Die Hudson Saga 04 - Im Schein des Mondes
Amber an.
»Das ist deine Chance. Du kannst ihn jetzt ganz für dich haben. Schwimm einfach zum Floß hinaus«, schlug ich vor.
Sie schaute entsetzt drein.
»Und wenn er wieder wegschwimmt, bevor ich da bin?«
»Der See wirkt Wunder«, sagte ich. »Du wirst für ihn wie eine Meerjungfrau aussehen.«
»Ich werde aussehen wie ein Babywal!«, stöhnte sie
und warf einen Blick auf ihre üppigen Brüste und breiten Hüften.
»Riskier es. Sonst passiert nie etwas«, sagte ich und ging meine anderen Gäste begrüßen.
Chase traf mit vier seiner Kumpels ein. Er sah so gut aus in seiner Khakihose und dem blauen Oxfordhemd. Chase war immer gebräunt. Seine Freunde zogen ihn damit auf und nannten ihn George Hamilton, Jr. Ich wusste, dass seine Mutter zu Hause eine Sonnenbank besaß, die er oft benutzte.
Mommy kam mit Mrs Geary aus dem Haus; wenige Augenblicke später traf Großmutter Megan mit Großvater Grant und Tante Alison in einer Limousine ein. Großvater Grant trug ein hellblaues Sportsakko, eine schwarze Krawatte und eine weiße Hose. Er sah schick aus. Großmutter Megan hatte ein Designerkostüm an. Ihr Haar wirkte eine Nuance dunkler als gewöhnlich. Alison trug ein loses Kleid mit Empiretaille und so tiefem V-Ausschnitt, dass ihr Busen fast hervorquoll. Ich war mir sicher, dass dies auf dem Weg vom Flughafen Stoff für Diskussionen geboten hatte.
Daddys Eltern und Tante Heather Sue trafen kurz darauf ein. Tante Heather Sue war mit einem Piloten verheiratet, der für American Airlines arbeitete und heute fliegen musste. Sie teilte mir sofort mit, wie Leid es ihm tat, dass er nicht zu meiner Party kommen konnte. Ich sah Tante Glenda aus ihrem Haus kommen. Sie ging langsam, mit gesenktem Kopf, die Arme verschränkt. Sie hatte eine hübsche Bluse mit passendem Rock angezogen,
aber das Haar hing ihr immer noch herunter und wirkte ungekämmt. Onkel Roy kniff die Augen ein wenig zusammen und wirkte gequält. Er flüsterte ihr etwas zu und nahm sie dann mit, um die anderen zu begrüßen.
Als letzer Gast traf Mrs Gearys Mr Lynch ein, den sie sofort ausschimpfte, weil er zu spät gekommen war.
»Ein Bibliothekar sollte doch wissen, was es heißt, pünktlich zu sein«, hörte ich sie sagen. Er entschuldigte sich, eilte zu mir, um mich zu begrüßen, und überreichte mir ein Geschenk.
Die ganze Familie und die Erwachsenen saßen in einem Teil, wo sie die Jugendlichen beim Bootfahren und Schwimmen beobachten konnten. Meine Geschenke türmten sich in einer Ecke neben der Tanzfläche. Daddy hatte es so arrangiert, dass die Jungen sich in der Garage umziehen und dort das Badezimmer benutzen konnten. Die Mädchen sollten ins Haus gehen.
»Komm mit«, sagte Chase, nachdem er Hose, Hemd und Schuhe ausgezogen hatte. Er trug die Badehose bereits darunter.
»Wohin?«
Er nahm mich bei der Hand, um mich von den anderen wegzuziehen. »Lass uns ein Ruderboot schnappen, damit wir ein paar Minuten alleine sind. Ich weiß, wie das ist, wenn eine Party zu deinen Ehren stattfindet. Das habe ich schon ein paar Mal erlebt«, prahlte er.
Natürlich stießen die Jungen ein Geheul aus, um uns zu ärgern. Meine Freundinnen lächelten wissend, als wäre jede von ihnen schon mit Chase Taylor in einem
Ruderboot gewesen und wüsste, was unweigerlich geschehen würde. Es konnte aber nicht wirklich etwas passieren.Wir waren ständig im Blickwinkel der Familie und der Gäste.
Als wir ins Boot stiegen, schaute ich zum Floß hinaus und sah, dass Harley am Rand saß und uns beobachtete. Amber saß neben ihm. Selbst aus dieser Entfernung erkannte ich, dass sie verängstigt wirkte.
Chase sah sie erst, als er zu rudern begann und das Boot drehte.
»Was hat Hardly denn vor?«, fragte Chase. Er wusste, wie sehr es Harley ärgerte, wenn er ihn »Kaum« nannte, und er wusste auch, dass ich das nicht ausstehen konnte.
»Nenn ihn nicht so«, fauchte ich.
»Warum? Es passt zu ihm. Er ist kaum dies und kaum das«, erwiderte er lachend.
»Wenn du so viel hast, ist es doppelt schrecklich, sich über die lustig zu machen, die nicht genügend haben, Chase.«
»Okay, okay. Es tut mir Leid. Du hast Geburtstag. Deshalb werde ich nichts tun oder sagen, was dir auch nur einen unerfreulichen Augenblick bereiten könnte«, versprach er.
Er ruderte anmutig dahin. Das Spiel seiner Muskeln ließ uns scheinbar mühelos durch das Wasser gleiten. Ich sah, dass uns immer noch alle beobachteten.
»Vielleicht können wir später irgendwo hingehen, wo wir kein Publikum
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