Die goldene Königin
gesamtes Gefolge.
Seit Kurzem sah sie sich also in der Verpflichtung, in Blois zu bleiben, und kochte vor Wut über diese Hexe von Châteaubriant, die nur zwei oder drei Jahre älter als sie war. Es brannte ihr auf der Zunge, Marguerite zu sagen, dass sie ebenso gut die Rolle der Ersten Mätresse am Hof hätte übernehmen können. Aber ein solches Aufbegehren wäre unpassend und würde mit Sicherheit gerügt.
Sie wusste, dass Maître da Vinci, dem sie die Gioconda gebracht hatte, sie dem König noch nicht geschenkt hatte. François war zu sehr mit seiner neuen Mätresse beschäftigt, um seinem alten italienischen Malerfreund einen Besuch abzustatten.
Nun gut, Mathilde würde es genauso machen und François Die Quadriga erst schenken, wenn er wieder zur Vernunft gekommen war und wieder Augen für andere Frauen als seine Mätresse hatte. Bislang hatte sie stets zugesehen, wie er wie ein Schmetterling von Blume zu Blume geschwebt war, ohne sich über die Enttäuschung der Frau Gedanken zu machen, die er für eine andere sitzen lieÃ. Da sie den König nicht selbst haben konnte, war es Mathilde lieber gewesen zu beobachten, wie er alle umwarb, als dass er bis über beide Ohren in eine Mätresse verliebt war.
Marguerites Vorschlag, Mathilde zurückzuholen, erwies sich als richtig. In der ganzen Region und weit darüber hinaus herrschte Aufruhr. Handwerker und Arbeiter schufteten verbissen für den König. Man bereitete das Camp du Drap dâOr vor. Schreiner, Zimmerer, Tuchfabrikanten, Goldschmiede, Juweliere und Schneider bemühten sich ohne Unterlass, die Reisevorbereitungen abzuschlieÃen, von denen der französische König träumte.
Man wollte dem Reich von Charles Quint einen französisch-englischen Block entgegenstellen, indem man eine Begegnung zwischen dem französischen und dem englischen König herbeiführte. Diese Begegnung von François I. und Heinrich VIII . war sorgfältig geplant und sollte zwischen Guînes, der englischen Stadt auf dem Kontinent, und Ardres-en-Artois an der Nordseeküste stattfinden.
Die Engländer hatten nicht gegeizt und planten groÃe Pavillons, die aus mit bunten Leinwänden bezogenen Gerüsten bestanden, die von innen mit prächtigen Tapisserien geschmückt waren.
Von dem Wunsch nach Ãberlegenheit getrieben, entwickelte François I. eine gefährliche und vor allem kostspielige Idee. Er wollte ein Dorf errichten, das aus einem zentralen Pavillon bestand, um den sich in allen vier Ecken weitere mit goldenem Tuch bezogene Pavillons gruppierten. Innen sollten sie mit blauem Samt ausgeschlagen sein.
Ja! Ein Dorf aus Stoff, in das man alles transportieren musste. Königliches Geschirr in Gold und Silber, Möbel aus geschnitztem Holz, Bilder, dekorative Wandbehänge und Luxusgegenstände. Das Projekt war kaum zu bewältigen, man musste den ganzen königlichen Prunk zur Schau stellen, als handelte es sich um den Hof in Blois. Der Hof hatte sogar die Gegenwart aller Prinzessinnen und adligen Damen Frankreichs vorgesehen. Kurzum, es sollte das strahlende Symbol eines groÃen Prinzen der Renaissance darstellen.
SchlieÃlich war der Tag gekommen. Erneut schloss sich der ganze Hof dem Tross an. Hinter François I. folgten vier prachtvoll geschmückte Kutschen, die von Pferden in edlem Geschirr gezogen wurden. Darin saÃen die Mutter des Königs, seine Ehefrau, die erneut schwanger war, seine Schwester in Begleitung von Mathilde und seine Mätresse.
Mathilde, die sich aus nächster Nähe mit der Dame de Châteaubriant konfrontiert sah, beschloss zum ersten Mal, sich nicht alles gefallen zu lassen. Von dieser Comtesse lieà sie sich nicht beeindrucken. Mathilde kannte die Sitten und Gebräuche bei Hofe, seit sie ein kleines Mädchen gewesen war, ihr machte man so leicht nichts vor.
Die Reise führte das königliche Gefolge auf eine unendlich weite Ebene, auf der man eine wahre Landschaft aus goldenen Zelten errichtet hatte. Vor den Augen der Damen erhob sich eine Art Märchenstadt, die sie verzauberte und die Herren mit Befriedigung erfüllte. Sie hatten nur den einen Wunsch: Heinrich VIII . zu beeindrucken.
»Werden wir in diesen Zelten schlafen?«, erkundigte sich die Comtesse de Châteaubriant bei Marguerite.
Mathilde packte die Gelegenheit beim Schopf.
»Erscheinen Euch die Zelte nicht prächtig genug, um Euer müdes
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