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Die Heidehexe - Historischer Roman

Die Heidehexe - Historischer Roman

Titel: Die Heidehexe - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gloria Frost
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Skögull.“
    „Darum nanntest du mich Skögull. Sie ist die Lieblingsschwester Gott Balders. Ich hätte drauf kommen müssen. Gütiger Himmel, ich hätte drauf kommen müssen.“
    Die Türen wurden aufgerissen. Unmengen von Soldatenstiefel trampelten auf den Marmorboden, stürmten mit gezogenen Waffen auf den am Boden liegenden Victor zu.
    „Haltet ein!“, donnerte der Fürst von Anholt. „Der Todesstich ist mir vorbehalten.“ Er hob das Schwert. „Damals, in jener Winternacht habt Ihr und der Braunschweiger über Velten und mich gelacht. Merket, wer zuletzt lacht, lacht am besten.“
    „Es wäre ein Leichtes gewesen, Euch und den Veltener ins Jenseits zu befördern. Wir ließen Euch am Leben. Ich erhoffe  nicht das Gleiche von Euch, sehne den Tod herbei. Schade um jede Minute, die ich noch in dieser Hölle verbringen muss. Doch gewährt mir eine letzte Bitte.“
    „Die wäre?“, brummte der Anholter, milder gestimmt, angesichts des sich vor Schmerzen Krümmenden.
    „Lasst mich meine Abschiedsrede zu Ende führen. Danach macht mit mir, was Euch beliebt. Von mir aus, könnt Ihr mich vierteilen. Doch diese Lebensbeichte ist wichtig, sehr, sehr wichtig für mich.“
    „Nun denn. Aber fasst Euch kurz.“
    Victor nickte. „Ich habe die Schänder meiner Mutter und meiner Schwester Isabella ihrer gerechten Strafe zugeführt. Sei es der schwarze Harras, der Albino, Alwins Mutter oder seine Schwester. Sie alle starben durch meine Hand. Und auch meine mir zugedachte Braut musste dran glauben. Ich liebte sie nicht, wollte Isabella freien. Darum blieb mir keine andere Wahl. Ein Zigeuner ist stolz, lässt durch nichts und niemand die Familie zerstören. Bei uns gilt die Blutrache. Und darum werde ich jetzt ehrenvoll den Todesstreich aus Feindeshand entgegennehmen. Stecht zu, Anholter. Mein Freund Christian wartet in Walhall auf mich!“
    Der Paderborner rammte ihm die Klinge in die Kehle. Und während das rote Blut schon spritzte, röchelte der Dahinscheidende mit letzter Kraft: „Ich bereue nichts. Würde immer wieder so handeln. Und dich, meine Skögull, du einzige Liebe meines Lebens und meine wunderbaren Kinder Wilhelm und Alexander, werde ich weiterlieben, wo immer mich mein Weg auch hinführt.“ Mit diesen Worten auf den Lippen hauchte er seinen Geist aus. 
    Pavor stürzte sich auf die Augen des Anholters, wollte sie ihm aus dem Gesicht hacken. Ein Schwerthieb, und der Rabe sank nieder, sein Kopf drei Ellen entfernt. Isabella brüllte, als wäre auch sie abgestochen worden, und ihre blinden Kinder taten es ihr nach.
    „Als Nächstes die drei Schreihälse“, befahl der Anholter. Niemand von der gottlosen Familie darf übrig bleiben.“
    „Das wollen wir erst mal sehen“, tönte eine dunkle Stimme aus dem Hintergrund. Und genauso dunkel waren die Gestalten, die plötzlich die Halle bevölkerten. Blitzende Schwerter. Gleißende Degen. Säbel. Dolche. Messer. Jeder der schwarzen Gesellen stach mit scharfer Waffe auf die überrumpelte Schar ein. Über Tische und Sofas sprangen sie wie Höllengeister. Segelten von hohen Schränken herab, schwangen sich an Kronleuchtern durch angrenzende Räume auf die Flüchtlinge. Schauriges Gelächter erklang, wenn einer von ihnen einem Paderborner den Kopf abschlug und triumphierend durch die Luft schleuderte. Das Chaos wogte. Und dann kam sie. Halina. In jeder Hand etliche eiserne Leinen mit ausgehungerten, zähnefletschenden Löwen und Wölfen. Löste die Ketten. „Fasst!“, überdonnerte ihre Stimme das Kreischen der panisch auseinanderstiebenden Blaublüter.
    Dämonengleich schossen knurrende Bestien in die Menge. Verbissen sich in Gurgeln. Rissen pulsierende Stücke Fleisch aus Gesichtern, Gliedern, Leibern, ergötzten sich am sprudelnden Lebenssaft. Raubtiere, die Blut geleckt hatten. Gefährlich.             
    Isabella sah aus den Augenwinkeln, wie Karina ihr Alexander und Wilhelm entwand, die sich wehrenden Knaben hinter sich ins Freie schleifte. Halina packte ihre Nichte im Genick, löste sie von Victor, zog sie hinter sich her in Sicherheit. Doch Isabella trat und boxte auf ihre Retterin ein, wollte sich erneut an den Verblichenen krallen, sich nicht von ihm trennen. Rinaldo, Fernando und Onkel Luigi balancierten ihn wie den Leichnam Christi durch das Meer aus Blut. Isabella versuchte einen Zipfel seines Gewandes zu erhaschen. Zu spät.     
     
     
    50
     
    Die Paderborner hatten Nachschub beordert. Sämtliche auf den Grimmshagener Straßen

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