Die guten Frauen von Christianssund: Sommerdahls erster Fall (German Edition)
Sache konnte nie geklärt werden. Die Halle war voller teurer Lebensmittel, echter Kaviar, Jahrgangsweine, Gewürze. Annähernd vier Millionen Kronen Entschädigung wurden an Curt Loos gezahlt, der auch so eine Art Importfirma betreibt. Er wohnt in Herning, man sollte ihm mal auf die Finger gucken. Zumindest müsste die örtliche Sitte sich um ihn kümmern. Denn alles deutet darauf hin, dass er der Besitzer der jütländischen Bordellkette und Johnny Evils Boss ist.«
Kjeld Hanegaard versuchte, ein Gähnen zu unterdrücken. »Es gibt eine eigene Abteilung der Rigspoliti, die sich um Frauenhandel kümmert«, sagte er. »Mit denen könntest du Kontakt aufnehmen.«
»Ja, okay. Aber es gibt noch etwas«, insistierte Flemming. »Sally meldete sich ein paar Monate später bei Jo und erzählte ihr, dass sie ein paar Leute gefunden hätte, die ihr helfen würden, in Dänemark zu bleiben. Sie forderte Jo zur Flucht auf, ihre neuen Freunde könnten sie beschützen, hat sie gesagt. So kam Jo nach Christianssund. Und Sally hatte recht. Hier gab es wirklich jemanden, der die Mädchen beschützt, ihnen Arbeit und ein Dach über dem Kopf verschafft und sich um sie kümmert.«
»Wissen wir, wer das ist?«
Flemming schüttelte den Kopf. »Ich glaube, wir kennen nur eine Person. Und soweit ich es beurteilen kann, gehört sie nicht wirklich zu der Gruppe von Menschen, um die es hier geht. Was auch immer passiert ist, mit der Hilfsbereitschaft war es vorbei, als irgendjemand Sally einen Besuch abstattete, vielleicht Johnny Evil selbst.«
»Ist er hier gesehen worden?«
»Jo hat ihn nicht persönlich gesehen, es geht allerdings das Gerücht um, dass er sich seit mehreren Wochen in der Stadt aufhält.«
»Dann solltest du ihn finden, Torp.« Kjeld Hanegaard erhob sich.
»Gehst du?«
»Wir haben heute Abend die Enkelkinder zu Besuch.« Der Hauptkommissar nahm seinen Mantel von dem Bügel, auf den er ihn am Morgen sorgfältig gehängt hatte. »Ihre Eltern wollten mal wieder nach Kopenhagen ins Theater, und wir machen das ja gern.« Er lächelte.
Flemming stand ebenfalls auf. »Du bekommst morgen einen schriftlichen Bericht«, versprach er.
Kjeld Hanegaard wartete, bis der Kommissar hinter ihm das Büro verlassen hatte. Zerstreut zog Flemming sein Mobiltelefon aus der Tasche. Der Hauptkommissar sah es und drehte sich noch einmal um, als er auf die Treppe zuging. »Wenn du jetzt Dan Sommerdahl anrufen willst, lass es lieber sein«, sagte er.
»Weißt du etwas, das ich wissen sollte?«
»Ich habe Gerüchte gehört, dass das Kabarettstück auf unserer Weihnachtsfeier von ›Flemming Fummelfinger‹ und dem ›Kahlköpfigen Detektiv‹ handeln soll.« Noch immer lächelte er. »Die Jungs würden sich ganz sicher über Stoff für weitere Szenen freuen.« Mit einem Nicken verschwand er auf der Treppe und ließ Flemming mit roten Ohren stehen. Er wusste, dass es lächerlich war, das bisschen kollegiale Gefrotzel ernst zu nehmen, peinlich genug war ihm die Sache, um ehrlich zu sein, sowieso schon.
Sekunden später klingelte das Telefon. Das Display verriet, dass der Anruf von Dans Handy kam. Flemming ließ einen Moment den Daumen über der grünen Taste schweben, dann bewegte er ihn zur roten. Wieder zögerte er einen Augenblick, dann drückte er die rote Taste. Anruf abgewiesen.
Dan starrte staunend auf sein Telefon. Abgewiesen? Was zum Teufel war mit Flemming los? Es hatte Dan viel Zeit und viele Überlegungen gekostet, bis er sich entschlossen hatte, den ersten Schritt zu tun und Flemming an dem Füllhorn von Informationen teilhaben zu lassen – und dann wies der Mann den Anruf ab, ohne seinem alten Freund auch nur die Chance zu geben, eine Nachricht zu hinterlassen.
Na, selbst schuld, dachte Dan und schloss die Haustür auf. Dieser Fall könnte weit schneller geklärt werden, wenn sie zusammenarbeiten würden, anstatt alles zu einer Kraftprobe werden zu lassen. Luffe kam sofort angezockelt und begrüßte ihn. Er war zu gut erzogen (und inzwischen auch zu unbeweglich), um Dan anzuspringen, doch in seiner Begeisterung konnte er ihn so heftig mit seiner Flanke an die Knie stupsen, dass er ihn damit fast zu Fall brachte. Bevor er sich den Mantel auszog, ging Dan in die Hocke und begrüßte den schwanzwedelnden Hund. Erst jetzt bemerkte er den fantastischen Duft, der aus der Küche kam. Es öffnete die Küchentür und sah Alice, die gerade den Tisch deckte.
»Was riecht denn hier so gut?«, fragte er und versuchte, einen Blick auf
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