Die Hudson Saga 03 - Dunkle Träume
würde lachen oder zumindest lächeln und das Eis zwischen uns würde endlich brechen.
Aber genau in dem Augenblick öffnete sich die Haustür und wir hörten das unverkennbare Klickklack von Tante Victorias schweren Absätzen, als sie in das Haus hinein, den Korridor entlang auf uns zumarschierte. Mrs Bogart fuhr herum, um sie zu begrüßen.
»Wie geht es ihr?«, hörte ich Tante Victoria fragen.
»So gut, wie zu erwarten ist«, erwiderte Mrs Bogart mit ziemlich unverbindlicher Stimme. Durch die Tür warf sie einen Blick auf mich und ging dann weg, als Tante Victoria in mein Zimmer kam.
Sie trug ein viel eleganteres blaues Kostüm und überraschte mich wieder einmal mit etwas Make-up auf dem Gesicht. Ich fand sogar, sie hatte sich größere Mühe gegeben mit ihrem normalerweise stumpfen, kurz geschnittenen Haar. Es war geföhnt und in Form gebracht worden.
»Rain, es tut mir Leid, dass ich nicht hier war,
um dir beim Einzug zu helfen, aber ich hatte eine sehr wichtige Konferenz mit einer Gruppe von Entwicklungsplanern aus New York, die hier auf einem unserer Grundstücke einen Themenpark wie Disney World bauen wollen. Das könnte ein ganz, ganz großer Deal werden. Es ist wirklich aufregend. Ich erzähle dir mehr darüber, wenn die Einzelheiten sich herauskristallisieren. Iss weiter«, forderte sie mich mit einem Winken der Hand auf.
Da ich Hunger hatte, kehrte ich zu meiner Mahlzeit zurück.
»Also«, meinte sie und kam näher, während sie die Geräte inspizierte, »ich hoffe, du bist froh über das, was ich arrangiert habe. Natürlich habe ich zuerst einen Therapeuten konsultiert.Wir haben keine Ausgaben gescheut.«
»Was hast du mit den Möbeln gemacht, die hier waren?«, fragte ich.
»Ach, die habe ich einer Firma in Kommission gegeben, um sie zu verkaufen. Vielleicht bekommen wir noch etwas heraus.«
»Ich wünschte, du hättest sie hier gelassen. Ich hätte viel lieber dieses kostbare alte Bett gehabt als dieses hier.«
»Unsinn, meine Liebe. Das wäre nicht halb so praktisch gewesen. Warum die Dinge noch schwieriger für dich machen, als sie es bereits sind? »Natürlich habe ich das meiste mit Grant besprochen. Ich wollte mit Megan darüber reden und sie einbeziehen in alles, was dich betrifft, aber sie wird
jetzt schlechter denn je mit Schwierigkeiten fertig. Sie konnte es nicht einmal ertragen, von dir zu hören«, berichtete sie hämisch. »Grant ist natürlich außer sich. Ich habe gerade mit ihm telefoniert. Vielleicht kommt er sogar her und besucht dich. Allein!«
»Weshalb?«, fragte ich schnell.
»Weshalb?« Sie lachte. »Um Verantwortung zu beweisen. Er hat das Gefühl, die Lücke füllen zu müssen, die Megan hinterlassen hat und immer noch hinterlässt.«
Sie lächelte wirklich sehr glücklich über all das.
»Es überrascht mich zu hören, dass er sich Sorgen um mich macht«, meinte ich skeptisch.
»Wieso? Du weißt doch, was Ehemänner und Ehefrauen einander schwören, wenn sie heiraten – in guten und schlechten Zeiten? Also, Grant ist der Typ Mann, der solche Dinge ernst nimmt. Er hat Megans Fehler geerbt und er gehört nicht zu denjenigen, die vor einer Verantwortung davonlaufen.«
»Fehler? Wenn ich noch einmal höre, dass dieses Wort in Bezug auf mich verwendet wird, schreie ich so laut, dass meine Mutter es hört«, drohte ich.
»Manchmal«, ging sie über meinen Ausbruch hinweg und strich mit dem rechten Zeigefinger über den oberen Rand des Rollstuhls, »wünschte ich, mein Vater hätte einen Sohn wie Grant gehabt. Wenn ich einen Bruder hätte mit solchen Qualitäten, wie Grant sie besitzt, wäre das Familiengeschäft viel größer. Es ist nicht leicht für eine Frau
in der Geschäftswelt, ganz gleich welchen Anschein ich erwecke.
Damit hatte meine Mutter Recht«, sagte sie und schaute schnell auf, »aber ich wollte es nicht zugeben, deshalb tat ich so, als hätte ich keinerlei Probleme, während ich tatsächlich immer unter erschwerten Bedingungen kämpfe. Ich brauchte wirklich jemanden wie Grant an meiner Seite.«
»Hattest du denn nie jemanden an deiner Seite?«, fragte ich, halb aus Neugierde, halb aus dem Bedürfnis, die Luft aus diesem selbstgerechten Lächeln herauszulassen.
Sie hörte auf, ihren Finger zu bewegen, und richtete sich auf. Der weiche, sehnsuchtsvolle Gesichtsausdruck verschwand von ihrem Gesicht, als hätte ich sie an den Schultern gepackt und geschüttelt.
»Nein. Aber nicht, weil ich es nicht wollte«, fügte sie energisch hinzu. Ihr
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