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Die Hand

Die Hand

Titel: Die Hand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Ecke
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Kutter, schaltete den Motor ab und sah neugierig hinüber. Bis auf das Meeresgeräusch herrschte gespannte Stille. Einen Augenblick später trieb ihm das Entsetzen kalte Schauer über den Rücken. „Miles, o Gott, da liegt ja einer drin...“
    Miles räusperte sich zweimal. Er hatte einen dicken Kloß im Hals. Auch er sah den Mann, der da mit ausgebreiteten Armen auf dem Rücken lag, das Gesicht wachsbleich. Sonst war niemand zu sehen. Der Motor des Kutters war ab gestellt.
    „Hallo... Hallo, Mister, ist Ihnen nicht gut?“ Miles Gordwells Stimme klang rauh. Niemand antwortete. Seine Frage verlor sich in der Nacht. Der Kutter schaukelte den am Boden liegenden, offensichtlich schon älteren Mann sanft hin und her. Die Wellen gluckerten leise. Sonst war kein Laut zu hören. Die Stille war unheimlich.
    Bob MacDorson spürte Panik in sich hochsteigen. „Der ist tot... Verdammt, der alte Mann ist tot. So sehen nur Tote aus. Sieh nur dieses bleiche Gesicht...“
    „Das ist das Mondlicht“, würgte Miles heraus, glaubte aber selbst nicht daran.
    „Was sollen wir nur tun, Miles?“
    „Es ist das beste, wir verschwinden. Wir haben einfach nichts gesehen.“
    „Aber wir können ihn doch nicht einfach weitertreiben lassen...“
    „Willst du zur Polizei gehen? Willst du sagen, wobei du ihn gefunden hast, was du zu nachtschlafender Zeit auf dem Meer gesucht hast? Nein, nein, nur weg von hier. Das letzte, was wir brauchen können, ist, daß sich jemand für uns interessiert. Und dem Alten ist doch nicht mehr zu helfen. Gib Gas, Bob. Schließlich haben wir noch was zu erledigen. Unsere Freunde auf dem Schiff werden schon ungeduldig sein.“
    Bob MacDorson nickte. Auch er war froh, von diesem unheimlichen Kutter, diesem schwimmenden Sarg, wegzukommen. Mit aufheulendem Motor ließ er das Boot in einer scharfen Rechtskehre davonschießen.
    Kaum war das Geräusch in der Ferne verschwunden, kam Leben in die „Leiche“ auf dem Kutter. Der „Tote“ war niemand anders als Großvater Miller. Als er das Motorboot auf sich zukommen hörte, hatte er sich in einem blitzschnellen Entschluß einfach auf den Boden gelegt und totgestellt. Jetzt richtete er sich ächzend auf, denn es war nicht gerade angenehm, regungslos auf den feuchten Planken zu liegen.
    „Hoffentlich bekomme ich davon kein Rheuma in meine morschen Knochen“, brummte William Miller. Ein grimmiges Lächeln umspielte seinen Mund. „Da hat der alte William ja noch einmal Schwein gehabt.“
    Eine sehr interessante Unterhaltung, die er da mitbekommen hatte. Mister Clifton würde sicher sehr gespannt sein, davon zu hören. Langsam kam man der Sache näher, was da nachts in der Silvercross-Bucht vor sich ging. Großvater Miller war mit sich zufrieden.

    Wilkesham, 31. Juli.
    William Miller stand schon in der Tür, als Perry Clifton aus seinem Wagen stieg. Er sah auf die Uhr: 9 Uhr 45.
    „Ich habe Sie schon kommen hören, Mister Clifton. Hier fahren selten Autos vorbei. Herzlich willkommen. Sie sind ja früher da als erwartet.“
    Perry Clifton schlug den Kofferraum zu, nachdem er sein Reisegepäck herausgeholt hatte. „Ja, es ging flotter, als ich es mir vorgestellt hatte, nach den gestrigen Pannen.“
    „Na, dann treten Sie mal ein, Mister Clifton. Gott, bin ich froh, daß sie da sind. Dicki wird Augen machen. Er ist mit dem Rad zur Bücherei nach Badcall gefahren. Eigentlich müßte er schon zurück sein...“
    William Miller reichte Perry Clifton die Hand und schüttelte sie kräftig, was seinen Gast zu der Bemerkung veranlaßte: „Sie strotzen ja vor Kraft, Mister Miller. Es scheint Ihnen hier prächtig zu gehen.“
    William Miller setzte eine verschmitzte Miene auf. „Das kann man wohl sagen. Wenn man bedenkt, daß ich gestern nacht noch tot war...“
    Perry Clifton schaute ihn verständnislos an. War das wieder einer von Großvater Millers Scherzen? Es schien nicht so, denn der alte Mann wurde schlagartig sehr ernst und wirkte auf einmal auch merklich unruhig, so daß Perry fragte: „Sie machen einen so aufgeregten Eindruck, was ist denn passiert?“
    „Wenn alte Männer wie ich so aufgeregt sind, haben sie entweder vergessen, wo sie wohnen, oder aber sie haben ihren teuersten Hut irgendwo liegenlassen“, gab William Miller rätselhaft zurück. „Bei mir ist es viel schlimmer. Ich war letzte Nacht wirklich tot. Aber trinken Sie erst mal eine Tasse Tee mit.“
    „Liebend gern“, antwortete der Detektiv und setzte sich auf das gemütlich aussehende alte

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