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Die guten Frauen von Christianssund: Sommerdahls erster Fall (German Edition)

Die guten Frauen von Christianssund: Sommerdahls erster Fall (German Edition)

Titel: Die guten Frauen von Christianssund: Sommerdahls erster Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Grue
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Sally vor gut vierundzwanzig Stunden gefunden haben, geht es mir dreckig. Nein, das ist gelogen. Es hat weit früher angefangen. Seit ich am Montag Lilliana umgebracht habe, geht es mir nicht nur dreckig, es ist ganz einfach grauenvoll. Dieser Gesichtsausdruck, als ihr klar wurde, was passieren würde, verfolgt mich den ganzen Tag. Wäre ich ein gläubiger Mensch, würde ich für ihre Seele beten. So wie es aussieht, ist mein einziger kleiner Trost, dass sie zumindest schnell sterben durfte, weil ich sie zuerst erwischt habe. Die Details, die ich über Sallys Mord gehört habe, sind ausgesprochen widerlich. Und hätte ich Lilliana nicht umgebracht, hätte er es garantiert getan. Er, vor dem sie solche Angst haben. Johnny Evil nennen ihn die Mädchen. Wer weiß, ob er sich diesen lächerlichen Namen selbst gegeben hat. Klingt wie eine Figur aus einem billigen Comicstrip. Aber man darf sich nicht täuschen lassen. Schon möglich, dass sein Name albern klingt, aber wenn man etwas mehr über ihn weiß, vergeht einem das Lachen. Alle meine Mädchen haben von ihm erzählt. Vergewaltigungen, Folter, psychischer Terror. Sie hassen ihn so sehr, wie man seinen Peiniger nur hassen kann. Und wenn Hass sich mit Furcht mischt, multipliziert er sich, seine Haltbarkeit wird vervielfacht. Eine der ehemaligen Sklavinnen hat berichtet, dass Johnny eine Zeit lang konsequent sein Geschäft auf dem Boden des Zimmers verrichtet hat, in dem er sie gefangen hielt. Tagelang musste sie mit seinen stinkenden Hinterlassenschaften leben, bis er ihr befahl, sie zu beseitigen. Ich hätte mich beinahe übergeben, als sie es mir erzählte. Und eigentlich sollte ich inzwischen abgehärtet sein, bei all den Geschichten, die ich zu hören bekomme.
    Ich muss ihn umbringen. Allerdings habe ich keine Ahnung, wie ich es anstellen soll. Trotzdem gibt es keinen anderen Weg. Er ist sicher doppelt so schwer wie ich, er ist groß wie ein Haus, und er ist wahnsinnig. Keine gute Kombination. Aber irgendwie muss ich ihm ans Leben. Sonst zerstört er meins. Wieder falsch. Er wird nicht nur mein Leben zerstören, sondern auch das Leben aller anderen. Uns alle zusammen, egal, ob wir auf der einen oder der anderen Seite der Schranke stehen, wenn man es so ausdrücken will.
    Heute Nachmittag lauerte er mir auf, als ich in mein Auto einsteigen wollte. Er stand vor dem Haus und wartete auf mich, ganz sicher, dass er die Richtige vor sich hatte. Wie zum Teufel er es auch immer herausgefunden haben mag. Er zwang mich, in mein Auto zu steigen, und setzte sich neben mich, sodass die Nachbarn nichts bemerkten; dann erzählte er, was er anstellen würde, sollte ich nicht tun, was er verlangt. Er prahlte sogar mit dem Mord an Sally, und ich durfte mir nicht mal die Ohren zuhalten, als er es mir mit seiner vulgären, brutalen und Übelkeit erregenden Großmäuligkeit erzählte. An den Stellen, an denen er mich festgehalten hat, breiten sich blaue Flecke von seinen riesigen, harten Fingern auf meinen Oberarmen aus. Der Gestank seines verfaulten Zahnfleisches schlug mir direkt ins Gesicht, und in einem Augenwinkel hing noch Schlaf. Ich musste ständig auf diese Stelle blicken. Innerlich fluchte ich, dass unser Haus in einem Viertel liegt, wo nie jemand den Bürgersteig benutzt. Die Leute schauen nicht einmal aus dem Fenster. Niemand, der in seinem Auto unter einer isolierenden Decke aus Klimaanlage und Rockmusik aus den Achtzigerjahren sitzt, bemerkt, was in einem parkenden Wagen vor sich geht. Und niemand schaut auf die Straße, wenn er erst einmal auf sein Grundstück gefahren ist. Die äußere Welt ist unsichtbar.
    Sein Anliegen war an und für sich recht simpel. Johnny Evil hat gesehen, wie ich Lilliana umgebracht habe. Er hätte oben auf dem Dach gelegen, durch ein Oberlicht geguckt und alles gesehen, behauptet er. Er hat auch gesehen, wie Benjamin zurückgekommen ist, und er sagt, der Junge hätte zu ihm hinaufgeblickt und ihn gesehen. Von mir wollte er zwei Dinge. Erstens sollte ich ihm Benjamins Adresse geben, damit er ihn zum Schweigen bringen konnte, und zweitens verlangte er hunderttausend Kronen. Bar. Bis morgen. Einfach so. Sonst würde er mit der ganzen Geschichte zur Polizei gehen. Das kann ich einfach nicht zulassen. Das Leben und die Gesundheit von zu vielen Menschen hängt davon ab, ob dieser Idiot sein Wissen preisgibt …
    Bis morgen kann ich mich nicht vorbereiten. Ich brauche ein Alibi und einen ordentlichen Plan für die Tat. Dazu brauche ich ein paar Tage.

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