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Die Hudson Saga 02 - In dunkler Nacht

Die Hudson Saga 02 - In dunkler Nacht

Titel: Die Hudson Saga 02 - In dunkler Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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wollte er nach oben langen und sich selbst seine
Portion nehmen, wenn ich mich nicht rührte. Das tat ich rasch.
    »Von links«, murmelte Großonkel Richard. Mein Arm erstarrte, ich ging um ihn herum, um ihn von links zu bedienen. So nahe bei ihm atmete ich das Duftgemisch aus seinem kräftigen Aftershave und einer kürzlich gerauchten Zigarre ein. Ich spürte seinen Blick, der immer noch auf mich geheftet war. Dies ließ meine Hand zittern, als ich den Teller mit einem lauten Klirren absetzte.
    Als das geschah, schaute er zu mir hoch.
    »Ich bin froh, dass meine Schwägerin so vernünftig war, eine Schule in England für Sie allem vorzuziehen, was die Kolonien zu bieten haben«, verkündete er.
    »Die Kolonien?«
    Sir Dudley gluckste in sich hinein. Es hörte sich eher an wie Husten.
    »Beachten Sie ihn gar nicht, Rain«, sagte Großtante Leonora. »Mein Ehemann glaubt, in der Vergangenheit zu leben. Er versucht immer noch, über die amerikanische Revolution hinwegzukommen.«
    »Die Welt wäre viel besser dran, wenn es sie nicht gegeben hätte«, sagte er. Alles, was er sagte, klang wie ein königliches Edikt. Seine Stimme war tief, seine Aussprache so korrekt und gestochen, dass man unwillkürlich zuhören musste.
    »Deinem Volk wäre es sicher besser ergangen«, fügte er hinzu.
    »Meinem Volk?«

    »Nun leg dich doch nicht gleich beim ersten Mal, wo du sie siehst, so ins Zeug, Richard. Du wirst das arme Ding noch völlig verängstigen. Sie ist doch gerade erst eingetroffen.«
    »Hört, hört«, murmelte Sir Dudley.
    Lady Dudleys Blicke durchbohrten mich, aber Großonkel Richards Blick wurde plötzlich milder, seine Lippen entspannten sich endlich zu einem Lächeln, seine Augen blickten distanzierter. Er schaute mich direkt an, aber ich hatte das Gefühl, er sah durch mich hindurch, hatte eine Erinnerung im Blick.
    Dann blinzelte er, und ich spürte beinahe das Klicken in seinem Gehirn, als seine Gedanken die Richtung wechselten. Es war, als wachte er auf und ihm wurde klar, dass ich immer noch da stand. Sein Blick änderte sich, nahm mich in sich auf, musterte mich von Kopf bis Fuß.
    »Natürlich«, sagte er. »Entschuldigung. Ich heiße Sie in Endfield House willkommen und wünsche Ihnen, dass Ihre Erfahrungen hier und in der Schule angenehm und für Sie vorteilhaft werden.«
    »Hört, hört«, rief Sir Dudley. Ich fragte mich, ob ihm auch noch etwas anderes einfiel.
    Seine Frau wandte sich an meine Großtante und fragte sie etwas wegen der Wohltätigkeitsveranstaltung, die in Kensington Gardens stattfinden sollte. Ich war für sie nicht länger von Interesse. Ich schaute Großonkel Richard, dessen Blick immer noch auf mir ruhte, noch einmal an, lächelte ihm zu und kehrte in die Küche zurück. Erst als ich sie betrat,
wurde mir klar, dass ich die ganze Zeit die Luft angehalten hatte. Ich atmete auf und holte tief Luft.
    »Tja, ja, sie hat den ersten Gang geschafft«, sagte Mrs Chester mit einem Glucksen.
    Als es Zeit war, kehrten Mary Margaret und ich ins Speisezimmer zurück, um den Tisch abzuräumen und den Nachtisch zu servieren. Sir Dudley wollte Kaffee trinken, alle anderen Tee, und ich erinnerte mich, dass Großonkel Richard ihn Mz trank. Er wirkte beeindruckt, als ich ihm die Milch zuerst eingoss, und machte mich dann wieder nervös mit seinem langen eindringlichen Blick.
    Nachdem wir den Tisch abgeräumt und Mrs Chester beim Spülen geholfen hatten, war ich fast zu müde, um selbst zu Abend zu essen. Ich konnte nicht leugnen, dass Mrs Chester trotz ihrer sarkastischen Art eine sehr gute Köchin war.Wir aßen in der Küche. Während des Essens hörte ich Klaviermusik und schaute Mary Margaret an.
    »Wer spielt?«, fragte ich sie.
    »Mrs Endfield«, erwiderte sie und schaute dabei rasch zu Mrs Chester hinüber, um zu sehen, ob sie auch nichts falsch gemacht hatte, als sie mir das erzählte. Warum war es in diesem Haus so streng verboten, über irgendjemanden zu reden, fragte ich mich.
    Mary Margaret sagte, sie würde sich um das Geschirr kümmern. Sie wusste, wie müde ich war. Ich dankte ihr und machte mich auf den Weg in mein Zimmer.
    Ich war so müde, dass ich kaum die Kraft fand,
mich auszuziehen und mein Nachthemd überzustreifen. Während ich mir die Zähne putzte, hörte ich Schritte im Flur und dachte, es sei Mary Margaret. Ich hörte immer noch, dass meine Großtante Klavier spielte. Ich kehrte in mein Zimmer zurück und schloss die Tür. Sobald ich mich hingelegt und die Augen geschlossen

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