Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Herzen aller Mädchen

Titel: Die Herzen aller Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Geier
Vom Netzwerk:
sich Gregor, was Johnny Montes, der Mistkerl, der ihn seine ganze Jugend über verfolgt hatte, in seiner Situation wohl getan hätte. Eigentlich hasste er die Momente, in denen Johnny Montes übernahm. Johnny war nicht billig, er kostete Seelenfrieden und Stolz. Ihn zu Hilfe zu nehmen war wie den Vater um Geld anbetteln. Johnny Montes war ein Almosen. Dafür wusste er stets, was zu tun war. »Frau Obermeier«, sagte er mit Gregors Stimme.
    »Oberhuber«, verbesserte sie lächelnd.
    »Ich danke Ihnen«, sagte Johnny Montes ernst und blickte aus Gregors Gesicht in die Runde.
    »Gerrne.« Die Wahrsagerin wähnte sich in Sicherheit. Sie kannte Johnny Montes eben doch nicht. Und unverdienten Dank entgegennehmen war ihre Profession.
     
    Er dankte? Bettina schmeckte Pistazieneis und merkte jetzt erst, dass sie den Becher aufgemacht hatte. So ganz ohne Ironie, so ehrlich? Das konnte er aber nicht glauben, dass sein Vater im Himmel saß und einer Tante wie der Oberhuber Abenteuerromane eingab. Im Leben nicht.
    »Ich wusste immer, dass mein Vater nicht ganz fort ist«, erklärte Krampe junior indessen. »Irgendwo dort oben ist er noch präsent.«
    Das Publikum schwieg ungläubig, Oberhubers Gesicht war braun und harmlos, Kachelmacher zog eine Grimasse.
    »Und eins weiß ich außerdem. Die ganze Leidenschaft meines Vaters war das Schreiben. Nichts hat er so sehr geliebt.« Nun hob Krampe den Blick zur Decke. »Wenn er wirklich mit einem neuen Buch in den Sphären hinge, dann würde er alles tun, wirklich alles, damit jemand es aufschreibt. Er würde so handeln, wie Sie gesagt haben. Er würde sich ein Medium suchen, irgendeines, egal wen, die Nächstbeste, die sich anbietet.« Nun konnte er ein kleines freches Grinsen nicht unterdrücken. »Viel anders war er im wirklichen Leben auch nicht, da hat er seine Sachen, wenn es sein musste, auf Klopapier notiert.«
    Bettina begann zu lachen.
     
    »Er war so unglaublich überzeugend.« Das musste nicht mal Johnny Montes sagen, das kam aus Gregors Mund, das stimmte. Georg Krampe hatte sich immer verschafft, was er wollte. »Bei der Lektüre seiner Tagebücher hat es mich immer wieder überrascht, wozu er manche Frauen offensichtlich bringen konnte.«
    »In meinen Tagebüchern kann ich die Frauen auch zu Gott weiß was bringen«, warf Kachelmacher ein.
    »Aber diktieren Sie mal einer Frau aus dem Jenseits einen Roman«, entgegnete Gregor feierlich.
    »Stimmt.« Kachelmacher schnurrte wie eine fette Katze. » Das ist die Oberliga.«
    »Und schaffen Sie es vor allem, dass Sie auch als Urheber genannt werden. Da müssen Sie jemand Redliches finden, denn wie leicht wäre es, so einen Roman einfach unter eigenem Namen zu veröffentlichen.«
    Nun gab es einen einzigen Lacher im Publikum, tief und vergnügt, der gab Gregor Auftrieb. Oberhuber dagegen schien endlich Gefahr und ihr Stichwort zu wittern, Vertragsrecht. »Grregor«, sprach sie, »wir haben des dutzendfach geprrüft, es hat alles seine Richtigkeit, solange ich als Herrausgeberrin und Co-Autorrin auftrrete, sagt der Verlag –«
    Dieser Verlag, genau, dachte Gregor, was die sich geleistet hatten, war ungeheuerlich, der Laden gehörte sofort zugemacht. Andererseits würden Leute mit solchem Geschäftsgebaren die Vorteile seiner, nun ja, der Johnny-Montes-Lösung klar erkennen. Die würden nicht lange in falscher Loyalität an einer unbekannten Wahrsagerin festhalten, wenn sie sich einen teuren Prozess sparten und obendrauf den ›echten‹ Krampe haben konnten. »Ich muss Ihnen danken, Frau Oberhuber. Mein Vater wird für sich selbst gesprochen haben, aber meine Mutter, seine Erbin, wird sich ebenso freuen. Wir werden das Buch unter seinem Namen vertreiben, wie Sie es wünschen. Die Tantiemen kann sie gut gebrauchen. Sie bekommen für Ihre Arbeit natürlich eine Abfindung. Sie haben viel für uns getan.« Damit erhob sich Gregor von seinem Sessel, machte zwei Schritte um den Tisch und den erstaunten Kachelmacher und ergriff Oberhubers Hände. »Vielen Dank.«
    Ihre Augen waren ganz nah und hell und kalt und das Licht der Scheinwerfer reflektierte darin, sodass ihre Pupillen einen Moment breit und eckig wirkten wie die einer Ziege. »Bitte«, sagte sie schließlich in das wartende Schweigen hinein.
    Zögerlicher Applaus setzte ein. Gregor grinste triumphierend. Oberhuber aber ließ ihre braune und überraschend kalte Hand in seiner liegen und musterte ihn mit sehr merkwürdigem Gesichtsausdruck. »Diese Vorstellung war alberrn,

Weitere Kostenlose Bücher