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Die Haischwimmerin

Die Haischwimmerin

Titel: Die Haischwimmerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Steinfest
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Yamamoto traf.
    Â»Ja, richtig«, äußerte der Samurai mit einem dünnen Seufzen, »das ist einer von diesen Tagen.«
    Â»Was für ein Tag?«
    Â»Nun, ein schwarzer Tag. So sagen wir dazu.«
    Â»Klingt nicht gut.«
    Â»Eine alte Geschichte«, erklärte Yamamoto und erklärte weiter, zu den Eigenheiten von Toad’s Bread gehöre ein vierzehnmonatlicher Zyklus, welcher eine »Verfinsterung« mit sich bringe, richtiger gesagt, eine »Entfärbung«. An diesem bestimmten Tag erscheine sämtliches Leben innerhalb der Stadt auf die gleiche Weise in Schwarz und Weiß, wie man das vom alten Kino und alten Fernsehen und einer noch immer gerne angewandten Phototechnik kenne. Er sagte: »Gott weiß, warum das so ist. Wobei es ja nicht weh tut. Eher beruhigt es die Augen. Das Problem ist freilich, daß diese Verfinsterungen ein Omen darstellen. Sie wissen schon: Ein König wird sterben.«
    Â»Gibt es Könige in Toad’s Bread?«
    Â»Nicht direkt. Aber wenn die Götter keine Könige kriegen, nehmen sie eben Leute, die sich für Könige halten. Oder irgend jemand an Königs Statt. So wie bei den früheren Kulturen, als man anläßlich der Sonnenfinsternisse Bettler auf die Throne setzte. Jedenfalls geschehen schlimme Dinge an diesen Tagen. Das war immer so, wird immer so sein. Und da nützt es wenig, im Bett zu bleiben. Wenn das Unglück einen sucht, findet es einen auch im Bett.«
    Nun, Yamamoto war diese periodische Verwandlung seit langem gewohnt, wie man anderswo Erdbeben gewohnt war oder daß es an manchen Orten so gut wie nie regnete oder zu Pfingsten viele Autos zusammenstießen. Wie gesagt, im Bett bleiben war keine Alternative. Vielleicht dort, wo Pfingsten war, aber nicht im Falle von Erdbeben oder wenn das Unglück nach jemand Ausschau hielt und gescheit genug war, auch unter Bettdecken und hinter Duschvorhängen nachzuschauen. Trägheit war kein Schutz.
    In der Tat: Yamamoto war nicht faul gewesen. Dank des frühen Schlafengehens war er auch früh aufgewacht und hatte die Zeit genutzt, einige von seinen Informanten aus ihren schwarzweißen Betten zu holen, um ihnen das Photo jenes Mannes zu zeigen, den man zur Not Breschnew nannte.
    Â»Und?« fragte Lilli und zog sich ihre Lippen nach, weil sie angesichts der neuen optischen Verhältnisse eine solche Akzentuierung für nötig hielt, eine Betonung des Wechsels von Hell und Dunkel. Dunkle Lippen in einem hellen Gesicht. Helle Augen unter einem dunklen Lidschatten. – Übrigens versuchte Lilli nach der anfänglichen Irritation das Beste aus der Sache zu machen. So stellte sie etwa fest, daß Yamamoto dank der neuen Verhältnisse sehr viel besser aussah. Aber wer nicht? Schwarzweiß war ein richtiger Schönmacher.
    Der solcherart »verschönerte« Samuraipolizist berichtete nun, den Hinweis erhalten zu haben, ein Mann, der Breschnew wenigstens ähnlich sehe, sei bei einer Polin untergekommen.
    Â»Hat die Polin einen Namen?«
    Â»Jola Fox. Ich weiß schon, der Nachname klingt nicht sehr polnisch. Vielleicht ein Künstlername.«
    Nun, dieser Name war Lilli durchaus vertraut, da sie schließlich über eine Liste der Pflückerinnen verfügte, die im Lärchenwald beschäftigt waren. Eine Liste, die sie sich eingeprägt hatte. Wobei es kein gutes Gedächtnis brauchte, sich einen Namen wie Jola Fox zu merken. Lilli meinte: »Wenn Sie eine Adresse von der Frau haben, sollten wir uns beeilen.«
    Â»Eine ungefähre Adresse«, antwortete Yamamoto, denn der Tip, den er bekommen hatte, bezog sich auf ein bestimmtes Haus, nicht aber auf eine Türnummer. Und Namensschilder waren in Toad’s Bread eher die Ausnahme, außer man ging zum Zahnarzt.
    Â»Rasch!« gab Lilli das Tempo vor, obwohl es ihr gar nicht gefiel, hastig zu sein. Sie trug heute besonders hohe Schuhe. Goldgelb. Ein Goldgelb, das man freilich nicht erkennen konnte.
    Â 
    Â»Jola Fox?« fragte Yamamoto die Kinder, die vor dem schmalen Eingang zum Haus saßen und kleine Münzen gegen die Wand warfen.
    Die Kinder lachten, zeigten nach oben und entließen ein Gemisch von Sprachen, einen verbalen Cocktail, aus dem Lilli nichts Sinnvolles heraushören konnte. Yamamoto schon. Er sagte: »Fünfter Stock, die Tür mit dem Daumen.«
    Wie sich herausstellte, war mit dem Daumen nichts anderes als ein Aufkleber gemeint, auf

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