Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Hudson Saga 02 - In dunkler Nacht

Die Hudson Saga 02 - In dunkler Nacht

Titel: Die Hudson Saga 02 - In dunkler Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
Vom Netzwerk:
sein, um mit seiner Frau zu frühstücken. Nur selten konnte er sie nachts festhalten.
    Was für ein seltsames Leben, dachte ich, voller so vieler schrecklicher Opfer. Was erhoffte er sich am Ende? Wo sah er sich selbst in vielen Jahren?
    Ich dachte an die vielen, vielen Nächte, die Mama alleine schlief, nicht weil Ken weg sein musste, sondern weil er irgendwo hinter Schloss und Riegel saß oder seinen Rausch ausschlief.
    Bevor ich wieder einschlief, schwor ich mir etwas.
    Ich werde nie alleine einschlafen, wenn ich verheiratet bin. Ich werde auf den Mann warten, der mir
sagte, dass er ohne mich neben sich, ohne mich in seinen Armen halten zu können, nicht schlafen würde.
    Das war wirklich Liebe.
    Oder war das nur ein weiteres Hirngespinst?
    Ein weiterer Teil des Stückes?
    »Zieh den Vorhang auf, Sonnenlicht«, flüsterte ich. »Lass den Tag herein und gib mir die Antworten.«

KAPITEL 14
    Lass den Tag herein
    D en ganzen Tag war ich nervös und unruhig, weil ich Roys Ankunft erwartete. Außerdem befürchtete ich Ärger mit Boggs, weil ich Mary Margaret besucht hatte. Boggs würdigte mich jedoch wie Großonkel Richard kaum eines Blickes oder tat irgendetwas, das darauf hindeutete, was zwischen uns vorgefallen war. Das war ein Haus voller Schnecken und Schildkröten. Jeder hier verkroch sich in sein Schneckenhaus oder seinen Panzer; aus dem Weg gehen, ignorieren, den Schein wahren, so lautete jedermanns Credo. Ich musste lachen, als ich an das Familienwappen dachte, dem die Endfields so viel Bedeutung beimaßen. Diese Worte sollten darauf gedruckt stehen, dachte ich, und es sollte über der Tür hängen.
    Als ich in die Schule kam, ging ich in Mr MacWaines Büro und meldete mich zu dem Vorsprechen am Samstag an. Ich nahm mir auch die Blätter für die Katharina mit. Randall wartete vor der Tür meines Monologkurses auf mich, um mit mir zu sprechen.
    »Hast du dich für das Vorsprechen angemeldet?«, lautete seine erste Frage. Als Antwort hielt ich die
Textblätter hoch. »Gut, gut. Ich habe mich gefragt, ob wir nicht heute Nachmittag etwas Zeit miteinander verbringen können. Wir könnten zum Fluss gehen und vielleicht deinen Text probieren.«
    »Ich kann heute nicht, Randall«, sagte ich. »Ich bekomme Besuch.«
    »Ach?« Er wirkte sehr enttäuscht.
    »Es ist Roy«, teilte ich ihm mit. Sein Gesicht hellte sich ein wenig auf.
    »Oh, du meinst deinen Bruder in der Armee?«
    »Ja, stimmt«, sagte ich.
    »Wie ist es denn dann mit morgen?«, fragte er.
    »Wegen morgen sage ich dir noch Bescheid«, sagte ich. »Ich will dich nicht im Ungewissen lassen, aber ich weiß nicht, wie viel Zeit Roy hat, und ich möchte so viel wie möglich davon mit ihm verbringen«, erklärte ich.
    »Sicher, sicher, das verstehe ich. Ich gehe jetzt besser zu meinem Gesangsunterricht oder Professor Wilheim will meine Zunge serviert bekommen«, scherzte er. »Bis später.«
    Ich ging zum Unterricht und versuchte mich zu konzentrieren und gut zuzuhören, aber weil meine Gedanken bei Roy waren, wanderte mein Blick immer wieder zur Uhr. Ich wünschte, ich besäße die Macht, die Zeiger vorwärts zu stellen und den Tag zu beschleunigen. Ich konnte es nicht abwarten, Roy zu sehen, festzustellen, wie er sich verändert hatte, zu erfahren, was er an mir verändert fand.
    Bevor der Schultag zu Ende ging, prasselte wieder
heftiger Regen herab, und schon wieder hatte ich meinen Schirm vergessen. Ich stand drinnen an der Schultür und rauchte vor Zorn. Es war kurz nach drei. Roy würde in weniger als einer Stunde da sein, und ich würde aussehen wie eine ertrunkene Ratte.
    »Was ist los?«, hörte ich Randall hinter mir fragen.
    »Ich habe schon wieder meinen Schirm vergessen. Ich kann mich einfach nicht daran gewöhnen, ihn immer mitzunehmen.«
    Er lachte und reichte mir seinen.
    »Aber jetzt wirst du nass«, sagte ich.
    »Das macht nichts. Ich leihe ihn dir, wenn du mir versprichst, ihn persönlich zurückzubringen, sobald du die Gelegenheit dazu hast. Ja«, bestätigte er, bevor ich auch nur eine Silbe äußern konnte. »Das ist ein Bestechungsversuch.«
    Ich lachte und nahm ihn.
    »Danke, Randall.«
    Er schenkte mir ein jungenhaftes, strahlendes Lächeln. Roy kam heute. Da konnte ich zu niemanden hart sein. Der Himmel war grau und entleerte seine Tränen über der Stadt, aber mir verhieß er Sonnenschein und Regenbögen.
    Randall hatte seine Arbeit und sein wundervolles Talent, aber ich wusste, dass er so allein war wie ich. Er hatte mich

Weitere Kostenlose Bücher