schluckten. Ja, sie waren gierig darauf einen Schuldigen in die Finger zu bekommen, denen sie das Elend der letzten Jahre um die Ohren schlagen konnten. Und Q'nqüra war für sie jetzt diese Schuldige.
„Idioten!“, rief die Herrin der Zeit aus. „Ihr wisst gar nicht, was ihr da tut, mit wem ihr euch hier anlegt! Ich kann jeden einzelnen von euch mit einem einzigen Wimpernschlag ausschalten!“
„Jetzt nicht mehr...“, antwortete ihr Mikoto und schnippte ein einzelnes Mal mit den Fingern.
Ein gewaltiger Knall erschütterte die Umgebung und die Familienpension Minshuku Okinawa Jikan, jener Ort, an dem Q'nqüra ihre Zeitenbücher untergebracht hatte, ging in Flammen auf. Mehrere weitere Explosionen erschütterten die Pension und innerhalb weniger Sekunden bestand das gesamte Gebäude nur noch aus brennenden Trümmern. Der Platz vor der Konferenz war unruhig geworden, die Menschen blickten ängstlich zwischen den lodernden Flammen und der Bühne hin und her. Nur eines war durchweg der Fall... Dieses Mal hatte Mikoto alle sprachlos gemacht,
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