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Die Herren vom Berge: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Die Herren vom Berge: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Die Herren vom Berge: Historischer Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Domeier
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Sandsteinstufen das große Haus und schritt durch die wuchtige Eichentür. Sie stand in einer großen Diele, die sich durch das ganze untere Stockwerk zog. Rechts schienen ein paar Zimmer abgetrennt, links vier Bänke mit verschiedenfarbigen Stoffen darauf, ordentlich an der Wand einige Tuchballen. Auf einem Tisch lag ein großer Foliant nebst Tintenfass. Die Mitte des Raums beanspruchte ein wuchtiger, gemauerter Kamin, über den im Winter das gesamte Haus beheizt werden konnte.
    Ein junger Bursche, schätzungsweise gerade sechzehn Jahre alt, sprang sofort auf und hastete auf sie zu. Ehrerbietig verneigte er sich. Das musste einer der Lehrlinge sein. »Guten Tag, ehrenwerte Herrin. Was kann ich für Euch tun?«
    »Guten Tag. Ist der Herr Dudenhausen da? Ich möchte geschäftlich mit ihm sprechen.«
    »Mein Vater ruht vom Mittagsmahl aus. Darf ich Euch helfen? Vielleicht kann ich Euch eine Auswahl von passenden Stoffen zeigen.«
    Aha! Der Händler war also verheiratet gewesen! Warum eigentlich nicht? Sie konnte sich nicht erinnern, dass jemand darüber gesprochen hatte, dass Dudenhausen schon einmal eine Frau gehabt hatte. Wenn der Händler bereit war, eine Witwe zu heiraten, die schon Kinder hatte, konnte er genauso gut eigene haben. Dann hatte der Tuchhändler also bereits einen Stammhalter als möglichen Nachfolger. Kuneke als zweite Ehefrau hätte also nicht mehr unter dem Druck gestanden, einen Sohn gebären zu müssen. Also konnte man sich mit – Agnes hätte beinahe laut losgelacht – etwas Gebrauchtem zufriedengeben. Ludolf färbte ab. Bald würde sie genauso unverfroren und vorlaut wie er über andere Leute lästern.
    »Das ist sehr nett von Euch, junger Mann. Aber es geht um eine größere Bestellung. Da möchte ich wegen der Bedingungen lieber mit dem Tuchhändler selbst verhandeln.« Sie log schamlos.
    Der Bursche war verlegen. Ihm passte es scheinbar überhaupt nicht, seinen Vater stören zu müssen. Agnes wusste nicht, wie streng der Händler war oder welche Strafen dem Jungen drohten, wenn er ihn aus dem Schläfchen weckte.
    »Könntet Ihr mir sagen, an wie viel Stoff Ihr gedacht habt?«
    »Ach, Ihr dürft Euren Vater nur ab einer bestimmten Menge stören?«
    Seine Miene hellte sich auf, und er nickte fleißig.
    »Es geht um zwei oder drei Ballen. Ist das genug, damit Ihr ihn stören dürft?«
    »Wartet bitte. Ich bin gleich wieder da.« Damit hastete er los und stieg geschwind die Treppe in das nächste Geschoss hoch. Nach einem Moment erklang eine ärgerliche Stimme. Das musste Dudenhausen sein. Doch es wurde sehr schnell wieder ruhig. Der Jüngling kam herunter und bat die Besucherin, noch einen Augenblick Geduld zu haben. Er bot ihr einen Platz auf einem schmucklosen Stuhl an.
    Es dauerte einige Zeit, ehe ein Mann in edler Kleidung angemessenen Schrittes die Stiege herunterkam. Er war zwischen vierzig und fünfzig Jahre alt. Sein Gesicht war von Pockennarben übersät. So mancher hätte sich einen Bart stehen lassen, um die Male zu verstecken. Aber Dudenhausen war glatt rasiert. Es sah keineswegs abstoßend aus, verlieh ihm vielmehr ein herbes, verwegenes Aussehen. Aber dafür waren die Augen durchdringend und forschend, fast stechend. Sie musterten Agnes eingehend. Sie kamen wohl zu einem günstigen Ergebnis; denn mit einem freundlichen Lächeln trat der Händler auf sie zu. »Meine Verehrung, die Dame. Ich bin Ludingher Dudenhausen. Mein Sohn Edmund sagte mir, Ihr hättet eine größere Bestellung?«
    »Agnes von Ecksten. Ich komme vom Damenstift in Möllenbeck.«
    Überrascht zog er die Augenbrauen hoch. »An was für ein Geschäft habt Ihr gedacht? Es kommt nicht so oft vor, dass jemand aus Eurem hochedlen Hause uns hier in Minden beehrt.«
    »Eine neue Dame aus einer adeligen und wohlhabenden Familie ist zu uns gekommen und hat eine hohe Mitgift für das Stift mitgebracht. Ein Teil davon soll für neue Kleider der Nonnen und Mägde bestimmt sein.«
    »An wie viel Tuch hattet Ihr dabei gedacht?«
    »Es sollten verschiedene Stoffe sein. Für Unter- und Überkleider, unterschiedliche Farben, zusammen hundertfünfzig Ellen.«
    »Oh, das klingt sehr verlockend. Aber da seid Ihr bei mir genau an der richtigen Stelle. Ohne überheblich zu sein, kann ich behaupten, dass in meinem Hause die meisten Ballen und die edelsten Gewebe der ganzen Stadt lagern. Darf ich Euch meine besten Stücke zeigen?«
    »Ich bitte darum.«
    »Kommt doch mit in die Gästestube. Da ist es bequemer und gemütlicher. Ihr

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