Die Gewürzhändlerin
fuhr wütend zu ihm herum und blickte gleichzeitig erschrocken und abwehrend auf seine Hand.
Rasch ließ er sie los. «Wo bitte wollt Ihr hin?», fragte er.
«Nach Hause! Wohin sonst?», schnappte sie.
Martin schüttelte den Kopf. «Ihr geht nirgendwohin, Luzia. Nicht alleine jedenfalls. Ich habe Euren Bruder mit einer Nachricht in mein Haus geschickt. Bis er wieder hier ist, werdet Ihr warten.»
«So, werde ich das?»
«Ich lasse Euch nicht allein durch eine Stadt voller fremder Marktbesucher und Gesindel laufen.»
Luzia sah ein, dass er recht hatte, verschränkte aber dennoch die Arme vor dem Leib und erwiderte seinen Blick finster. «Und ich lasse mich nicht für etwas schimpfen, das überhaupt nicht mein Fehler ist.»
Erneut fuhr sich Martin durchs Haar, dann seufzte er. «Ihr habt recht, Luzia.»
«Ach ja?» Ihre Miene hellte sich eine Spur auf.
«Beim nächsten Mal werde ich Euch genauere Instruktionen geben.»
Luzia erstarrte. «Beim nächsten Mal?»
«Ja. Nein. Ich meine …» Martin schüttelte über sich selbst den Kopf. Der Gedanke, der ihm gerade gekommen war, erschien ihm verrückt. Andererseits war es einen Versuch wert. Viel zu verlieren hatte er nicht. «Ich brauche einen Gehilfen, Luzia», sagte er, nun wieder in seinem freundlichen, aalglatten Ton und mit einem einnehmenden Lächeln auf den Lippen, das Luzia misstrauisch die Augenbrauen hochziehen ließ. «Oder auch eine Gehilfin.»
«Habt Ihr den Verstand verloren?» Luzia rang nach Atem. Die Worte waren ihr herausgerutscht, noch bevor sie hatte nachdenken können. Nun ließen sie sich nicht mehr zurücknehmen.
Martin hob lediglich die Schultern. «Möglich. Möglich aber auch, dass ich einfach eine Gelegenheit ergreife, wenn sie sich mir bietet. Ihr scheint ein erstaunliches Talent zu besitzen, Luzia. Warum sollte ich mir das nicht zunutze machen wollen?»
Luzia schnaubte leise. «Nun, zunächst einmal weil es absurd ist. Außerdem wird Frau Elisabeth ihre Erlaubnis dazu auf gar keinen Fall geben. Ich bin ihre Leibmagd und …»
«Wenn es nur daran liegen sollte, werde ich gerne mit ihr reden», unterbrach Martin sie. «Es soll ja erst einmal nur für die Zeit des Jahrmarktes sein.»
«Wie bitte?»
«Glaubt mir, ich kann sehr überzeugend sein, wenn es um wichtige Geschäfte geht.»
«Was soll das heißen – erst einmal?»
«Aber zunächst sollten wir klären, ob Ihr überhaupt Interesse daran habt, mir zu helfen.» Die letzten Worte betonte er besonders und ließ ihnen ein bedeutungsvolles Lächeln folgen, das seine Wirkung nicht verfehlte.
Sogleich griff Luzia wieder an die Stelle, an der sie das Kruzifix trug. Sie wurde blass. «Wollt Ihr mich erpressen?»
Ihr harscher Ton ließ ihn die Stirn runzeln. «Wie kommt Ihr denn darauf?»
«Das wisst Ihr genau, Herr Wied. Aber nur weil ich das Kreuz und die Kette …»
«Ich bitte Euch lediglich um Eure Hilfe während des Jahrmarktes, Luzia. Sagt mir, woher ich auf die Schnelle einen Gehilfen nehmen soll, der es mit Euren Fähigkeiten im Rechnen aufnehmen kann, und ich stelle ihn sogleich ein und lasse Euch in Frieden.» Herausfordernd fixierte er sie.
Luzia schluckte und dachte über seine Worte nach. «Für die Zeit des Jahrmarktes?»
Martin nickte. «Drei Wochen. Keinen Tag länger.»
«Hier am Verkaufsstand.»
«Oder auch in meinem Lager», antwortete er, vermied es diesmal jedoch zu lächeln. «Ich habe eine große Menge Würzwaren und andere Spezereien von meiner Reise mitgebracht, die alle noch sortiert, geordnet und in meinem Warenverzeichnis erfasst werden müssen.»
Luzia knabberte an ihrer Unterlippe. «Frau Elisabeth wird es nicht erlauben.»
«Ist das Euer einziger Einwand?»
«Also, ich …»
«Dann ist es abgemacht.» Nun lächelte Martin doch wieder. «Ich werde Eure Herrin noch heute Abend aufsuchen und mit ihr sprechen. Wenn Ihr nichts anderes von mir hört, erwarte ich Euch morgen früh zu Marktbeginn hier.» Bevor sie etwas antworten konnte, bemerkte sie, wie Martins Blick über ihre Schulter in die Ferne wanderte, dann winkte er jemandem. Überrascht drehte sie sich um und erblickte Anton, der gerade zwischen den anderen Marktständen aufgetaucht war und auf sie zustrebte.
«Da bist du ja», begrüßte Martin ihn, als sei auch Anton bereits in seinem Dienst. «Das ging ja schnell. War mein Bruder schon wieder da?»
«Nein, Herr. Aber Eure Frau Mutter. Ich habe ihr ausgerichtet, was Ihr mir aufgetragen habt.»
«Das ist gut.» Martin nickte
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