Die Hexenköchin: Historischer Roman (German Edition)
jetzt die Äbtissin.“
Ich wollte mich entfernen, er aber verstärkte den Druck seiner angenehmen Hände und beschwor mich: „Tora, bitte gib acht auf dich.“
Erst als ich darauf nickte, gab er mich frei.
N ur stoßweise konnte ich die Äbtissin im Verwaltungskontor von dem Vorhaben der acht soeben hier eingetroffenen Verbrecher unterrichten. Sie reagierte erstaunlich gefasst, da sie von derzeitigen Hugenottenüberfällen auf süddeutsche Nonnenklöster, wie sie mir sagte, bereits Kunde hatte.
„Setze deine Lehrerin Mira in Kenntnis“, trug sie mir auf, „doch sie soll über die Angelegenheit Stillschweigen bewahren, um Panik zu vermeiden. Lauf schon, und anschließend erwarte ich dich im kleinen Aufenthaltsraum des Refektoriums.“
„Ja, Tante Anna.“
Nachdem ich den Auftrag durchgeführt hatte, betrat ich den angewiesenen Aufenthaltsraum, wo neben der Äbtissin auch Notburga auf mich wartete. Offensichtlich war Notburga ebenfalls informiert, denn als ich die Tür hinter mir schloss, begann die Äbtissin: „Außer Gerlinde wissen hier im Kloster nur wir drei von dem geplanten Überfall, und so soll es auch bleiben. Wir werden versuchen, die aggressiven Räuber zu besänftigen. Tora, du musst schlichtere Kleidung anlegen, reizt die Franzosen ja sonst noch mehr auf. Und du, Notburga richtest für alle Fälle den Gästeschlafraum nett her, alle Strohsäcke mit frischem Leinen beziehen und die besten Schlafdecken drauf. Anschließend treffen wir uns wieder in diesem Raum. Ihr helft mir später beim Servieren, und du, Tora, übersetzt mir dabei unauffällig, die Unterhaltungen der Männer. Sowie Gefahr droht, schicke ich unsere Schwestern ins Dormitoruim. Habt ihr noch Fragen?“
Ich wollte wissen, wohin bei Gefahr das Küchenpersonal fliehen soll, denn drei der Köchinnen wohnten in Nachbarorten, worauf die Äbtissin erwiderte: „Ist bereits mit Gerlinde besprochen. Sie schickt alle dann ins Gesindehaus und alarmiert auch am Tor die dortigen Wachtmänner. Aber soweit muss es nicht kommen, immerhin kann es uns gelingen, die gaumenverwöhnten Franzosen mit Gourmetspeisen und freundlichem Entgegenkommen umzustimmen, Gerlinde steht bereits am Kochherd. Und nun fix ans Werk.“
In meiner Stube entschied ich mich zu meinem dunkelblauen Kleid, jedoch ohne die weiten Unterröcke, steckte mir dann das Haar hoch und band mir, der hiesigen Nonnentracht ähnlich, ein graues Schultertuch um den Kopf. Das kostete zwar Zeit, rentierte sich jedoch, denn so könnten mich die Kerle für eine angehende Novizin halten. Wenn nur nachher mein Verstand durchhält, in schwierigen Situationen drohte er sich nach wie vor zu zerrütten. Ich hielt einen Moment inne, um mir unsere Lage vor Augen zu führen. Sicher hatten diese Verbrecher bisher mit Nonnen leichtes Spiel gehabt, wofür ihre reichgefüllten Beutesäcke sprachen, wir hingegen kannten ihr Vorhaben, dem wir mit Klosterkünsten entgegenwirken können. Und falls uns das misslingt, kommen uns die Landsknechte zur Hilfe. - Sofern Raimund mehr als nur zwei oder drei zugesprochen werden.
Z urück im Refektorium hörte ich von weitem, dass sich die Äbtissin im Speiseraum bereits mit dem Räuberhauptmann unterhielt.
„Hier rein“, vernahm ich Notburgas Männerstimme, und während sie mich in den Gästeschlafraum zog, hieß sie mich: „Hilf mir, die Strohsäcke zu beziehen, alleine schaff ich das nie. Bei Einbruch der Dämmerung sollen dann nicht die Novizinnen, sondern wir beide alle Fensterklappen des Refektoriums schließen sowie alle Innen- und Außenlampen anzünden.“
„Ist recht. Hast du die Hugenotten schon gesehen?“
„Bisher nur vier, aber stinken und krakeelen tun die für acht. Scheußliche Brüder. Hast du Angst, Tora?“
„Die kann ich mir jetzt nicht leisten.“ Und du wage ja nicht, mich unter den derzeitigen Bedingungen auch nur im Geringsten zu belästigen, warnte ich sie gedanklich.
Der Schlafraum war hergerichtet, die Läden geschlossen, und alle Lampen brannten, als die Nonnen zum Abendbrot nacheinander über den langen Flur geschritten kamen. Notburga und ich reihten uns unter sie. Im Speiseraum begrüßten wir die sechs bereits hier anwesenden Franzosen nach Nonnenart mit kurzem Kopfnicken und verteilten uns auf unsere Plätze. Kampflüstern, fast sprungbereit saßen die Ganoven am Gästetisch nahe der offenstehenden Ausgangstür, durch die sich ihr scharfer Körpergeruch ein wenig verflüchtigte.
Nun wandte sich die Äbtissin der Nonnentafel zu und
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