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Die Herzen aller Mädchen

Titel: Die Herzen aller Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Geier
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sie trug ihr schönstes Kleid, das rote mit den Tupfen.
     
    * * *
    »… vielleicht möchte diese Oberhuber ja wirklich nur ein Mordsaufsehen und mit einem berühmten Namen Geld verdienen«, schloss Bettina, die inzwischen Johnny Montes erste Mission aus seiner braunen Tüte geholt hatte und das Buch von allen Seiten betrachtete, während sie Syra die Fernsehdiskussion mit Krampe und Oberhuber schilderte. »Aber ich hatte die ganze Zeit das Gefühl, dass diese Frau, na ja, spielt, verstehen Sie? Da war irgendwas zwischen ihr und Krampe, was Persönliches. Das mit dem verrückten Buch, das ihr angeblich vom alten Krampe aus dem Jenseits eingegeben wurde, ist natürlich strange, aber viel komischer war die Frau selber. Mit der stimmt irgendwas nicht.«
    Am anderen Ende der Leitung klapperte etwas, dann hörte Bettina eine leise Tonfolge, die vermutlich bedeutete, dass Kriminalrätin Syra ihren Computer hochfuhr. »Oberhuber, Oberhuber«, sagte sie ziemlich laut in den Hörer. »Diesen Namen kenne ich. Die haben wir, glaube ich, überprüft. Ein anderer Kollege hat die Sendung auch gesehen. Haben Sie das nicht in der Akte?«
    Bettina ließ das Buch fallen und eilte in die Küche, wo sie die Papiere auf dem Küchenschrank deponiert hatte. »Ich glaube nicht, aber ich schau mal«, sagte sie.
    »Da«, sprach Syra indessen. »Ich hab sie. Anna Oberhuber, wohnhaft in Haßfurt am Main, das ist in –«
    »Franken«, sagte Bettina, die inzwischen alle Papiere aus der Akte hektisch über den Küchentisch verteilt hatte, ohne eine Spur von Anna Oberhuber zu finden.
    »Genau«, sagte Syra. »Alleinstehend, kinderlos, Besitzerin eines Biohofs, außerdem tätig als freie Autorin und Persönlichkeitstrainerin, erkennungsdienstlich behandelt, vorbestraft wegen Inanspruchnahme und Begünstigung von Schwarzarbeit und Steuerhinterziehung in minderschwerem Fall, es wurde auch mehrfach gegen sie ermittelt wegen Betrugsverdachts. Also sie scheint das zu sein, was sie vorgibt, Frau Boll.«
    »Tja, schade«, sagte Bettina, die immer noch fieberhaft in den Papieren suchte. »Aber vielleicht sollte man doch mal mit ihr reden. Ich könnte das über–« Sie fand das gesuchte Blatt und überflog es.
    »Frau Boll?«, fragte Syra und raschelte wieder.
    »Ich hab hier einen richtigen Meldebogen von Frau Oberhuber«, sagte Bettina erstaunt. »Haben Sie das auch? Mit Angehörigen und allem?«
    »Ich bin in der Polis- Datei.«
    »Da sehen Sie das aber auch.«
    »Was?«, fragte Syra kauend. Sie dinierte wohl tatsächlich allein in ihrem Hotelzimmer.
    »Ihren Geburtsort!«
    Eine Pause entstand. Dann sagte Syra: »Langsam werden Sie mir unheimlich, Frau Boll.«
    »Anna Oberhuber, geborene Ritrovato«, las Bettina. »Geboren 1959 in Rom, Italien. Staatsbürgerschaften: deutsch und italienisch bis zu ihrem achtzehnten Lebensjahr, danach gab sie die italienische auf. Eltern: Corinna Oberhuber und Vespasiano Ritrovato, Geschwister: Angelina Ritrovato. 1968 kam Anna mit ihrer Mutter in die Bundesrepublik. Zu der Zeit wurde ihr Name in Oberhuber geändert, und sie behielten dieselbe Adresse bis zu Corinna Oberhubers Tod vor vier Jahren.«
    »Ja«, sagte Syra in einem komischen Tonfall. »Sie sagten, Sie haben den Meldebogen?«
    »Genau. – Morgen fahr ich nach Haßfurt und rede mit ihr«, erklärte Bettina spontan.
    »Sie fahren morgen nach Rosenhaag und bleiben sonst brav bei Ihren Kindern, Frau Boll«, sagte Syra. »Erstens werden Millionen von Menschen in Rom geboren. Auch Deutsche. Und zweitens kann ein Kollege vor Ort die Befragung von Frau Oberhuber erledigen. Wir sind schließlich das BKA. Unsere Verbindungen reichen bis nach Bayern.«
     
    Nachdem Syra das Telefonat beendet hatte, war Bettina so fahrig, dass sie sich mitten in der Küche eine Zigarette ansteckte, obwohl sie eigentlich schon ewig nicht mehr in der Wohnung rauchte. Sie merkte es erst, als ihr plötzlich ein Aschenbecher fehlte. Da nahm sie kurzerhand dem Basilikum den Untersetzer weg und stellte ihn vor sich auf den Tisch. Anschließend sortierte sie sorgfältig die Akte neu und rauchte noch drei Zigaretten dabei. Sie ging einen Stapel weiterer Personenbeschreibungen durch, doch entdeckte nichts von Belang. Dann dachte sie kurz darüber nach, die gesamte Küche aus- und wieder neu einzuräumen, um zumindest einen Raum gründlich nach alter versteckter Munition abgesucht zu haben, doch diese Arbeit schien ihr dann doch zu gewaltig für eine schlaflose Nacht. Außerdem ließ sie

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