Die Herren vom Berge: Historischer Kriminalroman (German Edition)
aus.
»Meine Verehrung, Euer Ehrwürden, sehr geehrter Bischof, wie befohlen möchte ich Euch den Mörder der Witwe Wiegand vorführen.«
Wedekind zuckte bei der Nennung des Namens leicht zusammen. Er bedeckte seine Augen mit der Hand.
Wie auf Kommando wurde Dietrich Wiegand hereingeführt. Der Hauptmann der Stadtwache, Wolfram von Lübbecke, führte den an den Händen Gefesselten herein. Der Schmied machte einen bemitleidenswerten Eindruck. Während der letzten Tage hatte er einiges an Prügel einstecken müssen. Sein Gesicht war von Schrammen gezeichnet, beide Augen waren verfärbt, unter seiner Nase klebte eingetrocknetes Blut, und die Unterlippe war von Schlägen angeschwollen. Seine Kleidung starrte vor Dreck.
»Habt Ihr mich angeklagt?«, kam es grimmig, als er Ludolf sah.
»Nein. Das war Resenbach. Wir sind da, um Euch zu helfen.«
»Unsinn! Ich bin schon so gut wie tot. Mir kann keiner mehr helfen«
»Halt deine dreckige Schnauze, sonst setzt es was«, fuhr der Hauptmann dazwischen.
Den Wortwechsel zwischen Wiegand und Ludolf hatte auch der Amtmann mitbekommen. Verwundert blickte er auf Agnes und Ludolf. »Entschuldigt bitte, hohe Herren? Sind hier auch Zuschauer zugelassen?«
»Was meint Ihr damit?«, wollte der Bischof wissen.
»Die da. Die haben nix mit der Sache zu tun.« Dabei zeigte Resenbach grimmig auf die jungen Leute am Fenster.
»Die beiden sind in meinem Auftrag unterwegs.«
»Das sind doch nur ein erbärmlicher, dummer Tischler und seine Frau.«
»Euch sind sie zwar als Ehepaar Scheffer bekannt, aber sie kommen aus Möllenbeck. Sie sollten das Verschwinden der Witwe untersuchen. Da Ihr zwei Wochen keinen Erfolg hattet, habe ich vertrauenswürdigere Personen beauftragt.«
»Aber ich hab’ den Mörder hier! Ohne die Hilfe von denen da!«
»Das wollen wir jetzt untersuchen. Beginnt mit Euren Ausführungen.«
Josef Resenbach warf den beiden einen wütenden Blick zu und begann dann mit seinem Bericht: Der Schmied Wiegand war in seine Schwägerin verliebt, die Witwe des unglücklich umgekommenen Amtmanns Wiegand. Aber er war stets von ihr abgewiesen worden. Schon das halbe Dorf hatte über seine vergeblichen Bemühungen gelacht. Am Sonntagnachmittag vor knapp drei Wochen wollte die Frau zur Inklusin Hildegard auf den Wittekindsberg. Das machte sie fast jeden Sonntag. Dietrich Wiegand folgte ihr.
Der Schmied rief ärgerlich dazwischen: »Das stimmt nicht! Das weißt du ganz genau! Ich war bei mei’m Sohn. Bei meiner Schwester auf Wedigenstein. Ich hab’ Kuneke gar nich’ geseh’n.«
»Halt’s Maul!«, schrie Josef Resenbach dagegen, »sonst lass ich dich knebeln.«
Und wie auf das Stichwort stieß der Hauptmann dem Gefangenen seinen Ellenbogen in den Bauch. Der Schmied stöhnte auf und klappte vornüber.
Der Bischof Otto meldete sich ärgerlich zu Wort. »Meine Herren, bitte der Reihe nach. Erst einmal wird der Amtmann seinen Bericht abliefern. Dann kann der Schmied seine Aussage machen. Und inzwischen will ich nicht noch einmal so einen Ausfall sehen, Hauptmann. Sonst seid Ihr die längste Zeit Hauptmann gewesen.«
Es war mit einem Mal sehr ruhig geworden. Josef Resenbach unterbrach schließlich die Stille und fuhr fort. Dietrich Wiegand war der Witwe gefolgt, um sie wegen ihrer abweisenden Haltung ihm gegenüber zur Rede zu stellen. Es kam zum Streit, zu einem Handgemenge und dann zum Mord. Der Schmied warf die Leiche in die Weser, in der Hoffnung, sie damit endgültig verschwinden zu lassen. Wiegand löste das Boot, mit dem die Witwe über die Weser gefahren war. Er wollte seinen Mord vertuschen, sodass es aussähe, als sei sie bei der Überfahrt ins Wasser gefallen und ertrunken.
Es herrschte einen Moment gebannte Ruhe. Alle Augen richteten sich fragend auf den Bischof. Der richtete sich in seinem Stuhl auf. »Nun gut. Ist es nur eine Vermutung, die Ihr anstellt? Oder habt Ihr auch überzeugende Beweise?«
»Es gibt eine Augenzeugin, die Marie Hauser. Sie ist Magd auf der Burg. Sie ist auch unserem allseits verehrten Herrn Wedekind vom Berge bekannt. Sie sah den Streit und den Mord. Sie ist zwar heute leider nicht hier, aber sie hat mir geschworen, dass es sich so zugetragen hat und dass sie den Schmied eindeutig erkannt hat.«
Dietrich Wiegand hatte sich bisher zusammengerissen, voller Wut hatte er seinem verhassten Nachbarn zugehört. Mit einem zornigen Ausruf entwand er sich jetzt der Hand des Soldaten und stürmte auf den Amtmann zu. »Das stimmt nicht! Ich hab’s
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