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Die guten Frauen von Christianssund: Sommerdahls erster Fall (German Edition)

Die guten Frauen von Christianssund: Sommerdahls erster Fall (German Edition)

Titel: Die guten Frauen von Christianssund: Sommerdahls erster Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Grue
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klingeln. Also waren die beiden Saufbolde um das Haus gewankt und hatten sich mit einem Ersatzschlüssel Zutritt verschafft, der unter einem Stein hinter einer Buchsbaumfigur lag, einem meterhohen Kegel. Dort lag er noch immer. Dan fand ihn problemlos und schloss die Kellertür auf. Ein paar Minuten lang blieb er stehen und lauschte. Im Haus war es vollkommen ruhig. Aber es musste jemand zu Hause sein, dachte er. Sonst hätte sich die Alarmanlage eingeschaltet. Allem Anschein nach war sie nicht aktiviert.
    Langsam ging er durch den Keller, ohne das Licht einzuschalten. An den dunkleren Stellen musste er sich vortasten, doch es gelang ihm, die Treppe zu erreichen, ohne etwas umzustoßen. Er setzte die Füße ganz außen auf jede Stufe, um das Risiko des Knarrens so gering wie möglich zu halten. Als er auf der obersten Stufe stand, überkam ihn ein Gefühl der Unangreifbarkeit. Doch dieses Gefühl währte nur so lange, bis er langsam die Klinke herunterdrückte und merkte, dass die Kellertür von der anderen Seite verschlossen war. Verdammt! Wieder legte er ein Ohr an die Tür, und diesmal hörte er leise Geräusche. Es war nur eine Stimme. Eine Frauenstimme. Es klang, als ob sie Selbstgespräche führte. Ganz friedlich und ruhig. Ganz bestimmt hörte es sich nicht danach an, als würde gerade jemand ermordet oder gekidnappt.
    Dan fühlte sich plötzlich ziemlich dumm. Einen Moment lang dachte er ernsthaft darüber nach, an die verschlossene Kellertür zu klopfen. Er hätte seinen Irrtum erklären können, allerdings verwarf er den Gedanken ebenso schnell wieder. Er kannte Henriette Kurt kaum. Oder ihr Personal. Wie würden sie reagieren, wenn plötzlich Klopfgeräusche von der Kellertreppe her kämen?
    Dan ging die Treppe genauso leise wieder hinunter, wie er sie hinaufgestiegen war, und lief rasch durch den Keller zur Gartentür. Er hatte sie beinahe erreicht, als er ein lautes, metallisch schabendes Geräusch hörte, gefolgt von schnellen, leichten Schritten, die die Kellertreppe hinunterkamen. Er hatte das Gefühl, Henriette Kurt würde direkt neben ihm stehen, als sie halblaut murmelte: »Ja. Ich wusste doch, dass er noch hier liegt!« Dan hatte sich blitzschnell hinter einen alten Garderobenschrank gedrückt. Vorsichtig blickte er um die Ecke und sah, wie Henriette Kurt mühsam mit einem Kelimteppich hantierte, der zusammengerollt an der Wand des langen Kellergangs lag. Er hielt den Atem an. Die Situation war ausgesprochen delikat. Nicht auszudenken, wenn er entdeckt würde und diese Frau es ihrem Mann berichtete! Dann hätte Kurt am Montag beim Mittagessen eine gute Geschichte zu erzählen. Dan würde seinem alten Kollegen nie wieder in die Augen sehen können. Peinlich, peinlich, peinlich! Er schüttelte sich lautlos und zog sich noch tiefer in die Dunkelheit zurück.
    Es war merkwürdig, so nah bei dieser fremden Frau zu stehen, ihr keuchendes Murmeln und das angestrengte Atmen zu hören; zu sehen, wie die Sehnen ihres Halses hervortraten, als sie versuchte, den schweren Teppich anzuheben. »Verdammt!«, stieß sie wieder und wieder aus. »Verdammt, verdammt …« Sie gab es auf, die Teppichrolle anheben zu wollen, der Kelim rollte sich in einem müden V gegen die Wand auf. Die Frau holte langsam Luft. Dann richtete sie sich auf und ließ die Augen durch den Raum schweifen, als suchte sie nach einer Alternative, ohne etwas zu finden. Dans Zwerchfell zog sich in einem Schock zusammen, als sie sich plötzlich halb zu ihm umdrehte und er ihr T-Shirt sehen konnte. Eine Reihe dunkelroter Streifen lief über ihre rechte Brust, wie die Spuren einer großen Hand. Ein größerer, dunkler Fleck breitete sich am Hals aus. Er hatte keinen Zweifel, dass es sich um Blut handelte. Sie bemerkte ihn nicht, schüttelte nur langsam den Kopf und murmelte weiter ihr »verdammt, verdammt …«, wie ein beschwörendes Mantra. Mit einem Mal drehte sie sich um und lief die Kellertreppe hinauf. Es hörte sich nicht so an, als würde sie die Tür hinter sich abschließen.
    Dan wusste nicht, was er tun sollte. Das Vernünftigste war, auf Flemming und seine Leute zu warten, damit sie sich der Angelegenheit annehmen konnten, was auch immer in diesem Haus vor sich ging. Zumindest sah es nicht so aus, als befände sich Henriette Kurt in akuter Lebensgefahr. Und damit platzte das letzte Argument, nicht auf die Polizei zu warten. Doch sein Wunsch, selbst dem Mann gegenüberzustehen, der Sally ermordet und Luffe halb zu Tode getreten hatte,

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