Die Hure und der Krieger
sonst nichts. Sie täte gut daran, das nicht zu vergessen. Wenn sie ihm nicht länger von Nutzen wäre, konnte es durchaus sein, dass er sie verstieß.
Wenn sie eines im Leben gelernt hatte, so die Tatsache, dass man nicht auf familiäre Bande vertrauen durfte. So etwas wie Treue gab es nicht. Wenn sie nicht einmal vonseiten ihres eigenen Clans auf derlei Anstand hoffen durfte, wie dann von Menschen, die ihr völlig fremd waren?
Aye , sie durfte den Kopf nicht in den Wolken tragen, sondern musste ihre Aufgabe nüchtern betrachten.
Sie war eine Gefangene, nicht mehr. Das zu vergessen würde nur weitere Enttäuschungen mit sich bringen.
Kapitel 8
A ls Keeley zur Burg zurückkehrte, war sie bis auf die Knochen durchgefroren, denn die Sonne war längst hinterm Horizont versunken. Sie war müde, und die Glieder taten ihr weh vom Bücken und Knien, aber sie konnte eine größere Ausbeute vorweisen, als sie zu hoffen gewagt hatte. Auf dem Land der McCabes wuchs eine reiche Auswahl an Pflanzen und Wurzeln, und ihr Weidenkorb war gefüllt, als sie ermattet auf das Portal des Wohnturms zuschritt.
Ihre Füße waren taub vor Kälte, und auf den Stufen hinauf zum Wohnturm geriet sie ins Stolpern, und Cormac fasste sie am Ellbogen, um sie zu stützen. Sie murmelte einen Dank und ging weiter, froh über die wärmere Luft im Innern.
„Es wird kälter“, meinte Gannon. „Sieht aus, als würde es heute Nacht schneien.“
„Aye, stimmt“, erwiderte Keeley auf der Treppe hinauf zu Alarics Kammer. „Noch vor dem Morgengrauen wird der erste Schnee fallen.“
„Wie gut, dass unsere Vorratskammern gefüllt sind“, sagte Gannon zufrieden. „Es scheint mir ein langer Winter zu werden. Wird eine nette Abwechslung sein, sich einmal nicht sorgen zu müssen, woher die nächste Mahlzeit kommt.“
Sie blieb auf der Treppe stehen und wandte sich um. „Was ist hier geschehen? Die Burg ist teilweise zerstört, und du machst nur Andeutungen über die harten Zeiten, die ihr erlebt habt.“
Gannon schnitt eine Grimasse. „Das war unpassend von mir, ich hätte es für mich behalten sollen. Ich habe nur laut gedacht. Der Laird wäre gar nicht froh darüber zu erfahren, dass mir eine solche Bemerkung entschlüpft ist.“
Sie zuckte mit den Schultern. „Es ist nicht so, als hätte ich dich nach geheimen Kriegsstrategien gefragt. Ich denke, ich habe ein Recht darauf zu wissen, in was ich da hineingeraten bin.“
„Ist ohnehin nicht mehr von Belang“, sagte Cormac, der hinter Gannon und somit etwas tiefer stand. „Seit der Laird und seine Lady verheiratet sind, ist alles gut. Dank ihr ist unser Clan dabei, wieder zu erstarken. Der Himmel hat sie uns geschickt.“
Keeley lächelte über die Wärme in Cormacs Stimme. Mairin McCabe konnte sich glücklich schätzen, denn sie wurde nicht nur von ihrem Gemahl, sondern auch von ihrem Clan über alles geliebt.
„Gibt es einen Grund dafür, dass ihr auf den Stufen herumtrödelt, obwohl mein Bruder dringend Hilfe braucht?“, schnauzte Caelen sie vom oberen Treppenabsatz an.
Keeley drehte sich um und warf ihm einen vernichtenden Blick zu. „Gibt es einen Grund für Euer rüpelhaftes Auftreten? Ich habe stundenlang den Wald nach allen möglichen Kräutern durchsucht, bin müde, halb erfroren und hungrig. Und dennoch lege ich bessere Manieren an den Tag als Ihr. Findet Ihr nicht auch, dass es eher umgekehrt sein sollte?“
Caelen blinzelte verdutzt, ehe er sie einmal mehr düster fixierte. Nicht, dass sie etwas anderes erwartet hätte. Er öffnete den Mund, als wollte er etwas einwenden, schloss ihn aber sogleich wieder. Kluger Kerl! Er schüchterte sie nicht ein, und sie würde ihm seine Grobheit auf keinen Fall durchgehen lassen. Zudem stimmte es. Sie war erschöpft bis ins Mark, und das Letzte, was sie brauchte, war ein Caelen McCabe, der ihr auf Schritt und Tritt folgte und ständig ihr Tun rügte.
Unsanft schob sie sich an ihm vorbei und bedachte ihn mit einem letzten finsteren Blick, der dem seinen in nichts nachstand. Sie betrat Alarics Gemach und schloss die Tür betont energisch. „Keeley, da bist du endlich!“, rief Mairin, die am Bett saß. Keeley sah, dass sie Alaric behutsam die Stirn kühlte. Maddie stand neben ihr und hielt eine Schüssel mit Wasser. Das Feuer war geschürt und mit weiteren Scheiten genährt worden. Keeley stellte ihren Korb mit den Kräutern ab und trat näher an die Wärme ausströmenden Flammen.
„Soll ich die Kräuter sortieren oder als Mischung
Weitere Kostenlose Bücher