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Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Titel: Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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nicht.«
    Ich sah Miroul an, und dieser erwiderte meinen Blick mit bekümmerter Miene, wußte er doch nur zu gut, daß ich eine solche Summe nicht in meinem Säckel trug, da ich einen guten Teil meines Geldes meinem Samson anvertraut, damit er es in Montfort-l’Amaury, fern von den Pariser Versuchungen, aufbewahrte. ›Oh‹, dachte ich bei mir, hugenottische Knauserei, ich verfluche dich zweimal! Zum ersten, weil du mir eingegeben, meine Reittiere aus Recroches Stall zu nehmen, um vierzehn Sols am Tag zu sparen. Und zum zweiten, weil du mich bewogen, Samson in Montfort zu meinem Säckelmeister zu machen, so daß mir alljetzt hier in Paris meine Dukaten fehlen!‹
    »Gevatter«, sprach ich, »gebt mir eine Stunde Zeit, und ich werde Euch das Geld bringen.«
    »Nichts da!« erwiderte dieser Bär mit gar unfreundlicherMiene. »Wenn vorher einer den Preis zahlt, dann bekommt er die Rösser. Ich muß schließlich verdienen.«
    »Ich gebe dir zehn Dukaten dazu, wenn du eine Stunde wartest.«
    »Zwanzig!« forderte er unbarmherzig.
    Ich willigte ein und verließ diesen Blutsauger, welcher sich so meisterlich darauf verstand, aus dem Unglück anderer seinen Vorteil zu ziehen.
    »Moussu, wohin eilen wir?« fragte Miroul, kaum daß wir den Stall des Vermieters verlassen.
    »Zum Hause Pierre de l’Etoiles«, antwortete ich mit leiser Stimme. »Obwohl Papist, ist er ein ehrenwerter Mann. Er wird mir aus der Klemme helfen, wenn er kann.«
    Doch in der Rue Trouvevache fand ich die Haustür verriegelt und verschlossen. Und als ich den Türklopfer wie wild betätigte, rührte sich nichts, nur eine Nachbarin öffnete ihre Tür und rief, ohne mehr als ihre Nasenspitze zu zeigen:
    »Wen suchet Ihr, daß Ihr soviel Lärm machet?«
    »Monsieur Pierre de l’Etoile.«
    »Der ist weggereist.«
    »Wann?«
    »Heute morgen ist er mit all seinem Gesinde nach dem Lande aufgebrochen.«
    Sprach’s und verschwand, all unsere Hoffnungen mit sich nehmend.
    »Oh, Miroul!« sprach ich, »kein einziger Freund mehr ist mir hier verblieben. Pierre de l’Etoile, Quéribus, Dame Gertrude, Fogacer, keiner weilt mehr in den Mauern dieser Stadt, nur wir sitzen hier, gefangen in der Falle.«
    »Moussu«, ließ sich Miroul vernehmen, »Ambroise Paré ist reich begütert und Euch herzlich zugetan.«
    »Vermaledeit! Ich weiß nicht, wo er wohnt.«
    »In der Rue de l’Hirondelle. Ich habe es von seinem Gehilfen gehört.«
    »Miroul, du bist nicht mit Gold zu bezahlen!«
    Wir begaben uns eiligst dorthin, doch trafen wir nur eine Hausmagd an, welche uns sagte, der König habe ihren Herrn in den Louvre rufen lassen. Später kam mir in den Sinn, daß die Hausmagd recht hübsch gewesen, doch derzeit hatte ich dafür keinen Blick, so sehr bedrängten mich meine Sorgen.
    Am Louvre ließ ich Miroul vor den
Fünf Jungfern
warten, indes ich zur Pforte ging, allwo neben der Wache Monsieur de Rambouillet auf einem Schemel saß, den Schmerbauch auf die dicken Schenkel gestützt.
    »Was!« rief er, gleichsam zusammenzuckend, »Ihr, Siorac! Was treibt Ihr hier? Ihr habt Eure Begnadigung, warum seid Ihr noch nicht abgereist?«
    Worauf er verstummte und die Augen senkte, als gereue es ihn, zuviel gesagt zu haben.
    »Ich suche Ambroise Paré.«
    »Nun, der Louvre ist groß«, gab Rambouillet zur Antwort, »doch vielleicht findet Ihr ihn beim König von Navarra. Verweilet nicht zu lange. In einer Stunde werden die Tore geschlossen.«
    Ich sagte ihm Dank und traf im Hof einen aufgeweckten kleinen Pagen, dem ich eine Münze gab, auf daß er mich zu Navarra führe. Was er auch tat, wie ein Zicklein munter neben mir herhüpfend in der natürlichen Unbeschwertheit seines jungen Alters, gänzlich ungewahr des Ernstes der Stunde. Er trug ein Bedientenkleid in den Farben der Königinmutter und wußte gewißlich nichts von dem, was sich in den Gemächern seiner Herrin in aller Stille zusammenspann.
    In der Ankleidekammer, welche durch einen einfachen Vorhang von den Gemächern des Königs von Navarra abgetrennt war, fand ich gut zwei Dutzend protestantische Edelleute versammelt; ich erkannte Piles, Pardaillan und Soubise, welch letzterer im Louvre neugierig betrachtet ward, da seine Gemahlin vor Gericht auf Ehescheidung wegen Zeugungsuntüchtigkeit geklagt. Was jedermann in Verwunderung versetzte, denn der Ehegemahl war von kräftigem Wuchs, stark behaart und mit einer vollen, tiefen Stimme ausgestattet.
    Die Edelleute hatten es in der Enge der Kammer wenig bequem, die meisten saßen

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