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Die Gruben von Villette: Kriminalroman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Die Gruben von Villette: Kriminalroman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Die Gruben von Villette: Kriminalroman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingrid Hedström
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Klumpen im Magen. Warum hatte sie so viel gegessen?
    Irgendein Idiot hatte mitten vor ihrer Auffahrt geparkt, so daß sie nicht auf ihren eigenen Hof fahren konnte und ein paar Ecken weiter weg parken mußte.
    Bevor sie aus dem Auto stieg, kramte sie nach ihrem Schlüsselbund in der Handtasche und nahm ihn in die rechte Hand, damit sie ihre Tür schnell aufschließen konnte, schlimmstenfalls konnte sie die Schlüssel als Waffe benutzen.
    Das Geräusch ihrer Absätze auf dem Trottoir klang unnatürlich laut in der nachtstillen Straße. Sie wünschte, sie hätte eine lange Hose angehabt statt eines engen Rocks, der sie daran hinderte, schneller auszuschreiten. Jetzt war sie beinah zu Hause angekommen, gleich war sie in Sicherheit hinter Riegeln und Schlössern und hinuntergelassenen Jalousien. Sie roch den Duft der späten Rosen in der Rabatte an der Vorderseite, ein Hauch schwerer Süße in der kühlen Nachtluft.
    Die Attacke kam ohne Vorwarnung aus den Schatten an der Hecke, die das Haus von dem des Nachbarn trennte. Esroch nach Schweiß und Zigaretten, als sich ein kräftiger Arm von hinten um ihren Hals schloß und sie nach hinten zog, in die Schatten hinein. Sie versuchte, rückwärts zu treten, die Beine oder Füße des Angreifers mit ihren spitzen Absätzen zu treffen, aber die begegneten nur groben Stiefeln, die nicht nachgaben. Ihr wurde schwarz vor Augen …
    Als Martine aufwachte, lag sie in stabiler Seitenlage auf dem Stück Rasen neben dem Haus, eine Rettungsdecke über sich. Sie hob vorsichtig den Kopf und stellte fest, daß das gut ging. In dem blinkenden blauen Schein eines Polizeiwagens sah sie Menschen, die sich auf der Straße bewegten und aufgeregt redeten. Sie setzte sich auf und wurde mit einer leichten Welle von Übelkeit belohnt. Aber sie hatte nicht das Gefühl, daß sie verletzt war.
    Plötzlich stand eine robuste junge Frau in der Uniform der kommunalen Polizei neben ihr.
    – Madame Poirot, sagte sie, wie geht es Ihnen?
    Martine erkannte sie vage wieder. Es war die kommunale Kontaktbeamtin, wie hieß sie noch gleich, Galland? Ja, so war es.
    – Den Umständen entsprechend geht es mir gut, Inspektor Galland, sagte sie, aber was ist denn passiert?
    Ebenso plötzlich, wie die Kontaktbeamtin aufgetaucht war, trat auch Serge Boissard aus den Schatten hervor. Was machte er da? Er schien blendender Laune zu sein.
    – Am besten, wir gehen zu Ihnen rein, dann können Kollegin Galland und ich alles erklären. Aber zuerst möchten Sie vielleicht Ihren neuen Freund kennenlernen, der Ihnen eben einen so warmen Empfang bereitet hat. Bedaure übrigens, daß wir es so weit kommen ließen, aber wir wollten sicher sein, ihn wirklich bei einem schweren Verbrechen auf frischer Tat zu ertappen.
    Er faßte Martine am Arm, half ihr beim Aufstehen und führte sie zum Polizeiwagen. Zwischen zwei uniformierten Polizisten stand ein Mann in Handschellen. Er war vielleicht dreißig und sah auf eine arrogante Weise auffallend gut aus. Es war der Ärmel seiner wattierten schwarzen Seidenjacke, der vorhin um Martines Hals gelegen hatte.
    Er trug kräftige Stiefel mit stahlbeschlagenen Kappen. Ganz ohne Grund fühlte sie sich plötzlich sicher, daß es seine schweren Schritte gewesen waren, die sie in der Fabrikhalle gehört hatte, als sie sich bei Berger Rebar auf der Treppe versteckt hatte.
    – Madame Poirot, sagte Serge sanft, darf ich Monsieur Mazzeri, Alfredo, vorstellen, nahe verwandt mit einem unserer führenden Unternehmer in der Putzbranche, der seinerseits nahe verwandt ist mit einem unserer führenden Politiker. Das ist eine Putzfirma, die rund um die Uhr arbeitet, stimmt’s, Fredo? Und dann sagt man, daß es hier in Villette keinen Unternehmergeist gibt. Aber was hattest du mit dem Baseballschläger vor?
    Fredo Mazzeri sah gelangweilt aus. Er zuckte die Achseln.
    – Ja, zuck nur die Achseln, du, sagte Serge munter, spielt keine Rolle. Überfall auf eine Untersuchungsrichterin vor Augenzeugen, damit kommst du nicht davon, egal, an welchen Fäden der Schwiegervater deines Bruders zieht.
    Kurze Zeit später saß Martine in ihrem Wohnzimmer, zusammen mit Serge Boissard und Corinne Galland, die neugierig das Gemälde über dem offenen Kamin betrachtete – Eva Lidelius’ Vorstudie zu »Die neue Anbetung des Lammes«, das Stéphane Berger so gern haben wollte.
    Martine hatte zwei große Gläser Wasser getrunken, sich einen warmen Pullover gesucht und den beiden Polizistenversichert, daß es ihr ausgezeichnet

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