Die Geliebte des Sonnenkönigs (German Edition)
schämen.”
Dabei wandte sie ihr hübsches kokettes Gesicht in die Runde, ob niemand ihrer Rede applaudiere. Als alles stumm blieb, lächelte sie verschmitzt. Gleichwohl, Athenais von Montespan war schlau genug, um zu wissen, dass wenn auch nicht heute, so doch morgen oder übermorgen ihre Rede den Eindruck machen würde, den sie damit bezweckte.
Am nächsten Morgen wurde von Guise aus die Fahrt nach Avesnes unternommen. Die Königin, die trotz aller Selbstbeherrschung ihrer Stimmung nicht Herr zu werden vermochte, hatte den Befehl gegeben, dass niemand vor ihr die Fahrt anträte. Der Wagen der Herzogin von La Vallière fuhr in der Reihe der Equipagen, welche der Königin folgten.
Louises Herz schlug in ungeduldiger Freude. Sie hätte Flügel haben mögen, um dem Geliebten zuerst in das schöne, siegreiche Antlitz zu sehen. Die kalte, abweisende Haltung der Königin war spurlos an ihr vorübergegangen. Sie hatte nur einen Gedanken — ihn — ihn — ihn!
Louise hatte die Scheiben ihres Wagens weit geöffnet und blickte in die Landschaft hinaus. Überall glaubte sie Spuren seines Wesens zu finden. Hier, wo die Hufe tief in den weichen Acker drangen, mochte er mit seiner Suite geritten sein. Dort, auf dem malerischen Abhang über dem kleinen Teich, mochte er van der Meuten zu einem Schlachtgemälde angeregt haben, droben auf dem Bergrücken mochten seine Siegesfahnen geflattert haben!
Weiter beugte sie sich vor. Wie ein Blitzen und Funkeln kam es von dem Bergrücken drüben zu ihr herüber. Schärfer blickte sie hin. Ein Jubelruf entrang sich ihrer Brust. Sie täuschte sich nicht. Dort oben hielt der König mit seiner Suite und blickte dem sich nahenden Wagenzug entgegen.
Da hielt es sie nicht länger. Alle Vernunft, alle Vorsicht waren vergessen. Koste es, was es wolle, sie musste die Erste an des Königs Seite sein. Sie rief dem Kutscher zu, von der großen Straße abzubiegen und einen Seitenweg durch die Äcker und steiniges Brachland zu nehmen.
„Lassen Sie die Pferde laufen, Pierre, gleichviel, was geschieht.”
In einem rasenden Tempo ging es dahin. Der Wagen versank in tiefe Löcher, sprang über Steine, fuhr sich im Acker fest, trotzdem, sie kamen vorwärts. Wie im Flug überholten sie den Zug der Königin. Nur ein kleines Restchen des Weges lag noch vor ihnen, aber es schien Louise unendlich zu sein, denn es trennte sie noch von ihm!
Endlich war auch dies letzte Hindernis überwunden. Der Wagen machte in der Nähe des Königs Halt.
Louis hielt jetzt unterhalb des Bergrückens, um der Königin entgegenzureiten. Jetzt erkannte er den Wagen und die Livree der Herzogin. Er setzte seinen Schimmel in Galopp.
Louise stieß einen jubelnden Freudenruf aus. Sie musste an sich halten, die Arme nicht gegen ihn auszubreiten. Da parierte der König sein Pferd dicht vor dem Schlage ihres Wagens. Louise wurde bleich vor Schreck. Nicht die erwartete Freude, nein, finsterer Zorn stand in des Königs schönem Antlitz.
„Wie, Madame —”, rief er scharf und heftig. „Vor der Königin!”
Louise saß da wie erstarrt. Wie ein Peitschenhieb hatte des Königs Wort sie getroffen. Zerbrochen sank sie zwischen die Polster des Wagens.
Da reute ihn das rasche Wort. Er beugte sich zu ihr nieder und küsste ihre Hand, die kalt und schwer wie eine Totenhand in der seinen lag. Er stammelte ein paar Worte der Entschuldigung. Dann verließ er sie und ritt dem Wagen der Königin entgegen, in dem Marie Thérèse gegenüber Athenais von Montespan saß.
Der Eroberungszug nach Flandern hatte ein durchaus anderes Gesicht angenommen, als Louis XIV. es in trüben Stunden sich vorgestellt hatte. Der Krieg war weder lang noch heftig, auch brachte er keine Gefahren für die Person des Königs, wie Louis sie während der Fasten in Paris beinahe als unausbleiblich vor Augen gesehen hatte. Bereits am 10. September kehrte er nach leichten Siegen nach Saint-Germain zurück, wo die Königin mit dem Hof ihn erwartete.
Trotzdem mehr als zwei Frauenherzen ihm in Saint-Germain entgegenschlugen, kam der König nicht strahlend, nicht in Siegeslaune. Er war der junge Heißsporn nicht mehr, der über Frauenliebe die Welt vergessen konnte.
In seinem Kopf gärten neue politische und kriegerische Pläne. Er wollte Condé bald für einen neuen Feldzug bereit sehen, und alle Schwierigkeiten, die Colbert ihm in seiner Eigenschaft als Oberfinanzverwalter bereitete, behoben wissen.
Louise hatte lange mit sich gekämpft, ob sie dem Ruf nach
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