Die große Zukunft des Buches
Bücher« nicht nichts ist, im Gegenteil: dass sie sich haben hereinlegen lassen. Er beschließt also, die Bücher heimlich, ohne seiner Familie etwas davon zu sagen, an internationale Makler zu verkaufen, die häufig recht ausgefallene Persönlichkeiten sind. Den Fludd habe ich durch Vermittlung eines Maklers bekommen, der auf dem Moped herumfuhr, eine Plastiktüte am Lenker, und in dieser Tüte oft wahre Schätze mit sich führte. Ich habe vier Jahre gebraucht, um dieses Ensemble abzubezahlen, aber niemand in der englischen Familie hat je erfahren, in wessen Hände es gelangt ist und zu welchem Preis.
Bücher, die unbedingt zu uns gelangen wollen
J.-P. DE T.: Einigen Büchern haben Sie, scheint es, mit großer Beharrlichkeit nachgestellt. Um das Werk eines Autors zu vervollständigen oder um Ihre thematischen Schwerpunkte zu komplettieren. Einfach aus Liebe zum schönen Objekt oder zu dem, was ein bestimmtes Buch für Sie zu symbolisieren vermag. Gibt es über diese minutiöse Detektivarbeit Geschichten, an denen Sie uns teilhaben lassen möchten?
J.-C. C.: Zu diesem Thema kann ich Ihnen von einem Besuch bei der Direktorin des Nationalarchivs vor etwa zehn Jahren erzählen. Man muss wissen, dass aus diesem Archiv in Frankreich, und wie ich denke, in allen Ländern, die ein solches besitzen, jeden Tag per Lastwagen ein Haufen altes Papier abtransportiert wird, das man beschlossen hat zu vernichten. Denn man muss ja Platz schaffen für das, was jeden Tag neu in die Archive kommt. Man muss vernichten, auch hier muss man filtern, das ist der Lauf der Welt.
Bevor der Lastwagen die Lieferung abholen kommt, lässt man gelegentlich die »Papierkramer« herein, Liebhaber alter Dokumente, Notariatsakten, Heiratsurkunden, die kommen und sich unentgeltlich bei dem bedienen, was zur Vernichtung bestimmt ist. Die Direktorin erzählte mir, wie sie eines Tages in ihr Büro kam und in den Hof des Gebäudes eintreten wollte, als sie den Lastwagen herauskommen sah, der dicht an ihr vorbeifuhr. Das vermittelt eine Idee von dem, was ich immer gern das »geübte Auge« nenne. Das Auge, das gelernt hat zu sehen, das nur auf diese eine Sachegewartet hat. Sie trat also beiseite, um den Lastwagen passieren zu lassen, und dabei sah sie aus einem großen Packen ein Stück gelbliches Papier herausragen. Auf der Stelle ließ sie den Lastwagen anhalten, die Verschnürung öffnen, den fraglichen Ballen auseinandernehmen und stieß auf eins der seltenen bekannten Plakate des Illustre-Théatre von Molière aus der Zeit, als er noch in der Provinz arbeitete! Wie das Plakat dorthin gelangt war? Und warum man es zur Einäscherung schickte? Wie viele kostbare Dokumente und seltene Bücher sind nicht der Zerstörung anheimgegeben worden, einfach aus Zerstreutheit, aus Versehen, aus Nachlässigkeit? Nachlässigkeit hat vielleicht insgesamt mehr Schaden angerichtet als eigentliche Zerstörungswut.
U. E.: Tatsächlich muss ein Sammler das geübte Auge besitzen, von dem Sie sprechen. Vor einigen Monaten war ich in Granada, und nachdem ich die Alhambra und all die Dinge gesehen hatte, die ich sehen musste, führte ein Freund mich auf meine Bitte hin zu einem Buchantiquar, um dessen Regale in Augenschein zu nehmen. Es herrschte da eine eher unübliche Unordnung, und ich stöberte ohne großen Erfolg in einem Haufen spanischer Bücher herum, die für mich ohne jedes Interesse waren, als mein Blick plötzlich von zwei Werken angezogen wurde, und ich bat, sie mir herauszuholen. Ich war auf zwei spanische Werke zur Mnemotechnik gestoßen. Eines habe ich bezahlt, das andere hat der Händler mir zum Geschenk gemacht. Sie könnten nun sagen, das sei ein Glücksfall gewesen und es hätte bei dem Buchhändler vielleicht noch weitere Schätze gegeben. Ich bin mir sicher, dass dem nicht so war. Das ist so etwas wie die Witterung beim Jagdhund, was Sie direkt auf die Beute losgehen lässt.
J.-C. C.: Gelegentlich begleite ich meinen Freund Gérard Oberlé, der ein ziemlich bekannter Buchhändler und ausgezeichneter Schriftsteller ist, zu den Bouquinisten. Er betritt ein Geschäft und mustert lang und ausgiebig die Regale, schweigend. Irgendwann geht er gezielt auf DAS BUCH zu, das ihn erwartet hat. Es ist das einzige, das er anfasst, und das einzige, das er nimmt. Beim letzten Mal war es der Text, den Beckett über Proust verfasst hat, der in der Erstausgabe schwer zu finden ist. Ich kenne auch in der Rue de l’Université einen ausgezeichneten
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