Die Geisterseherin (German Edition)
Begründung eines psychischen Kollaps. Der Krankenwagen kam auch nur einige Minuten später, das Krankenhaus war ja auch nicht sehr weit entfernt. Mikoto blieb solange bei Shinji, bis der Krankenwagen eintraf, aber dann musste sie wirklich los. Yuki war inzwischen auch fertig mit seinem Frühstück und kam gerade aus der Wohnung heraus, als man Shinji davonfuhr. Er war ziemlich überrascht, als er den Krankenwagen sah, doch so wirklich konnte Mikoto ihm die Situation auch nicht erklären. Sie wusste nur, dass der Geist fort war... War er hinüber gegangen? Shinji sagte, dass sie geholt wurde. Davon hatte Mikoto noch nie etwas gehört. Geister gingen freiwillig oder gar nicht hinüber. Es gab kein „Abholen“. Außerdem... woher wusste er, dass der Geist fort war? Er sah doch gar keine Geister.
Jedenfalls würde er im Krankenhaus nicht alleine sein, da sollte es auffallen, wenn jemand ihn „abholen“ kommen sollte, auch wenn Mikoto das meiste seines Geplappers eher für eine Art Wahnsinn hielt. Vielleicht Nachwirkungen von... was immer ihm auch vor zwei Tagen zugestoßen war.
Wie sollte sie auch Folgen richtig deuten, wenn sie nicht einmal wusste, was ihm passiert war. Und jetzt hatte sie ihn nicht einmal fragen können, ob er sich an etwas erinnerte.
Was vor dem Mord geschah...
Steve würde diese Entwicklung nicht gefallen.
Yuki lief schweigend neben der grübelnden Mikoto her. Er seufzte, da er ihr weder helfen noch sein eigenes Leben so richtig auf die Reihe bringen konnte. Die Ankunft seiner Cousine an diesem Morgen hatte eben diesen für ihn auch noch einmal durcheinander gewirbelt. Was für ein Morgen, dass dachten sich beide, als sie endlich in der Schule ankamen.
Yuki's Cousine Sayuri kam an diesem Tag natürlich noch nicht in die Schule, sie sollte ja eigentlich auch erst am Nachmittag eintreffen. Yuki erzählte Mikoto in der ersten Pause, dass Sayuri, ohne irgendjemanden etwas zu sagen, am Vorabend einfach früher gefahren war. Ihr Vater, also der Onkel von Yuki, sollte sie eigentlich ja fahren, doch dann hatte Sayuri unangekündigt einen Nachtzug genommen. Wie es schien war Sayuri alles andere als eine liebe, immer folgsame, Tochter.
Und, wie Mikoto in einer der kleineren Pausen, von Yuki erfuhr, war dies auch der Grund, warum sie nach Ichihara geschickt worden war. Ihre Eltern hielten ihren Freundeskreis für den Auslöser ihres oft schlechten Benehmens und hatten sie darum als Strafe „in die Provinz“ schicken wollen. Ichihara war zwar noch immer sehr groß, aber gegenüber Kyoto, wo sie herkam, war die Stadt natürlich klein. Aber ob die ganze Aktion etwas brachte? Mikoto war sich da nicht so sicher und hielt die Eskapaden der etwas jüngeren Sayuri nur für Trotzverhalten einer Teenagerin.
Die Klingel kündigte das Ende der letzten Vormittagspause an, nur noch eine Schulstunde bis der Nachmittagsunterricht begann, Sport und vermutlich würde die Klasse wieder Schwimmen gehen, so wie in der letzten Woche. Steve war bereits nach den ersten beiden Stunden abgetaucht und nicht mehr auffindbar, darum kam Mikoto auch gar nicht dazu ihm die Sache mit Shinji zu erzählen, aber sie hatte auch nicht wirklich Lust darauf sich von ihm wieder anhören zu müssen, dass „sie versagt hätte“.
Neben ihr sackte Yuki über seinen Büchern zusammen und Mikoto konnte ihn leise jammern hören.
„Kopf hoch.“, munterte sie ihn auf.
Sie versuchte zu lächeln, doch Yuki's Laune hob sich dadurch nicht. Erst, als sie einen Blick auf ihren Stundenplan warf, konnte sie sehen, woran das lag.
Die letzte Stunde vor dem Sportunterricht war Gemeinschaftskunde... bei Herrn Momonari... in der letzten Woche war diese Stunde Vertretungsunterricht gewesen, darum war Mikoto auch gar nicht auf die Idee gekommen, dass sie Herrn Momonari an diesem Tag noch haben würden.
Daher fiel ihr erst jetzt auf, dass sie ihn drei Stunden in der Woche hatte. Drei lange Stunden musste sie sich seinen Hass anhören. Der arme Yuki bekam natürlich am meisten davon ab... da wäre sie auch so niedergeschlagen.
Und jetzt, wo sie wusste, dass er nicht sauber war und dass er irgendwie in die Geistersache verstrickt war, mochte sie ihn noch weniger als zuvor.
Es war ja nicht so, dass sie ihn überhaupt jemals hatte leiden können... „Setzen, allerseits!“, schrie die unangenehme Stimme des Lehrers in den Raum, kaum, dass er die Tür öffnete.
„Ich habe einige Ankündigungen zu machen!“, erklärte er dann mit einem seltsamen Lachen im
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