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Die Geliebte des Malers

Die Geliebte des Malers

Titel: Die Geliebte des Malers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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Seite des Raumes.
    »Das erste Bild von dir, das ich je gesehen habe, war eine irische Landschaft.« Cassidy stand mit dem Rücken zu ihm und versuchte ihren Ton leicht zu halten. »Es war ein kleines Gemälde, eine wunderschöne Arbeit im Abendlicht. Ich fand es so schön, weil es mir half, mir meine Mutter vorzustellen. Ist das nicht seltsam?« Sie drehte sich zu ihm um, weil der Gedanke ihre Stimmung verdüsterte. »Ich habe Fotos von ihr, aber dieses Gemälde machte sie irgendwie real für mich. Dabei scheint sie mir so selten real.« Sie lächelte traurig, dann nahm sie sich zusammen. »Leben deine Eltern noch, Colin?«
    Er sah sie einen Augenblick stumm an, bevor er wieder mit der Arbeit an seinem Pinsel fortfuhr. »Ja«, antwortete er. »In Irland.«
    »Sicher vermissen sie dich.«
    »Möglich. Sie haben noch sechs andere Kinder. Da werden sie kaum Zeit haben, um sich einsam zu fühlen.«
    »Sieben Kinder!«, rief Cassidy aus. Sie lachte leise auf. »Deine Mutter muss eine bemerkenswerte Frau sein.«
    Grinsend sah Colin zu ihr hin. »Sie hat immer einen Riemen gehabt, mit dem sie drei von uns auf einmal erwischen konnte.«
    »Zweifelsohne hattet ihr es verdient.«
    »Zweifelsohne«, stimmte er zu, während er die gereinigten Pinselhaare prüfte. »Allerdings habe ich mir oft gewünscht, sie wäre nicht so treffsicher gewesen.«
    »Mein Vater hat mir immer endlose Gardinenpredigten gehalten«, erinnerte sich Cassidy. »Ich habe mir oft gewünscht, er hätte mir einfach eine Ohrfeige verpasst, dann wäre es schneller vorbei gewesen. Endlose Vorhaltungen sind viel schlimmer als ein kurzer Schmerz … glaube ich zumindest.«
    »Wie Professor Eastermans Vorlesungen in Berkeley?«, fragte Colin grinsend.
    Cassidy blinzelte verdutzt. »Woher weißt du von ihm?«
    »Du selbst hast es mir erzählt, Cass. Ich glaube, das war letzte Woche. Oder in der Woche davor.«
    »Ich hätte nicht gedacht, dass du überhaupt zuhörst«, murmelte sie. Sie versuchte sich zu erinnern, was sie alles ausgeplaudert hatte, seit sie mit den Sitzungen begonnen hatten, und konnte es nicht. Verlegen kaute sie an ihrer Unterlippe. »Ich weiß nicht einmal mehr die Hälfte von dem, was ich von mir gegeben habe.«
    »Macht nichts, dafür erinnere ich mich ja umso besser.« Er wischte sich die Hände an dem Tuch ab und wandte sich grinsend zu ihr um. Cassidy runzelte unangenehm berührt die Stirn. »Da stehen schon wieder diese Falten auf deiner Stirn, Cass.« Er lächelte, als sie ihre Züge glättete. »Nun, meinetwegen hast du den Lunch verpasst, und das kommt einem Verbrechen gleich, wo du doch schon so schmal bist, dass du unter der Tür hindurchpassen könntest. Willst du eine Magenverstimmung riskieren, wenn ich dir etwas von dem anbiete, was in der Küche vorhanden ist, oder begnügst du dich mit einem Kaffee?«
    »Ich denke, ich werde deine beiden großzügigen Einladungen ausschlagen.« Sie drehte sich um und ging auf den Umkleideraum zu. »Ich versuche mein Glück lieber zu Hause. Ich habe nämlich einen Nachbarn, der alte Donuts hamstert.«
    Cassidy schloss die Tür hinter sich und lächelte. Das war doch gar nicht so schlecht gewesen, oder? sagte sie zu ihrem Spiegelbild. Nur ein- oder zweimal waren sie auf gefährliches Gebiet abgeglitten. Und jetzt, da das Schlimmste vorbei war, müssten die wenigen restlichen Sitzungen hoffentlich ein Leichtes werden.
    Zufrieden vor sich hin summend, streifte sie sich das Seidenkleid von den Schultern, ließ es an sich herabgleiten und hielt es schließlich vor sich, um es auszuschütteln. Als die Tür aufging, wurde aus ihrem Summen ein kreischender Aufschrei. Hastig riss sie das Kleid an sich und hielt es verkrampft mit beiden Händen an ihre nackte Haut gepresst.
    »Wie sieht es mit einem Abendessen aus?« Colin lehnte sich lässig an den Rahmen der offenen Tür.
    » Colin!«
    »Ja?«, fragte er liebenswürdig.
    »Colin, verschwinde. Ich bin nicht angezogen.« Sie presste das Kleid an sich und hoffte, dass sie damit wenigstens einigermaßen ihre Blöße bedeckte.
    »Ja, das sehe ich. Aber das beantwortet nicht meine Frage.«
    Cassidy stieß einen unverständlichen Laut aus und schluckte. »Welche Frage?«
    »Wie es mit Dinner aussieht«, wiederholte er. Sein Blick glitt über ihre bloßen Schultern.
    »Wie soll es mit Dinner aussehen?«, hakte sie verständnislos nach.
    »Vertrocknete Donuts sind kein Abendessen, Cass. Das kann unmöglich gesund sein.« Über ihr ungläubiges Gesicht musste er

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