Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Gilden von Morenia 01 - Die Lehrjahre der Glasmalerin

Titel: Die Gilden von Morenia 01 - Die Lehrjahre der Glasmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mindy L. Klasky
Vom Netzwerk:
Mädchen warf einen nervösen Blick auf die Schar und zog schüchtern den Kopf ein. »Wir sammeln uns zur dritten Stunde nach Mittag, Mair.«
    »Brice, Felt, wohin geht ihr, so schnell ihr könnt?« Mair pickte sich zwei der kleineren Kinder heraus, schmutzige Zwillinge, die während des gestrigen Durchstöberns des Adligenviertels ein hervorragendes Team abgegeben hatten.
    »Wir laufen zur Core der Unberührbaren und sagen allen, dass wir erledigt, aber heil sind«, antwortete Brice sofort, sein sommersprossiges Gesicht blieb dabei ernst, als betrachte er im Geiste eine Karte der wirren Straßen der Stadt.
    Mair nickte. »Und heute Nacht? Wenn wir wieder innerhalb der Mauern sind?«
    Felt antwortete, seine schmutzige Stirn in Gedanken tief gefurcht. »Wir werden euch finden und über jedes Wort der Core berichten. Wir werden ‘ne Stunde, nachdem die Pilgerglocke zu läuten anfängt, aufm Marktplatz nach euch suchen, und danach jede Stunde.«
    »In Ordnung, dann los! Viel Glück euch allen. Haltet die Augen offen und die Ohren frei.« Mair streckte eine schmutzige Hand aus und hielt sie in die Mitte des Halbkreises von Kindern. Innerhalb von Sekunden hatte jedes Mitglied der Schar seine Hand daraufgelegt. Rai zögerte nur kurz, bevor sie auch ihre zwischen die ihrer Gefährten gleiten ließ. Aufregung ließ ihre Finger zittern und überzog ihre feste Haut wie das Knistern statischer Elektrizität. »Auf die Unberührbaren!«, rief Mair.
    »Auf die Unberührbaren!«, echoten die Kinder, und eines oder zwei fügten mit piepsenden Stimmen hinzu: »Auf Mair!«
    Bevor die Anführerin auf die Ehrenbezeigung antworten konnte, wurde das Stampfen von Soldatenfüßen so laut wie ein Gewitter, und eine Phalanx bewaffneter Wachen umrundete die Ecke. Die Männer gingen in Viererreihen voran, wobei die Soldaten in der ersten Reihe stolz schwere Schilde aus geöltem Leder trugen. Alle Männer hatten grimmige Masken aufgesetzt, aus gehärtetem Leder und Holz geschnitzt. Rani erkannte Sorn, den Gott des Gehorsams, und Tarn, den Gott des Todes. Da war auch Cot, der Gott der Soldaten, und eine kriegerische Darstellung von Pelt, dem Gott der Ordnung.
    Während die Soldaten voranstapften, pulsierte Panik durch Ranis Körper. Sobald die bewaffnete Kompanie die Unberührbaren sah, brachen ihre Ränge auf, und jeder Mann kreiste mit zwei oder drei seiner Kameraden ein entsetztes Kind ein. Die Unberührbaren wurden wie eine Herde panischer Schafe durch die Straßen getrieben. Jegliche Ausbruchsversuche wurden brutal unterbunden.
    Als Rani ihre Kameraden ringen sah, traf sie die volle Bedeutung von Mairs Warnung.
    Die Soldaten trieben die Kinder tatsächlich aus der Stadt, bestraften sie dafür, dass sie es wagten zu betteln, dass sie es wagten, außerhalb des Kastensystems zu leben. Es war kaum wichtig, ob die Kinder ihren Aufenthalt außerhalb der Stadtmauern überlebten. Es gab noch genug andere Unberührbaren-Bälger.
    Rani hatte jeden Tag ihres zivilisierten Lebens von den entsetzlichen Dingen jenseits der Stadtmauern gehört. Das Leben draußen wies unzählige Härten auf. König Shanoranvillis Schutz war in ländlichen Gegenden weniger sicher. Die Pilgerglocke, die Reisende in die Sicherheit der Stadt rief, fort von den raubgierigen Wölfen, war nur ein Symbol der Sicherheit, die Shanoranvilli seinem Volk bot. Rani wusste, dass draußen Straßenräuber über die Straßen zogen, und es gab Gerüchte über seltsame Krankheiten, die ungeschützte Dörfer trafen und jeden Mann, jede Frau und jedes Kind in einer einzigen Nacht vernichteten. Sie hatte von einer Gruppe gehört, die Kinder zu ihrem Vergnügen verstümmelte, ihnen die Ohren und Nasen abschnitt und gottlose Runen in unschuldige Stirnen schnitt.
    Hätte sich Rani als Händlerin oder als Lehrling jemals die Mühe gemacht, über die Vertreibung nachzudenken, wäre sie zu dem Schluss gekommen, dass es die einzige Möglichkeit war, mit den kastenlosen Horden umzugehen. Es war immerhin keine dauerhafte Verbannung, nur eine Warnung, eine Zurschaustellung der Macht, die der König anwenden konnte, wenn er es wollte.
    Nun, während ihr Puls ebenso hämmerte wie das Warngeläut der Pilgerglocke, verkrampfte sich Rani bei dem Gedanken, außerhalb der Stadtmauern verbannt zu werden. Wie konnten diese Soldaten sie den Wölfen vor der Stadt vorwerfen – sowohl den tierischen als auch den menschlichen Bestien, die ganz sicher ihren Tod planten? Wie konnten erwachsene Männer Kinder zu Folter

Weitere Kostenlose Bücher