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Die Herzogin, ihre Zofe, der Stallbursche und ihr Liebhaber

Die Herzogin, ihre Zofe, der Stallbursche und ihr Liebhaber

Titel: Die Herzogin, ihre Zofe, der Stallbursche und ihr Liebhaber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victoria Janssen
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eine falsche Vorstellung von dem, was ich ertragen kann.”
Peng.
    “Es tut mir leid”, beteuerte er. “Wenn ich Belette davon hätte abhalten können, Euch zu berühren …”
    “Sei nicht töricht”, wiederholte sie. “Du scheinst auch eine völlig falsche Vorstellung von deinen Aufgaben und Pflichten zu haben.”
    Henri zuckte zusammen und starrte hinunter auf seine Stiefelspitzen. Offensichtlich wollte sie nicht über das reden, was zwischen Belette und ihr passiert war, ebenso wenig wie sie irgendeine Hilfe von Henri annehmen wollte. Jedenfalls nicht im Moment. Unter seinen Wimpern hervor wagte er einen weiteren Blick in ihre Richtung. Mit ruhigen Händen schnitt sie ihr Haar. Sie sah nicht so aus, als würde sie irgendeine Unterstützung von ihm brauchen. Wenn sie ihn aber doch brauchte, würde er dann fähig sein, es zu erkennen? Ratlos hob er die Hand zum Mund und kaute an seinem Fingerknöchel. Es vergingen einige Minuten, dann sagte sie: “Henri.”
    “Ja, Madame.”
    “Es geht mir gut”, erklärte sie. “Ich schneide meine Haare ab, damit ich anders aussehe als bei unserer letzten Rast. Ich bin nicht verrückt geworden.”
    “Nein, Madame.”
    Sie seufzte. “Du darfst mich ruhig ansehen, Henri. Du hast nichts falsch gemacht. Im Gegenteil.”
    “Ich habe zugelassen, dass er …”
    “
Ich
habe es zugelassen”, verbesserte sie ihn. “Es ging nicht anders. Ich bereue es nicht.”
    “Ja, Madame.”
    “Und jetzt vergiss es. Ich habe es schon vergessen.”
    “Ja, Madame.” Henri wandte sich Tulipe zu und kraulte das Tier unter seinem Stirnhaar. “Hat er Euch wehgetan?”
    “Das heilt. Du musst Belette gegenüber keine Rachegedanken hegen. Ich ziehe es vor, wenn du am Leben bleibst und dich nützlich machst. Wenn du tot bist, bist du nur noch ein seelenloser Körper.”
    “Ja, Madame.” Er band die Zügel des Pferdes um einen Ast, setzte sich im Schneidersitz zwischen die welken Blätter, sah sie an und bemühte sich, nicht nachzudenken. Wenn er über das nachdachte, was sie gesagt und nicht gesagt hatte, ging es in seinem Kopf drunter und drüber.
    Als die Herzogin schließlich mit dem Schnipseln aufhörte, reichten ihr die Haare kaum noch über die Ohren. Es sah aus, als hätte sie sie mit einem stumpfen Messer bearbeitet. Er versuchte seine Bestürzung zu verbergen, war aber offenbar nicht sonderlich erfolgreich damit, denn sie lächelte ihn verschmitzt an und streckte ihm die Schere entgegen. “Bring ein bisschen Ordnung in die Sache.”
    Henri konnte nicht anders, als sie anzugrinsen. Ihr schelmisches Lächeln hatte ihm gefallen, und er bemühte sich, es genauso warm und übermütig zu erwidern. Willig machte er sich an die Arbeit, legte dabei seine freie Hand auf ihren warmen Nacken oder gegen ihre Wange, um ihren Kopf festzuhalten. Er schnitt ihr Haar sorgfältiger, als er es normalerweise bei seinem eigenen Haar tat. Es war allerdings auch einfacher, ordentlich zu schneiden, wenn man es bei jemand anders machte.
    Sobald er fertig war, beugte er sich vor und küsste sie sanft auf die Lippen. Er hatte ihr Haar am Hinterkopf kurz geschnitten, während fedrige Strähnen in ihre Stirn, über ihren schmalen Nacken und die zart geformten Ohren fielen.
    “Es kribbelt mich überall unter meinem Kleid”, stellte die Herzogin fest. “Ich werde die abgeschnittenen Haare wohl dort dulden müssen, bis wir wieder baden können.”
    “Es war Eure eigene Idee, sich jetzt die Haare zu schneiden”, erinnerte Henri sie zaghaft.
    “Das stimmt. Ich bin selbst schuld.” Sie stand auf, wühlte in ihrer Satteltasche herum und zog den zerdrückten Hut hervor, den sie ganz zu Beginn ihrer Reise getragen hatte. “Komm, hilf mir aufs Pferd.”
    Obwohl Henri fand, dass die Herzogin mit kurzen Haaren mehr auffiel, als vorher mit ihren langen, legten sie den Rest ihres Weges an diesem Tag ohne irgendwelche Zwischenfälle zurück. Vielleicht lenkte der Hut von der Frisur ab. Am auffälligsten an ihnen war, dass sie weder Kaufleute noch Viehhändler waren, wie sie sonst auf dieser Straße unterwegs waren. Einmal mussten sie am Straßenrand warten, damit eine Gänseschar vorbeiziehen konnte. Tulipe reagierte nervös auf ihr lautes Geschnatter und das wilde Flügelschlagen, doch schon bald hatten die beiden gefleckten Hunde des Viehtreibers die Gänse vorbeigejagt, und zurück blieb nur eine Spur aus Kot, der härter und klebriger war als der von anderen Vögeln. Henri beschloss, dass die Pferde abends

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