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Die Herrin von Rosecliffe

Die Herrin von Rosecliffe

Titel: Die Herrin von Rosecliffe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rexanne Becnel
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er einen schweren Fehler begangen hatte. In seinem Zorn hatte er sich dazu hinreißen lassen, seine Achillesferse zu enthüllen - die Stelle, an der er am verletzlichsten war. Gewiss, sein Vater war ein furchtloser Mann gewesen, das stellte niemand in Zweifel, und er war von einem Engländer getötet worden. Aber er war auch ein grausamer Mann gewesen - grausam zu Frauen, grausam zu seinem eigenen Sohn, grausam zu allen, die kleiner und schwächer waren. Daran konnte Rhys sich noch genau erinnern. Trotzdem - Owain ap Madoc hatte als Einziger gegen die englischen Invasoren gekämpft, und an seinem Grab hatte Rhys sich geschworen, es seinem Vater gleichzutun.
    Vor Wut zitternd schob er sein Schwert wieder in die Scheide. »Ich würde dir raten, alter Mann, in Zukunft genau zu überlegen, was du sagst. Ich will kein Blut vergießen, doch wenn man mich reizt könnte ich alle guten Vorsätze vergessen.«
    Nach diesen Worten verließ er den Kerker, unzufrieden mit sich selbst, von leisen Zweifeln geplagt, ob er seiner Aufgabe wirklich gewachsen sein würde.
    Osborn blickte dem jungen Waliser nach. Die anderen Männer murrten, fluchten und stießen wilde Drohungen gegen den frechen Kerl aus, der sie getäuscht und überwältigt hatte. Osborn schwieg, rieb sich das Gesicht und versuchte nüchtern zu überlegen. Für ihn stand fest, dass Rhys Isolde nicht in Ruhe lassen würde. Sie war viel zu hübsch - und außerdem eine Fitz Hugh, aufsässig und stolz wie ihre walisische Mutter Josselyn, die vor zwanzig Jahren nicht bereit gewesen war, die Engländer als neue Herren in ihrem Land zu akzeptieren. Jetzt würde Isolde ebenso wenig bereit sein, walisische Rebellen als neue Herren von Rosecliffe Castle zu akzeptieren. »Mein Gott«, flüsterte Osborn. Wenn Rhys auch nur halb so grausam wie sein Vater war, würde es Isolde schlecht ergehen ...
    Sie hatte beteuert, dass er ihr bisher nichts getan hatte, aber Osborn war sich nicht ganz sicher, ob sie nicht gelogen hatte. Ihr ungewöhnliches Interesse an dem Spielmann Reevius war ihm natürlich aufgefallen, aber er hatte gedacht dass sie nur Laute spielen lernen wollte. Vielleicht hatte er sich getäuscht vielleicht hatte der angebliche fahrende Sänger sie fasziniert.
    Doch selbst wenn das der Fall gewesen sein sollte, würde sie nichts mehr von dem Kerl wissen wollen, seit sie seine wahre Identität kannte. Isolde hasste Rhys ap Owain von ganzem Herzen. Josselyn und Rhonwen hatten früher immer nach irgendwelchen Entschuldigungen für seine Schandtaten gesucht: Josselyn hatte ihn als mutterlosen kleinen jungen kennen gelernt um den sich kein Mensch kümmerte; und Rhonwen hatte in ihm ihren treuen Jugendfreund gesehen, der in den Wäldern hauste und andere Heimatlose um sich scharte. Auch Rand und Jasper hatten geglaubt dass etwas Gutes in dem Burschen stecken könnte, und ihn deshalb nach England geschickt, wo ihm eine ausgezeichnete Erziehung zuteil geworden war.
    Nur Isolde war seit jenem Tag, als er sie - damals noch ein kleines Mädchen - entführt hatte, überzeugt gewesen, dass Rhys von Grund auf schlecht war, ein Bösewicht sondergleichen, und sie hatte ihn mit einer Leidenschaft gehasst die bei Kindern selten zu finden ist.
    Osborn umklammerte die kalten Eisenstangen und stieß einen schweren Seufzer aus. Josselyn und Rhonwen, Rand und Jasper hatten sich geirrt als sie glaubten, Rhys läutern zu können. Trotz ihrer Jugend hatte Isolde seinen Charakter besser eingeschätzt als die Erwachsenen. Und ausgerechnet sie würde jetzt für die Fehlurteile ihrer Familie büßen müssen.
    »Gott steh ihr bei!«, flehte der Hauptmann, der sich schwere Vorwürfe machte, dass er die seltsamen Spielleute in die Festung eingelassen hatte. Sein Instinkt hatte sich im Nachhinein als richtig erwiesen, doch das bereitete ihm nicht die geringste Genugtuung. »Gott steh uns allen bei! «

Kapitel 11
     
    Ein solches Frühstück hatte Isolde in Rosecliffe noch nie erlebt. Es hatte keine Morgengebete gegeben, und während die gekochten Haferflocken, Milch, Honig und Brot serviert wurden, saß sie mutterseelenallein an dem Tisch auf dem Podest wo normalerweise bei allen Mahlzeiten fröhlich geplaudert wurde. Heute waren in der Halle nur die rauen Stimmen der walisischen Rebellen zu hören. Sie flegelten sich an einem langen Tisch, feierten lautstark ihren Sieg, aßen mit Heißhunger und leerten einen Bierkrug nach dem anderen.
    Isolde selbst brachte keinen Bissen hinunter. Besorgt betrachtete sie

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