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Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Titel: Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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abergläubische Mummenschanz in mir weckte. Allein, solche Unbewegtheit schien hier fehl am Platze, denn Giacomi stieß mich mit dem Ellenbogen an und flüsterte mir in italienischer Sprache zu:
    »Mein Bruder, diese greulichen Kerle betrachten uns auf höchst verdächtige Art. Um des Himmels willen, entblößt Euer Haupt und bekreuzigt Euch.«
    Was ich ungesäumt tat, wie auch Giacomi und Miroul, jedoch nicht Samson, welcher unbeweglich wie ein Eisblock dastand, mit steifem Körper, leerem Blick und der Mütze auf dem Kopf.
    »Samson«, sprach ich gebieterischen Tones auf okzitanisch, »nimm die Mütze ab! Ich befehle es dir!«
    »Nie und nimmer«, entgegnete Samson, härter als ein Demant. »Das verbietet mir mein Gewissen. Götzenbildern erweise ich keine Ehre.«
    »Samson«, fauchte ich wütend mit gedämpfter Stimme, »zum letzten Male …«
    Doch ich konnte nicht fortfahren in meiner Rede, denn unversehens hatten gut drei Dutzend dieser verblendeten Glaubenseiferer einen Kreis um uns gebildet oder vielmehr einen Halbkreis, denn zu unserem guten Glück hatten wir die beidenTore im Rücken; die Gesichter hochrot und haßverzogen, in den hervorquellenden Augen ein gefährliches Funkeln, geiferten und schrien sie nun ohrenbetäubend, sie wollten diesem Heiligtumschänder, diesem Dämon, diesem stinkenden Ketzer, welcher die gebenedeite Jungfrau beleidigte, den Garaus machen. Ich schrie gegen den Höllenlärm an, ohne jedoch gehört zu werden, und zog schließlich blank, was auch Giacomi und Miroul taten, doch die rasende Menge wich kaum einen Schritt vor unseren Klingen zurück, meinen armen Samson noch immer mit unflätigen und lästerlichen Beleidigungen überschüttend, welcher, ohne die Hand an den Degen zu legen, steif, aufrecht, erhobenen Hauptes und die Mütze darauf, stumm und reglos vor ihnen stand, in seiner unerschütterlichen Glaubensfestigkeit den glückseligen Märtyrertod erwartend, wie es schien.
    »Samson!« schrie ich außer mir in okzitanischer Sprache, »bist du des Wahnsinns! Willst du um einer Mütze willen sterben!«
    Worauf er stumm blieb wie ein Fisch, das Gesicht erleuchtet von dem Gedanken an sein nahes ewiges Glück zur Rechten des himmlischen Vaters. Zum Donner! dachte ich in meinem Grimm, in seinem Glaubenseifer ist er ebenso töricht wie die uns bedrängenden Dümmlinge! Das schlimmste aber war, daß seine Heldenhaftigkeit die Gefühle der pöbelhaften Menge nicht etwa rührte, sondern nur noch mehr aufstachelte, sah sie doch darin den Beweis, daß mein unglückseliger Bruder sich mit Haut und Haar dem Teufel verschrieben hatte, von dem er diese übernatürliche Kraft bezog. Da schrie ein Kerl, der in seiner Einfalt eine göttliche Eingebung in sich zu verspüren meinte:
    »Tötet ihn! Tötet ihn! Die Heilige Jungfrau will es so! Ich habe ihre Stimme gehört!«
    Worauf die Rasenden, seine Worte wiederholend, ungeachtet unserer drohenden Degen abermals auf uns einstürmten, so daß wir zurückweichen mußten und alsbald mit dem Rücken an den Türen standen.
    »Oh, Moussu!« rief mir Miroul zu, »was tun? sie niedermachen?«
    Ich schüttelte stumm den Kopf, denn mir war wohlbewußt, daß wir uns in einer verzweifelten Lage befanden: entwedermußten wir sie töten, oder sie würden uns niedermachen, doch was wir auch taten, früher oder später würden diese Rasenden in ihrer Besessenheit, die ihrer Maria angetane Beleidigung zu rächen, uns in ihrer Überzahl übermannen. Ich erwog schon, an einer der Türen, gegen die wir gedrängt standen, zu klopfen in der geringen Hoffnung, daß da ein barmherziger Christenmensch wohne, als ich unvermittelt einen riesigen Kerl in der Uniform eines Sergeanten der französischen Garde erblickte, welcher sich durch den Volkshaufen schob, die Umstehenden mit seinen sechs Fuß vier Zoll Größe fast um Haupteslänge überragend und sie beiseite drängend mit seinen wuchtigen Schultern, darüber ein Gesicht zu sehen war, so breit, so vergnügt und von so roter Farbe, daß es als Wirtshausschild hätte dienen können. Dieser Mordskerl durchquerte die Horde unserer Angreifer, als wär’s ein Klumpen Butter, bediente sich dabei nur seines Stockes und forderte freien Weg mit einer Stimme, welche alle Trommeln seines Regimentes übertönt hätte. Ist es nicht wundersam, welchen Eindruck ein kräftiger, hochgewachsener Leib, eine prächtige Uniform und eine Donnerstimme auf eine schafshafte Menge macht? Denn so trunken sie von dem beabsichtigten Blutbad war

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