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Die Hexe von Freiburg (German Edition)

Die Hexe von Freiburg (German Edition)

Titel: Die Hexe von Freiburg (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
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sie sich die Haare raufen darüber, dass sie Christoph und mich auseinander gebracht hat.
    Die ersten zwei, drei Tage waren eine Qual. Gerlinde und Ruth, die, wie Catharina schnell begriff, tatsächlich für Geld mit Männern schliefen, waren ihr von Anfang an feindselig gesonnen. Nachts fand sie kaum Schlaf, ihre Arme und Beine waren von Ungeziefer zerstochen, und von den Gästen hatte sie noch keinen einzigen Pfennig zugesteckt bekommen. Doch erstaunlicherweise gewöhnte sie sich trotz allem an ihre neue Umgebung, sie störte sich immer weniger an dem Schmutz und Unrat, an den ständigen Raufereien und daran, dass sie bei den Gästen als Zicke verschrien war. Mochten die doch mit ihren dreckigen Pfoten die anderen Frauen betatschen. Und der Rappenwirt, das war ihr nicht entgangen, schätzte ihre Arbeitskraft. Ja, sie war stolz, dass sie es hier aushielt. Sie brauchte niemanden, der sich um sie kümmerte.
    Nach etwa einer Woche bemerkte sie, dass ihr Vorrat an Trockenwurst verschwunden war. Erbost stellte sie ihre beiden Kammergenossinnen zur Rede.
    Ruth lachte laut auf. «Was bist du nur für ein Häschen! Hast du nicht gewusst, dass wir hier alles teilen? Das Zimmer, die Wurst, sogar die Männer.»
    «Ich glaube, unsere Catharina treibt’s lieber mit Frauen. Hab ich Recht?» Bei diesen Worten griff Gerlinde ihr zwischen die Beine. Catharina gab ihr einen harten Schlag auf die Hand.
    «Wenn ihr mir nochmal was klaut, sage ich es dem Wirt.»
    Die beiden schüttelten sich vor Lachen. «Du bist so dumm! Weißt du, was den Wirt das kümmert? Einen Scheißdreck!»
    Am selben Abend nahm der Wirt sie beiseite.
    «Du bist das flinkste und zuverlässigste Mädchen, das ich je hatte. Aber wenn du dich weiter so anstellst mit den Männern hier, wirst du nicht lange bleiben können.»
    «Was soll das heißen?»
    «Menschenskind, die Männer müssen bei Laune gehalten werden. Je mehr Spaß sie mit den Mädchen haben, desto mehr trinken sie. Will das nicht in deinen Kopf, verdammt nochmal?»
    Sie sollte sich also als Dirne verdingen.
    «Nein, das nicht», murmelte sie und ließ ihn stehen.
    Fortan gab sie sich noch mehr Mühe bei der Arbeit, versuchte auch, freundlicher zu den Gästen zu sein – alles in der Hoffnung, nicht eines Tages ihre Stellung zu verlieren. Meist fühlte sie sich abends so erschöpft, dass sie nicht wusste, wie sie den morgigen Tag durchstehen sollte.
    Da tauchte eines Abends Berthold auf. Sie bemerkte ihn zunächst gar nicht, denn er hatte sich unter die Gäste gemischt und sie unbemerkt beobachtet. Einer der Stammgäste griff gerade nach Catharinas Arm und wollte sie küssen. Als sie sich wehrte, stieg der Mann auf den Tisch, hob sein Glas und rief:
    «Hiermit trinke ich auf Catharina, ein Mädchen, kalt wie ein Eiszapfen. Möge sie einmal so richtig durchgevögelt werden von uns allen!» Dabei fasste er sich an den Hosenlatz und machte eine unzüchtige Bewegung.
    Die Umstehenden schrien und klatschten. Wütend wollte Catharina sich auf ihn stürzen, da flüsterte eine bekannte Stimme an ihrem Ohr: «Das lohnt nicht. Lass uns gehen.»
    Stumm ließ sie sich von Berthold auf die Gasse führen. Scham hatte jetzt ihre Wut abgelöst, Scham darüber, dass ein Freund ihrer Familie sie in dieser unwürdigen Situation erlebt hatte.
    «Was soll jetzt werden?», fragte sie leise.
    «Wir holen deine Sachen und gehen zu uns.»
    «Und dann?»
    «Ab morgen arbeitest du bei uns im Schneckenwirtshaus – wenn du noch willst.»
    Schweigend gingen sie nebeneinander her. Schließlich räusperte sich Berthold.
    «Lene hat zu Hause erzählt, in was für eine Spelunke es dich verschlagen hat. Was waren wir nur für Dummköpfe, Marthe und ich. Hätte ich geahnt, was es dir bedeutete, aus Lehen wegzukommen – du hättest auf jeden Fall bei mir eine Arbeit gefunden. Zumal ich inzwischen nicht nur Christophs Vormund bin, sondern auch deiner.»
    Berthold besaß bei der Mehlwaage, wo sich das Wirtshaus befand, noch ein winziges zweistöckiges Häuschen, dessen Bewohner an der Pest gestorben waren. Dort wohnte jetzt Bertholds neue Köchin, und Catharina zog noch am selben Abend ein.
    «Meine Güte, hast du jetzt viel Platz für dich allein», stellte Lene fest, als sie Catharinas neues Zuhause im Obergeschoss des Häuschens besichtigte. «Da kann man ja neidisch werden. Was meinst du, wie eng es inzwischen bei uns geworden ist.»
    Auch Catharina fühlte sich nach den Wochen im Rappen wie in einem Palast. Berthold hatte das kleine

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