Die Henkerstochter und der schwarze M�nch
nickte sie ernst. »Bei unserer Liebe. Aber du musst mich um Verzeihung bitten. Jetzt.«
Simon schloss demutsvoll die Augen. »Ich bitte dich um Verzeihung. Ich war ein verstockter Trottel, und du hast es von Anfang an besser gewusst.«
Sie lächelte und ließ sich wieder neben ihm auf das mit Stroh gefüllte Kissen fallen. Simon spürte, dass ihr Körper jetzt nicht mehr ganz so steif war, sanft strich er ihr durchs Haar. Eine ganze Weile sagten sie nichts, nur das rasselnde Schnarchen des Henkers unter ihnen war zu hören.
»Ich hätt den Philipp Hartmann haben können«, sagte Magdalena schließlich leise. »Den reichen Augsburger Henker. Ein Leben in Saus und Braus hätt ich führen können. Und was mach ich stattdessen? Ich verlieb mich in einen dürren Quacksalber, der mit anderen Mädchen rumpoussiert und den ich ohnehin nicht heiraten kann...« Sie seufzte. »So damisch muss man erst mal sein.«
»Ich versprech dir, wir werden irgendwann heiraten«, flüsterte Simon. »Auch ohne diesen Schatz. Wir gehen in eine andere Stadt, wo keiner weiß, dass du die Tochter des Schongauer Henkers bist. Ich werd ein angesehener Arzt, und du hilfst mir bei den Kräutern und Arzneien und ... « Plötzlich drückte sie seine Hand so fest, dass er vor Schreck fast aufschrie. »Was hast du?«, fragte er.
»Nichts«, sagte sie. »Red weiter. Red, bis ich anfang zu träumen.«
Er hielt sie im Arm und fuhr fort, ihr neues gemeinsames Leben zu schildern. Nach einiger Zeit spürte er, dass seine Hand nass von ihren Tränen war.
Sie brachen früh am nächsten Morgen bei strahlend blauem Himmel auf. Obwohl es noch mitten im Januar war, begann es plötzlich zu tauen. Wasser tropfte von den Dächern der Bauernhäuser am Rande der Straße; die Sonne schien mild, und das Zwitschern von Buchfinken und Rotkehlchen war aus den Wäldern zu hören. Simon wusste, dass dieser Hauch von Frühling vermutlich nur einen Tag anhalten würde, umso mehr genoss er ihn und hielt das Gesicht in die warmen Sonnenstrahlen.
In Schongau kamen die Leute gerade aus der sonntäglichen Morgenmesse. Misstrauisch blickten sie auf die drei Gestalten, die über den Marktplatz schlenderten; Getuschel war zu hören. Der Sohn vom Medicus gemeinsam mit den Kuisls! So manches alte Weib war sich sicher, dass die Henkerstochter der Untergang des jungen Fronwieser war. Ein so hübscher Bursche, aber die Kuislhex hatte ihn verzaubert, so viel war klar.
Die drei ließen sich von den bohrenden Blicken nicht beirren, sondern begaben sich die Münzgasse hoch zum Schloss. Jakob Kuisl hatte darauf bestanden, dass Simon gemeinsam mit ihm dem Schreiber einen Besuch abstattete. Den Grund dafür wollte er ihm nicht verraten.
»Frag ned immer so viel«, hatte er nur gebrummt. »Deine Fragerei bringt dich noch einmal ins Grab.« Dann hatte er mit den Augen gezwinkert und Simon mit seiner Neugier allein gelassen.
Der Gerichtsschreiber Johann Lechner saß wie so oft an seinem abgenutzten, massiven Holztisch in der Schreibstube im oberen Stockwerk des Schlosses und blätterte in irgendwelchen Kladden. Er blickte erstaunt auf, als die drei gemeinsam vor ihn traten.
»Wenn du kommst, um dich für die missratene Hinrichtung zu entschuldigen, Kuisl, dann muss ich dich enttäuschen. « Der Schreiber wendete sich wieder seinen Dokumenten zu. »Das Ganze wird noch ein Nachspiel haben. Ich hab gehört, dass der zweite Sohn des Memminger Scharfrichters eine Stelle sucht. Nur weil deine Familie hier seit Generationen henkt, heißt das nicht, dass das so bleiben muss.«
Jakob Kuisl ging nicht auf die Drohung ein. Stattdessen ließ er sich auf den gegenüberliegenden Schemel fallen. »Es gibt keine zweite Räuberbande mehr«, sagte er.
»Was?« Der Schreiber blickte nun doch wieder auf.
»Ich hab gesagt, es gibt keine zweite Räuberbande mehr. Ich hab ihr vor Steingaden den Garaus gemacht. Nur die Anführerin konnte fliehen, aber ich bin sicher, dass die sich so schnell hier nicht mehr blicken lässt.«
»Aber du warst doch alleine«, bemerkte der Schreiber.
Jakob Kuisl zuckte die Achseln. »Es waren nur vier. Erfahrene Söldner zwar, aber ich hab sie einen nach dem anderen erwischt. Ihr könnt die Händler also jetzt wieder in die Städte schicken. Es gibt keinen mehr, der ihre Routen auskundschaftet.«
»Kuisl, Kuisl ... « Johann Lechner schüttelte grinsend den Kopf. »Du bist doch immer für eine Überraschung gut. Nun spann mich schon nicht länger auf die Folter! Was ist
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