Die Herren vom Berge: Historischer Kriminalroman (German Edition)
und macht genauso glücklich. Darum möchte ich Euch gern zu einem Mahl heute Abend einladen. Da können wir in aller Ruhe reden. Ihr werdet sehen, wie gut das nach der ganzen Aufregung ist.«
Agnes von Ecksten stand hastig auf. Ärgerlich strich sie mehrfach ihr Kleid glatt. Damit war er eindeutig zu weit gegangen.
Zuerst hatte Ludolf das Gespräch der beiden mit Unmut verfolgt. Wie Agnes diesen groben Kerl angestarrt hatte! Aber dann hatte dieser gammelige Soldat einen entscheidenden Fehler gemacht. Er hätte Agnes’ Gelehrsamkeit nicht belächeln dürfen. Damit hatte er es sich mit Agnes verscherzt, stellte Ludolf voller Genugtuung fest.
Kühl sagte Agnes nun zu Wolfram von Lübbecke: »Ihr müsst den Tuchhändler Ludingher Dudenhausen wegen des Mordes an Kuneke Wiegand verhaften.«
Was sagte sie da? Der Hauptmann und Ludolf fuhren zusammen. Agnes schilderte, was sie in dem »Gespräch« mit Dudenhausen erfahren hatte. Ludolf trat näher heran. Er wollte auf keinen Fall ein Wort verpassen. Mit Dudenhausen als Täter hatte er kaum gerechnet. Was hatte er übersehen? Sollte sie mit ihrem Verdacht recht behalten haben? Agnes schilderte den Plan, den Dudenhausen und Mechthild Fischer ausgeheckt hatten, um Kuneke zur Heirat zu zwingen. An dem besagten Sonntag nach der Messe bei der Schalksburg hatte Dudenhausen Kuneke vor die Wahl gestellt. Sie hatte abgelehnt. Deshalb hatte er sie am Nachmittag oder Abend auf ihrem Rückweg von der Inklusin abgefangen, um sie hier oben im Dachboden seines Hauses in eine Kammer zu sperren. Wahrscheinlich hatte sich die Arme zu sehr gewehrt, sodass er die Beherrschung verlor und auf sie einschlug. Wie unberechenbar und aufbrausend er sein konnte, hatte man ja soeben erleben können.
»Damit habe ich meinen Auftrag erledigt«, beendete Agnes ihre Ausführungen mit einem zufriedenen Lächeln. »Kuneke gefunden und dazu ihren Mörder.« Sie war stolz auf sich. Auch ihre Äbtissin würde ganz sicher sehr zufrieden mit ihr sein, ebenso der Bischof. Und Ludolf würde hoffentlich endlich einsehen, dass er ihr nie und nimmer das Wasser reichen konnte.
»Das hat dir Dudenhausen alles verraten?«, vergewisserte sich Ludolf.
Agnes drehte sich zu ihm, wich aber seinem Blick aus. Sie zögerte ein wenig. »Nicht ganz. Das bis zum Einsperren hat er zugegeben. Es war schon ein wenig mühselig, ihn dazu zu bringen. Erst als er richtig wütend war, hat er endlich ausgepackt. Er hat von dem Plan erzählt. Dass er Kuneke an der Weser erwartet und erschlagen hat, natürlich nicht. Aber selbst du wirst zugeben müssen, dass das eine logische Folgerung davon ist. Es passt einfach zusammen.«
»Ja. Es passt. Aber wenn er den Plan zugibt, bedeutet das noch nicht, dass er den Mord auch begangen hat. Wir haben zwar einen Verdacht, jedoch keinen Beweis.«
Agnes wurde wütend. »Du erträgst es nur nicht, dass ich die Lösung gefunden habe! Du willst nur nicht zugeben, dass du unrecht hast!«
Der Hauptmann mischte sich ein: »Ganz ruhig. Wir hab’n den Kerl im Kerker. Damit hab’n wir auch die Möglichkeit, ein Geständnis aus ihm herauszukitzeln. Der wird singen als wie ’ne Lerche.« Dabei rieb er sich die Hände und grinste erwartungsvoll.
Ludolf machte ein paar Schritte auf ihn zu und schaute ihn durchdringend an. »Mein lieber Hauptmann. Wie viele Menschen haben wohl schon ein falsches Geständnis abgegeben, um einer Befragung durch Folter zu entgehen?«
»Ach. Wer im Kerker sitzt, hat auch Dreck am Stecken.«
»Wie lange würdet Ihr standhalten, wenn plötzlich jemand behaupten würde, Ihr seid ein Hexenmeister, der nachts schwarze Magie betreibt und Teufelsbeschwörungen durchführt?«
»Dazu braucht Ihr Beweise. Sonst seid Ihr schneller auf dem Scheiterhaufen als ich.«
Ludolf mochte gar nicht darüber nachdenken, wie viele Unschuldige dieser grobe Klotz zu Verbrechern gemacht hatte. »Ihr kennt Euch ganz sicher mit den Beweisen aus, die auf eine Hexe oder einen Hexenmeister hindeuten.«
»Was glaubt Ihr denn? Wäre ich sonst Hauptmann?«
»Richtig. Erster Beweis. Ihr habt da am Hals, kurz oberhalb des Kragens, so ein eigenartig geformtes Muttermal. Dort lasst Ihr die Barthaare ein wenig länger wachsen, um es zu verdecken. Sieht das nicht aus wie eine Katze? Eine schwarze Katze? Oh ha. Böses Omen.«
Unruhig fasste sich der Angesprochene an den Hals und versuchte, das Mal zu verdecken.
Agnes nickte. Sie hatte den Fleck noch gar nicht wahrgenommen, aber er sah wirklich eigenartig
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