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Die Hudson Saga 02 - In dunkler Nacht

Die Hudson Saga 02 - In dunkler Nacht

Titel: Die Hudson Saga 02 - In dunkler Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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aber ich hatte sie zugemacht. Da war ich mir sicher.
    »Du kommst zu spät, um beim Abendessen zu bedienen«, sagte er.
    »Ich bin eingeschlafen. Ich bin heute aus den Vereinigten Staaten hierher geflogen. Vielleicht nennt ihr Leute hier das ja einen Teich, aber es ist ein Ozean, und es gibt einen großen Zeitunterschied!«
    »Keine Ausreden. Ich habe dir gesagt, dass du deine
Pflichten erfüllen musst. Das kommt als Erstes. Jetzt ab mit dir in die Küche. Mrs Chester wartet auf dich, und Mrs Endfield hat nach dir gefragt«, sagte er ungerührt.
    »Sie haben kein Recht, in mein Zimmer zu kommen.«
    »Das ist nicht dein Zimmer«, stellte er mit einem kalten Lächeln fest. »Du schläfst hier nur, und das auch nur, weil Mr Endfield so mildtätig ist.« Er ging zur Tür, drehte sich um und zeigte mit seinem langen dicken Zeigefinger auf mich. »Wenn du noch einmal deine Pflicht versäumst, werde ich dafür sorgen, dass du am Sonntag arbeiten musst.«
    Er marschierte mit dröhnenden Schritten über die rostfarbenen Dielenbretter. Ich rieb mir das Gesicht und eilte dann ins Badezimmer, um es mit kaltem Wasser zu waschen. Meine Haare waren ein einziges Durcheinander, aber ich erinnerte mich daran, dass ich sie sowieso hochstecken musste, also tat ich das rasch und ging dann in die Küche.
    »Ja, wer beehrt uns denn da mit seiner Gegenwart«, rief Mrs Chester, als ich durch die Hintertür kam. Mary Margaret schaute von dem Tablett auf, das sie gerade vorbereitete. Sie sah aus, als hätte sie meinetwegen Angst.
    »Ich bin eingeschlafen. Na und? Zufälligerweise habe ich einen Jetlag. Der Zeitunterschied ist nämlich ganz schön groß, wissen Sie.«
    »Tatsächlich? Vielleicht komme ich morgen später und sage Mr Endfield, ich hätte auch einen Jetlag«,
spottete sie. »Hilf Mary Margaret, den Yorkshirepudding aufzutragen.«
    Ich nahm das andere Tablett und folgte ihr ins Speisezimmer. Großtante Leonora klatschte in die Hände, sobald sie mich sah. Eine älter wirkende Frau hatte den Platz zu ihrer Rechten und ein sehr kleiner, stämmiger, glatzköpfiger Mann zu ihrer Linken. Mein Großonkel Richard saß mit dem Rücken zu uns, drehte sich aber um, als Großtante Leonora rief: »Da ist sie, Richard.«
    Ich schaute in das Gesicht eines sehr distinguiert wirkenden, gut aussehenden Mannes mit Haar, das so schwarz war wie meines, und mandelförmigen grünen Augen, um die die meisten Frauen ihn beneiden würden. Das galt sicherlich auch für seine langen dichten Wimpern. Wegen seinem dunklen Haar und dem frischen Teint sah er jünger aus als Großtante Leonora. Er war ein wenig größer als einen Meter achtzig und wirkte in seinem Nadelstreifenanzug sehr gepflegt und adrett. Außer seinem Ehering trug er einen goldenen Ring mit einem kleinen Diamanten am kleinen Finger der linken Hand. Seine Finger waren lang, aber anmutig, wie ich mir die eines Künstlers vorstellte.
    Was mich beeindruckte, war seine Haltung, wie er, den Kopf hoch erhoben, die Schultern zurücknahm und den Rücken gerade hielt. Er drehte sich langsam mir zu, als ob jede Bewegung, jede Geste von großer Wichtigkeit sei. Er lächelte nicht, sondern kniff die Augen, die dunkler wurden, nachdenklich zusammen
und presste die vollkommen geformten Lippen aufeinander. In seinem Gesicht herrschte große Disziplin, kein Runzeln, kein Zucken, keine Bewegung verriet seine Gefühle.
    »Das ist Rain Arnold, das Au-pair-Mädchen, das mir meine Schwester aus Amerika geschickt hat«, fing Großtante Leonora an. »Sie ist hier, um an der Burbage Drama School Schauspiel zu studieren. Dies ist mein Mann Mr Endfield, Rain«, fuhr sie fort.
    »Hallo«, begrüßte ich ihn, immer noch mit dem Tablett voller Yorkshirepudding in den Händen. Er bewegte die Lippen nicht, sondern nickte nur leicht und musterte mich immer noch eingehend, wie ein Arzt es tun würde.
    »Und dies sind Sir Isaac Dudley und Lady Dudley, Rain«, fügte sie hinzu.
    Ein Lächeln huschte über Sir Dudleys feistes Gesicht, seine dicken weichen Lippen rollten sich nach innen über seine Zähne, dass er einen Augenblick zahnlos wirkte. Seine Frau würdigte mich dagegen kaum eines Blickes. Stattdessen schaute sie auf den Yorkshirepudding, den Mary Margaret ihr vorgesetzt hatte.
    »Rain ist erst heute angekommen«, verkündete Großtante Leonora.
    Mary Margaret hob den Blick und bedeutete mir, dass ich den Yorkshirepudding auf meinem Tablett servieren solle.
    Sir Dudley betrachtete ihn so gierig, dass er aussah, als

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