Die Geliebte des Zeitreisenden
Schwert entgegen. Lucan sprang zurück - jedoch zu langsam. Er trug eine Schnittwunde am Bauch davon. Diese ungefährliche Verletzung war ein geringer Preis für die Erkenntnis, dass dieser Mann sehr geschickt war. Ein Anfänger stach zu, aber ein Meister schlitzte und schnitt.
Lucan würde bald in Stücke geschnitten werden, wenn er keine Waffe fand, die lang und stark genug war, diese tödliche Klinge abzuwehren. Er duckte sich unter dem Angriff des Kämpfers hinweg und warf ihm ein zerborstenes Regal vor die Knie. Der Mann ächzte vor Schmerz auf, verlor die Balance und trat einen Schritt zurück.
Lucan fehlte der Raum zum Kämpfen. Schon stand er mit dem Rücken zur Wand.
Als ob Cael seine Gedanken lesen könnte, sagte sie mit rauer Stimme: »Rohr.«
Er folgte ihrem wilden Blick zu einer Wandheizung und dem Leitungsrohr darunter, das fast gänzlich hinter einer dekorativen Leiste verborgen lag.
Der Kämpfer schwang erneut sein Schwert. Lucan wich ihm aus, sprang und flog über die Seite eines umgestürzten Sofas. Er landete an der Wand und riss das Rohr aus der Heizung.
Genau in diesem Augenblick griff der Mann an. Das Schwert schoss auf Lucans Hals zu. Lucan hob das Rohr, lenkte den Schlag ab, ruckte zur Seite und sprang wieder auf die Beine.
Das Rohr bestand aus Leichtmetall, vermutlich aus einer Aluminiumlegierung. Keineswegs war es fest genug, um einem direkten Schwertschlag standhalten zu können. Aber eine andere Waffe besaß er nun einmal nicht.
Mit einem Glitzern in den Augen hastete der Gegner auf ihn zu - und holte aus. Lucan wich nach rechts aus. Er schlug wieder zu. Lucan sprang nach links.
Lucan musste auf den richtigen Moment warten. Seinem Feind stand die bessere Waffe zur Verfügung. Und damit war er im Vorteil.
Warte.
Lucan würde nur eine einzige Möglichkeit bekommen.
Warte.
Schweiß perlte ihm in die Augen.
Warte.
Als sein Gegner über eine Lampe stolperte, griff Lucan an und schwang das Rohr. Der Mann fand das Gleichgewicht sofort wieder und zerhieb das Rohr in zwei Teile.
Mit leichtfüßigen Bewegungen, nun in jeder Hand ein Teil des Rohrs, balancierte Lucan auf den Fußballen.
Achte auf seine Augen.
Er erwartete, dass der Mann zunächst eine Finte machte und dann erst angriff. Doch der Schwertkämpfer zog sich zurück und schwang seine Waffe.
Auf Caels Hals zu.
Vor Entsetzen riss sie die Augen weit auf und versuchte ihm auszuweichen... doch die Kette hielt sie fest. So war sie kaum zu einer Bewegung fähig. Ein Hieb, und sie wäre tot.
Lucans Wut pumpte Adrenalin in seinen Körper. Er war doch zu langsam gewesen. Er hatte zu lange gewartet. Nun blieb ihm bloß ein einziger Augenblick. Doch selbst wenn seine Muskeln nicht vor Müdigkeit gezittert hätten, er hätte die Entfernung zwischen sich und Cael niemals rechtzeitig zurücklegen können.
Wie aus dem Nichts schoss dann plötzlich Merlin auf den Schwertkämpfer zu und bohrte seine Krallen in das Gesicht des Mannes. Dieser schrie vor Schmerzen auf, wich von Cael zurück und legte die Hände schützend vor die Augen.
Lucan schleuderte das Rohr wie einen Speer auf den Mann zu. Es flog durch die Luft und zielte genau auf die Brust des Mannes.
Im letzten Augenblick bemerkte dieser die herannahende Gefahr und drehte sich zur Seite. Statt auf seine Brust zu treffen, erwischte ihn das Rohr darum an der Schulter. Mit einem Schmerzensschrei ließ er sein Schwert fallen, das über den Boden rutschte und sich nun außerhalb seiner Reichweite befand.
Lucan stürmte auf seinen Gegner zu, Merlin flog auf einen hohen Fenstersims.
Der Mann schwang die Fäuste nach Lucan und traf ihn am Kinn. Lucan schüttelte sich, packte die Knie des Mannes und warf ihn zu Boden. Dann kletterte Lucan auf ihn und hämmerte mit seinen Fäusten auf das Gesicht des Gegners ein.
Dieser wand sich, drehte sich um und kehrte Lucan den Rücken zu. Das jedoch war ein tödlicher Irrtum. Lucan brach ihm das Genick, und dabei öffnete sich der Verschluss von Caels Halsband. Es fiel in Lucans Hand.
Mit einer letzten Anstrengung warf Lucan den Leichnam beiseite. Er kämpfte sich auf die Beine und taumelte auf Caels schlaffen Körper zu. Er befürchtete sofort das Schlimmste.
O Gott! Sie schien nicht mehr zu atmen.
Krank vor Schrecken und voller Angst, die Kette könnte ihr die Atemluft zu lange abgeschnitten haben, bemühte er sich, sie zu befreien. Ihr Blut klebte überall auf den Kettengliedern und ließ die Aufgabe zu einem glitschigen Albtraum werden.
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